Durchbrechung der Rechtskraft
Die Durchbrechung der Rechtskraft erfasst diejenigen Fälle, in denen die Einzelfallgerechtigkeit Vorrang vor der Rechtssicherheit beansprucht. Die Rechtskraft kann nur unter besonderen Voraussetzungen wieder beseitigt werden. [1] Fälle der Durchbrechung der Rechtskraft gibt es in allen Zweigen der Gerichtsbarkeit.
Inhaltsverzeichnis
[Verbergen]Die Durchbrechung der Rechtskraft im deutschen Zivilprozessrecht[Bearbeiten]
Die Fälle der Durchbrechung der Rechtskraft sind im deutschen Zivilprozessrecht vor allem folgende Fälle: [2]
- Die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. §§ 578 ff ZPO bzw. gem. § 185 FamFG
- Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 233 ZPO
- Die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO
- Die Abänderungsklage gem. § 323 ZPO bzw. gem. § 238 FamFG
- Die Schadensersatzklage gem. § 826 BGB bei Urteilserschleichung
- Die Anhörungsrüge gem. § 321a ZPO bzw. gem. § 152a VwGO
- Die Verfassungsbeschwerde zum BVerfG oder zu den Landesverfassungsgerichten
- Der nicht bindende Verweisungsbeschluss wegen krasser Rechtsverletzung [3] und schließlich
- Die Amtshaftungsklage gem. § 839 II 1 BGB i.V.m. § 339 StGB i.V.m. Art. 34 GG
Relief from Judgment im US-amerikanischen Zivilprozessrecht[Bearbeiten]
Die US-amerikanische Rechtssprache kennt den Begriff der Durchbrechung der Rechtskraft nicht. [4] Als Oberbegriff für die prozessualen Möglichkeiten, die Aufhebung der materiellen Rechtskraft herbeizuführen, wird im US-amerikanischen Recht der Begriff "relief from judgment" verwendet. [5] Grundsätzlich soll ein Urteil Bestandskraft haben, das gebietet das Prinzip der Rechtssicherheit. Innerhalb kurzer Frosten ist es durch Rechtsbehelfe angreifbar, nach Ablauf der Frist besteht in der Regel keine Möglichkeit mehr, das Urteil aufzuheben oder abzuändern. Außergewöhnliche Umstände können es jedoch erfordern, davon abzuweichen. Relief from Judgment normiert diejenigen Ausnahmefälle, in denen ein Aufheben der Bestandskraft des Urteils durch ein überwiegendes anderes Rechtsprinzip geboten ist. Relief from Judgment bedeutet immer eine Abwägung zwischen mehreren, häufig gegenläufigen Interessen. Offenkundig ist das Interesse an einem gerechten Urteil, d.h. einem Urteil, das am Ende eines ordnungsgemäßen Verfahrens steht und dem auch der wahre Sachverhalt zugrunde liegt. Ein erschlichenes Urteil, ein nichtiges Urteil, oder eine wesentliche Änderung der Verhältnisse, auf die sich das Urteil gründet, sind Fälle, in denen das Ziel Gerechtigkeit nicht mehr gewährleistet scheint. [6] Im US-amerikanischen Zivilprozessrecht lassen sich fünf Wege des Relief from Judgment unterscheiden:
- Der in den Federal Rules of Civil Procedure vorgesehene Antrag nach FRCP 60(b)
- Die Aufhebung aufgrund gesetzlicher Spezialregelungen
- Die Erhebung einer eigenständigen Klage
- Die Anfechtung der Bindungswirkung in einem Folgeprozess und schließlich
- Die Aufhebung von Amts wegen.[7]
Literatur[Bearbeiten]
Peter Hay, US-amerikanisches Recht, 1. Auflage 2000, Urteilswirkungen, Rdnrn. 178 ff, Seiten 76 ff
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ Creifelds, Rechtswörterbuch, 8. Auflage 1986, Seite 910, rechte Spalte
- Hochspringen ↑ Überblick bei Zimmermann, Kommentar zur ZPO, 9. Auflage 2011, Rdn. 1 zu § 578 ZPO
- Hochspringen ↑ Beschluss des BAG vom 16.6.2015, 10 AS 2/15, NJW 2015, 2523
- Hochspringen ↑ Susanne Grohé, Durchbrechung der Rechtskraft und Relief from Judgment, § 6 Einführung, Dissertation 2011
- Hochspringen ↑ Grohé, aaO, Begriffliche Bestimmung des Relief from Judgment
- Hochspringen ↑ Grohé, aaO, Ausnahme von der Regel
- Hochspringen ↑ Grohé, aaO, Die prozessualen Möglichkeiten im Einzelnen
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