Evangelische Erlösergemeinde Kastel
Die Evangelische Erlösergemeinde Kastel ist die älteste evangelische Kirche der Wiesbadener Vororte Amöneburg, Kastel und Kostheim (AKK). Sie wurde 1895 gegründet und besteht seit nunmehr 150 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der evangelischen Kirche in AKK[Bearbeiten]
Geschichte von 1823 bis 1879[Bearbeiten]
Die erste Taufe durch einen evangelischen Geistlichen in Kastel war im Jahre 1823. 1826 ließ sich die Familie Köhm als erste rein evangelische Familie in Kastel nieder. Drei Jahre später zählte Kastel bereits 76 evangelische Bürger, die von der 1803 gegründeten Evangelischen Gemeinde Mainz betreut werden.
Im Jahr 1855 zählte Kastel rund 3400 Einwohner, davon waren 180 Menschen evangelisch. Am 30. Juni 1858 üernahm der Gustav-Adolf-Verein die evangelischen Bürger in Kastel und Kostheim. 26 evangelische Männer und 2 Frauen wählten am 19. Juli 1858 ein Komitee zur Gründung der Evangelischen Gemeinde Kastel-Kostheim.
Am 25. Januar 1859 wurde durch Verfügung des Großherzoglichen Ministeriums des Innern die Gründung der Evangelischen Gemeinde zu Kastel-Kostheim sowie die Errichtung eines evangelischen Gottesdienstes die provisorische Einrichtung einer evangelischen Schule und die Verwendung eines evangelischen Theologen daselbst genehmigt.
Am 23. Mai 1859 wurde das ehemalige Pfarrhaus Marktstraße 6 von der evangelischen Gemeinde angekauft. Anschließend wird das untere Stockwerk in einen Betsaal und einen Schulsaal umgebaut. Pfarrer- und Kirchendienerwohnung befinden sich im Dachgeschoss. Im selben Jahr am 18. November wird Karl Uhrig aus Lampertheim zum ersten evangelischen Pfarrer in Kastel ernannt. Dieser weiht zusammen mit Superintendent Schmitt am 4. Dezember den Betsaal ein. Lehrer Sigrist aus Mainz wurde erster Organist.
1860 wurde der evangelische Hilfsverein gegründet.
1862 zählte die evangelische Kirchengemeinde 300 Seelen. Zwei Jahre später am 18. Dezember trat Pfarrer Dr. Eigenbrodt seinen Dienst an. Im Jahr danach wurde am 27. August das Pfarramt vom Schulamt getrennt. Gustav Weiffenbach wurde erster evangelischer Lehrer in Kastel. 1867 war die Gemeindegröße auf 432 angewachsen. Davon sind 55 Schulkinder.
Am Heiligabend 1871 hielt Pfarrer Christian Grosch seine Antrittspredigt.
Am 4. Dezember 1874 starb der Holzhändler Lorenz Eber und vermachte der Gemeinde 1000 Mark zur Erbauung einer Kirche.
Am 27. Januar 1876 zählte die Gemeinde 1010 Mitglieder.
Geschichte von 1877 bis 1900[Bearbeiten]
Kreisbaumeister Walter aus Groß Gerau legte am 19. Februar 1877 seine Kirchbau-Pläne vor. Ein Jahr später fand am 11. Juni 1878 die Grundsteinlegung durch Superintendent Schmitt statt. Am 18. September des geichen Jahres gab es das Richtfest mit der Aufpflanung des Kreuzes zur ersten Kirche. Gebaut wurde im ehemaligen Pfarrgarten auf dem Gelände neben der Markstraße 6. Am 25. Dezember wurde der größere Schulsaal ins Obergeschoss der neuen Kirche verlegt. Dieser wurde anfangs als Betsaal genutzt, da der Kirchenraum noch nicht fertig gestellt war.
Im April des nächsten Jahres fand die Einholung der drei Glocken für die erste Kirche statt. Die Glocken wurden bei Andreas Ham in Frankenthal gegossen. Am 22. Oktober 1879 war die Einweihung der ersten Kirche durch Superintendent Prälat D. Schmitt. Die Kosten des Neubaus mit 300 Sitzplätzen und 2 Schulsälen belaufen sich auf 51.960,65 Mark.
An Pfingsten 1880 benutzte die Gemeinde erstmalig das neue hessische Gesangbuch. Zwei Jahre später fanden Militärgottesdienste für die Kasteler Pioniere statt.
