Eisenacher Ecke

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Fertigungsplatz für «Eisenacher Ecken» in der Oblatenfabrikation des VEB Eisenacher Backwarenbetriebe

Die Eisenacher Ecke war ein aus Oblaten hergestelltes Feingebäck, das um 1950 in Eisenach, in der Oblatenfabrik Martin entwickelt wurde. Noch in den 1980er Jahren wurde die Fertigung eingestellt. In einer vergleichbaren Technologie werden die Neapolitaner-Waffeln aus Waffelblättern hergestellt.

Herstellung[Bearbeiten]

Die Eisenacher Ecke entstand aus jeweils vier Oblaten eigener Herstellung. Im ersten Arbeitsgang wurden die Oblaten in einer Form schichtweise mit dünnen Zwischenschichten aus Nougat- oder Kakaocreme und anderen aromatischen Füllungen eingelegt. Für die beiden inneren Obladen wurden oft auch mangelhaft gelungene Oblaten verwendet (siehe unten). Nach einem leichten Andrücken in der Form erfolgte die Entnahme und Zwischenlagerung in Form von Stapeln , wobei die trockenen und somit spröden Oblaten die Restfeuchtigkeit aus der Füllung aufnahmen. Im zweiten Arbeitsgang folgte die mechanische Trennung der zu einem kompakten Schichtpaket verklebten Oblaten mit einem speziellen Schneidwerkzeug (siehe Bild). Die so entstandenen Einzelteile wurden erneut gelagert. Im dritten Arbeitsgang wurden die Teile mit einer verflüssigten Schokoladenglasur hauchdünn überzogen, nach dem Erkalten in Stanniolpapier verpackt und so in den Handel gebracht.

Geschichte[Bearbeiten]

Ladenlokal der Firma Martin in der Eisenacher Innenstadt

Die Eisenacher Oblatenfabrik Martin wurde nach 1950 mit einem Ladenlokal in der Eisenacher Marienstraße ansässig. Der Firmengründer stammte aus dem Böhmischen und brachte als Heimatvertriebener die erforderlichen Rezepturen und Oblatenbackformen mit nach Eisenach. Weitere Produkte der Firma Martin waren Waffeln, Gebäck und Paniermehl.

Die elektrisch beheizten Oblatenbackformen der Firma Martin wurden in Eisenach als modifizierte Karlsbader Model nachgefertigt, die noch das klassische Karlsbader Brunnen-Motiv im Zentrum und den Firmennamen Martin zeigen. Als Reaktion auf Beschwerden anderer (deutscher ?) Oblatenhersteller wandelte die Eisenacher Oblatenfabrik ihr Backmodel ab - es zeigte nun in stark vereinfachter Zeichnung die Wartburg auf der Schauseite und das Eisenacher Stadtwappen auf der Rückseite. Statt «Karlsbader Oblaten» wurde nun der Schriftzug «Eisenacher Oblaten» benutzt. Mit dieser optischen Veränderung wurde die Fabrikation bis in die 1970er Jahre fortgesetzt.

Als Folge der staatlich verordneten Rationierung von Mehl, Eiern, Zucker und Milch musste die Firma Martin Abwandlungen der Grundrezeptur vornehmen, die sich auch auf die Qualität der Oblaten auswirkte. Die dadurch erhöhte Ausschußquote bei der Oblatenfabrikation führte den Firmengründer schließlich zur „Erfindung“ der Eisenacher Ecke - wobei die beiden mittleren Oblaten aus sonst unverkäuflichen Oblaten genommen werden konnten, da man die mangelhaften Oblaten vollständig und blickdicht mit Creme und Schokoladenüberzug verdecken konnte.

Die Eisenacher Ecke entwickelte sich in den 1950er Jahren zu einem wichtigen Hauptprodukt der Firma. Nachdem sich auch in Eisenach eine staatlich geleitete Großbäckerei angesiedelt hatte,[1] wurde die Oblatenfabrikation übernommen, die Umstände und das weitere Schicksal des Firmengründers sind unbekannt. Noch in den 1980er Jahren wurden in der Eisenacher Herrenmühlstraße Waffeln, Oblaten und Gebäck hergestellt. Die Eisenacher Ecken wurden nun durch eine modifizierte Form - beim Schnitt entstanden nun acht statt vier Teile - ersetzt.[2]

Richard Hebstreit, ein Eisenach-Besucher der 1950er Jahre, erinnert sich an das Eisenacher Oblaten-Geschäft:

Vertriebene aus dem Bäderdreieck in der Tschechoslowakei hätten das Rezept nach Eisenach gebracht. Aus irgendwelchen Gründen durften sie den Begriff Karlsbader Oblaten nicht verwenden, denn Karlsbad hieß nun Karlovy Vary und Marienbad nannte man nur noch Marianske Lazne. Mir war es egal wie diese Oblaten hießen. Sie waren lecker! Immer wenn ich dann in Eisenach war, holte ich eine Tüte Croissants, und schlug mir den Bauch mit Windbeuteln und Oblaten voll. Mit meiner ersten Liebe lief ich, ehe es ins Kino ging, zu den Windbeuteln und zu den Oblaten. (...) Dann war die Freundin weg und beide Handwerksbetriebe. Man erzählte sich, sie wären weg in den Westen.[3]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Deutsches Historisches Museum - Objektdatenbank: Verpackung der Eisenacher Oblaten, abgerufen am 22. Januar 2014
  2. Recherchen im Eisenacher Stadtarchiv
  3. Wetzel Oblaten - und Waffelfabrik GmbH. In: YELP (Internet-Werbeportal). Abgerufen am 18. Dezember 2013.

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