Am 11. Juni 1886 wurde die Filialgemeinde in Kostheim gegründet. Drei Jahre danach am 31. März fand die Gründung des Evangelischen Kirchengesangvereins Kastel-Kostheim mit 40 aktiven und 110 zahlenden Mitgliedern statt. Erster Dirigent: Lehrer Rupp aus Kostheim. Im Dezember wurde der Verein für Krankenpflege in Kastel-Kostheim mit Korporationsrechten gegründet.
Am 6. Januar 1890 wurde die erste Gemeindeschwester, Diakonissin Barbara Walz eingeführt. Die Kirchengemeinde zählte 1496 Seelen.
Die Gemeinde scheidet nach 34 Jahren aus der Pflege des Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung aus, nachdem sie von dort insgesamt 89.017,00 Mark erhalten hat.
Im Jahr 1896 war Pfarrer Christian Grosch 25 Jahre Pfarrer in Kastel. Ein Jahr später wurde am 15. August der Evangelische Verein Kostheim gegründet.
Am 30. Dezember 1898 wurde Pfarrer Christian Grosch Dekan des Dekanats Mainz. Am 6. Januar 1899 wurde die Hofreite Kloberstraße 5 durch den Verein für Krankenpflege Kastel-Kostheim aus dem Besitz des verstorbenen Kirchenvorstehers Hermann Gröschner angekauft. Daraufhin wurde eine Pfarrassistenten-Stelle errichtet. Dort wurde am 6. Mai 1900 die Kinderschule eröffnet. Sie hatte Platz für 60 Kinder und stand unter der Leitung von Diakonissin Christiane Kessler. Um die Jahrhundertwende befanden sich in Kastel 1820 evangelische Bürger. Ein Jahr später zählte Kastel 153, Amöneburg 140 und Kostheim 151 evangelische schulpflichtige Kinder.
Geschichte von 1905 bis 1938[Bearbeiten]
1905 wurde der evangelische Verein Amöneburg mit Gesangsabteilung gegründet. Die Zahl der evangelischen Bürger in Kastel war auf 2250 angewachsen.
Am 17. Juni 1906 war die Einweihung der evangelischen Kirche in Kostheim durch Prälat Walz, Baukosten: 70.000,00 Mark aus Mitteln des Gustav-Adolf-Werkes. Die rund 1000 evangelischen Bürger in Kostheim erhalten eine eigene Pfarrei und lösten sich von der Gesamtgemeinde Kastel-Kostheim. Ein Jahr später fand die Einweihung des Betsaales am 3. November im neuen Kantinengebäude der Firma Dyckerhoff & Söhne in Amöneburg durch Superintendent Euler. Kastel und Amöneburg zählten zusammen 2904 evangelische Bürger.
1908 nahm der Gustav-Adolf-Verein die evangelische Filialgemeinde Amöneburg als Pflegekind auf. Am 23. Mai 1909 feierte die Evangelische Gemeinde Kastel ihr 50-jähriges Bestehen.
Kirchenrat Christian Grosch wurde am 1. Juli 1911 in den Ruhestand versetzt und zog nach Mainz-Gonsenheim. Am 29. Oktober trat Pfarrer Johannes Heinz aus Hahnheim sein Amt an. Am 1. November 1912 trat Lehrer Gustav Weiffenbach in den Ruhestand, behielt aber sein Organistenamt bis 1913 bei.
Aus Anlass des 50. Werksjubiläums der Firma Dyckerhoff wurde der Gemeinde Amöneburg ein Kirchbauplatz geschenkt. Fräulein Else Hackebeil wurde Organistin in Kastel.
Im Jahre 1917 wurden die zwei größten Glocken abgeliefert, es blieb nur die „Pfennigglocke“ von 1879. Am 9. Juni 1918 starb der ehemalige Pfarrer Grosch. Im selben Jahr wurde der Kindergottesdienst eingeführt.
Am 6. Juli 1924 wurden zwei Ersatzglocken – gegossen bei der Firma Hamm, Frankenthal - geweiht. Zwei Jahre später wurden die beiden Schulsäle über der Kirche zu einem Gemeindesaal mit Bühne (1927) umgebaut. Die Gemeindeschwestern-Station wird in Amöneburg errichtet.
In Amöneburg wurde am 11. Mai 1929 der Einführung des Gottesdienstes vor 40 Jahren gedacht. Fünf Monate später wurde am 27. Oktober die 50-Jahr-Feier der Kirche Kastel mit einem Festspiel von Minnie Grosch begangen.
Die Grundsteinlegung der Gustav-Adolf-Gedächtnis-Kirche in Amöneburg fand am 27. September 1931 statt. Knapp ein Jahr später weihte der Superintendent Zentgrab aus Mainz am 28. August 1932 die Amöneburger Kirche ein.
Am 6. Oktober 1935 war das 40-jährige Amtsjubiläum von Pfarrer Heinz. Am selben Tag wurde in der Amöneburger Kirche eine Gedenktafel eingeweiht. Im folgenden Jahr trat Pfarrer Heinz am 1. November in den Ruhestand. Nur sieben Tage später trat Pfarrer Christian Appenheimer seinen Dienst an.
Diakonissin Philippine Fertig übernahm am 6. Oktober 1938 die Schwesternstation. Am 7. Mai des darauf folgenden Jahres feierte der Kirchenchor Kastel unter Kammermusiker Walter Zachert aus Mainz sein 50-jähriges Bestehen. Auch die Filialgemeinde [[Mainz-Amöneburg beging ihr 50-jähriges Bestehen.
Geschichte von 1941 bis 1963[Bearbeiten]
Am 10. März 1941 fand eine gerichtliche Überschreibung des Gemeindehauses im Tausch mit dem Pfarrhaus an die Kirchengemeinde Kastel statt. Am 31. Juli wurde der Kindergarten durch die nationalsozialistische Volkswohlfahrt enteignet.
Erste Bombenschäden an der Kasteler Kirche am 12. August 1942 machten sie nicht mehr benutzbar. Ein Jahr später beendete Pfarrer Appenheimer seine Amtstätigkeit in Kastel.
Mit Hilfe der Firma Dyckerhoff wurde 1949 für den Pfarrer im Haus Frankfurterstraße 15 eine Notwohnung eingerichtet. Die Diakonissin fand im Pförtnerhäuschens des Gemeindehauses Unterkunft. Im folgenden Jahr wurde das Gemeindehaus in der Kloberstraße 5 wiederaufgebaut. Mittel für den Bau flossen durch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), durch das Gustav-Adolf-Werk der EKHN und die Gemeindeglieder ein.
Am 5. August 1951 fand die Einweihung des Gustav-Adolf-Gemeindehauses (Kloberstraße 5) mit Kirchenraum, Pfarrwohnung und Schwesternstation durch Propst Rau statt. Ein Jahr später wurde das neue Evangelische Kirchengesangbuch für Deutschland eingeführt.
Der Kirchenchor in Amöneburg feierte im Jahr 1955 ihre 50-Jahr-Feier.
Die Gustav-Adolf-Gedächtniskirche Amöneburg feierte 1957 ihre 25-Jahr-Feier. Im gleichen Jahr wurde das Trümmergrundstück in der Marktstraße gegen ein größeres Grundstück am Paulusplatz getauscht. Es begann die Planung für Kindergarten und Kirche durch den Wiesbadener Architekten Rainer Schell.
Am 1. April 1958 wurde die Filialgemeinde Amöneburg unter Pfarrvikar Horst Krockert selbstständig. Die Indienststellung einer neuen Orgel für das Gemeindezentrum in der Kloberstraße war am 30. November 1958.
Am 29. November 1959 am 1. Advent feierte die Kirchengemeinde Kastel mit einem schlichten Festakt in der Aula der Volksschule Kastel ihr 100-jähriges Bestehen. Den Festgottesdienst hielt Propst Karl Trabandt aus Mainz.
Dekan Blum weihte am 9. Januar 1961 den neuen Kindergarten ein. Ein Jahr später fand die Grundsteinlegung der Erlöserkirche durch Propst Felix Rau aus Darmstadt statt. Im darauf folgenden Jahr fand am 11. April 1963 das Richtfest für die Erlöserkirche statt. Am 30. Juli begann der Glockenguss für das neue Geläut der Erlöserkirche mit vier Glocken (g, b, c, d) bei den Gebrüdern Rincker in Sinn (Dillkreis). Am 20. Oktober 1963 war die Einweihung der Erlöserkirche durch Propst Felix Rau. Festprediger war Kirchenpräsident D. Martin Niemöller.
Eine lebendige Gemeinde[Bearbeiten]
Gruppen und Kreise[Bearbeiten]
Die Erlösergemeinde hat viele Gruppen für Menschen jeden Alters. Es fängt mit den jüngsten im Spielkreis an und endet mit den Senioren.
Kirchenmusik[Bearbeiten]
Die Erlösergemeinde hat einen Kirchenchor. Die „Angels '03“ bestehen seit 10 Jahren. Sie begleiten Gottesdienste und Feste mit himmlischem Gesang. Außerdem wurde 2013 ein Posaunenchor gegründet.
Die Glocken[Bearbeiten]
Im Turm der Erlöserkirche hängen heute vier Glocken. Sie wurden am 30. Juli 1963 bei der Firma Rinker in Sinn gegossen und am 23. September 1963 angeliefert.
Die Größte Glocke[Bearbeiten]
Die „Ewigkeitglocke“ schwingt mit dem Ton: g', wiegt 687 kg und hat einen Durchmesser vom 105,6 cm. Sie ist eine Stiftung der Dyckerhoff-Zementwerke AG und trägt den Spruch: „Sei treu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben“ (Offb. Joh. 2,10). Das Zeichen auf der Glocke ist das Dyckerhoff'sche Werkswappen.
Die Zweitgrößte Glocke[Bearbeiten]
Die „Christusglocke“, die mit dem Ton b' klingt, 427 kg wiegt und einen Durchmesser von 89,3 cm hat, ist aus Bronze und trägt die Aufschrift: „Jesus Christus, gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit“ (Hebr. 13,8). Das Zeichen auf der Glocke ist das Christusmonogramm.
Die Drittgrößte Glocke[Bearbeiten]
Die „Ruferglocke“, die mit dem Ton c klingt, wiegt 309 kg, hat einen Durchmesser von 79,5 cm und ist aus Bronze. Sie trägt den Spruch: „Komm herzu, laßt uns dem Herrn frohlocken“ (Ps. 95,1). Als Zeichen trägt sie ein Kreuz auf einer Weltkugel.
Die Viertgrößte (oder auch Kleinste) Glocke[Bearbeiten]
Die „Gebetsglocke“, die den Ton d läutet, wiegt 142 kg und hat einen Durchmesser von 71,2 cm. Sie ist aus Bronze. „Bittet, so wird euch gegeben“ (Matth. 7,7) ist der Spruch auf dieser Glocke. Als Zeichen ist ein Kreuz über einem offenen Kelch auf der Glocke zu sehen.
Die fünfte Glocke[Bearbeiten]
Die „Pfennigsglocke“ wird nicht mehr geläutet und steht im Kirchenraum. Diese Glocke wurde in der Erlöserkirche auf ca. 4 m Höhe außen am Turm betrieben, aber mit der Nutzung des Geländes als Kindergartenhof aus Sicherheitsgründen außer Betrieb genommen. Sie ist die älteste Glocke der Erlösergemeinde, stammt sie doch aus dem Dreigeläut von 1879, der 1945 zerbombten evangelischen Kirche „In der Witz“. Die beiden anderen Glocken aus dieser Kirche wurden 1917 abgeliefert und 1924 ersetzt. 1951 wurde die Pfennigsglocke umgegossen, da auch sie während der Bombenangriffe 1945 beschädigt wurde. Von 1951 an bis zum Umzug in die Erlöserkirche 1963 läutete sie im Gemeindehaus Kloberstraße 5. Die Pfennigsglocke klingt mit dem Ton es, ist 142 kg schwer, hat einen Durchmesser von 62,5 cm und ist eine Stahlglocke. Als Spruch erkennt man: „Bei dem Herrn findet man Hilfe“ (Ps. 3,9). Das Gustav-Adolf-Zeichen ziert sie.
Kinder- und Jugendarbeit[Bearbeiten]
In der Gemeinde engagieren sich viele ehrenamtliche Helfer. Es sind zum einen Erwachsene in der Kirche tätig, aber auch Jugendliche. Sie leiten die einzelnen Gruppen und organisieren auch Gemeindefeste und Jugendgottesdienste.
Kindergottesdienst[Bearbeiten]
Der Kindergottesdienst wurde bereits 1918 eingeführt. Er ist gewissermaßen schon eine alte Tradition. Zwar wurde er zwischendurch kurz vergessen, aber schon nach ca. 70 bis 80 Jahren wiederentdeckt.
Literatur[Bearbeiten]
- Chronik der Evangelischen Kirchengemeinde Mainz-Kastel.
- Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens des Hessischen Hauptvereins der Gustav-Adolf-Stiftung. Darmstadt 1893.
- Christian Grosch: Geschichte der Evangelischen Pfarrei Kastel und Gemeinde Mainz-Kastel mit Amöneburg 1859-1909. Mainz 1909.
- Festschrift zur Einweihung des Gustav-Adolf-Gemeindehauses am 5. 8. 1951. Mainz-Kastel 1951.
- O. Beyenbach: Zeittafel zur Geschichte Amöneburgs aus Anlaß des 50jährigen Bestehens der Fröbel-Schule. Amöneburg 1961.
- Festschrift zum 40jährigen Bestehen der Erlösergemeinde.
- Archiv der Erlösergemeinde Kastel.
Weblinks[Bearbeiten]
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