Differenziertes Bildungscontrolling

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Der Begriff Differenziertes Bildungscontrolling beschreibt und umfasst die Aufgabe, die zielbezogene, ergebnisorientierte, kooperative Koordination der betrieblichen Weiterbildung wahrzunehmen.

Es setzt dabei eine Unterscheidung des funktionellen Controllings im Rahmen der Organisationsentwicklung und der rationalen betrieblichen Weiterbildung im Zuge der individuellen Persönlichkeitsentwicklung der Akteure innerhalb der Organisation voraus.

Somit ist es zum einen instrumenteller Bestandteil zur ergebnisbezogenen Steuerung des Unternehmens, zum anderen ein kompetenzbasiertes Angebot zur individuellen Entwicklung an die Mitglieder der Organisation.

Eine wesentliche Eigenschaft des Differenzierten Bildungscontrollings ist ein menschenbezogener Ansatz, der die betriebliche Weiterbildung auch bzw. insbesondere zum Instrument der Persönlichkeitsentwicklung wandelt.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung des Differenzierten Bildungscontrollings[Bearbeiten]

Differenziertes Bildungscontrolling unterteilt die Aufgaben der Planung, Steuerung, Transferunterstützung und Evaluation von betrieblichen Weiterbildungsmaßnahmen in zwei differenzierte Perspektiven.

Dabei zielt das funktionelle Controlling in seiner Perspektive auf die strategischen und operationalen Aspekte im Bildungscontrolling ab.

Wobei die zweite Perspektive die Besonderheit des Differenzierten Bildungscontrollings ausmacht. Hier werden mit Blick auf die Rationalität und Persönlichkeit, die Teilnehmenden von betrieblichen Weiterbildungsangeboten gezielt bestimmt und ihren individuellen Neigungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten entsprechend gefördert. Was u.a. zur Folge hat, dass sich die Lernenden um eine Weiterbildung bewerben und diese nicht unreflektiert auswählen.

Somit erfüllt das Differenzierte Bildungscontrolling nicht nur einen maßgeblichen Beitrag zur Unternehmensentwicklung, sondern zielt auf die individuelle Kompetenzentwicklung der Akteure in der Organisation ab, wobei vorhandene Persönlichkeitsmerkmale und Lerntypen bedingte Eigenschaften besondere Aufmerksamkeit erfahren.

Abgrenzung zum frühen Grundverständnis des Bildungscontrollings[Bearbeiten]

Das Differenzierte Bildungscontrolling baut auf dem frühen Grundverständnis des Bildungscontrollings auf. Bildungscontrolling bezeichnet die Steuerung von Bildungsprozessen. Ziel hierbei ist, mit geeigneten Messgrößen und Kriterien zu überprüfen, ob die Bildungsarbeit methodisch effektiv und wirtschaftlich effizient vorgeht – von der Planung über die Durchführung bis zur Kontrolle der Ergebnisse.[1]

Auf der Basis des vierstufigen Evaluationsprogramms für Weiterbildungsmaßnahmen nach Donald Kirkpatrick wurde von Jack J. Phillips das Modell um die 5. Stufe zur Berechnung des Return on Investment (ROI)[2] erweitert. Dieses Modell zielt auf die Messung des entsprechenden Beitrags der jeweiligen Weiterbildungsaktivität hinsichtlich des Unternehmenserfolges ab.

Keine Berücksichtigung finden hierbei die Bedürfnisse, Fähigkeiten und Lernverhalten der Teilnehmenden dieser Maßnahmen. Um diese Aspekte ergänzt das Differenzierte Bildungscontrolling die Prozesse im Rahmen der betrieblichen Weiterbildung.

Methoden des Differenzierten Bildungscontrollings[Bearbeiten]

Zentraler Ansatz des Differenzierten Bildungscontrollings ist es, die Transferleistung der Weiterbildungsaktivitäten zu optimieren. Ein wesentlicher Ansatz dabei stellt das sogenannte Bildungsdreieck nach Rüdiger Strohmeyer dar.

Dabei wird jede Maßnahme zur betrieblichen Weiterbildung unter einem Aspekt der drei Dimensionen:´

  • Bildungsbereitschaft
  • Bildungsfähigkeit
  • Bildungsmöglichkeit

betrachtet und individuelle Parameter für die jeweilige Weiterbildungssituation und die beteiligten Akteure definiert.

Bildungsbereitschaft[Bearbeiten]

Lernen und insbesondere die Verhaltensveränderung bedingt grundsätzlich die personale Bereitschaft, den damit verbundenen Aufwand und die erforderlichen Bedingungen zu akzeptieren. In der betrieblichen Weiterbildung ist es daher zwingend erforderlich, dass ein transparentes Verständnis dafür geschaffen wird, welche Ziele mit der Weiterbildung und ihren einzelnen Aktivitäten verbunden sind. Wichtig ist es zudem, mögliche Folgen aufzuzeigen, die bei Untätigkeit aller Beteiligten denkbar bzw. wahrscheinlich werden. Angenehme wie unangenehme, bequeme wie unbequeme Aspekte müssen im Vorfeld transparent gemacht werden, damit den Beteiligten eine freie Wahl bleibt.

Transparenz in einem passenden Umfang zu schaffen, damit eine bewusste Wahl und die damit verbundene Bereitschaft bzw. die Ablehnung mit dem Anerkennen der Konsequenzen möglich wird, ist Aufgabe der Personalverantwortlichen im Sinne der Führungskräfte und/oder Personalentwickler. Das Individuum durchläuft während eines Lernprozesses zum Zwecke der Verhaltensveränderung unterschiedliche Stufen, dessen Besonderheiten im Laufe der Weiterbildungsaktivität berücksichtigt werden müssen.

J.O. Prochaska, J.C. Norcross und C.C. DiClemente von der University of Rhode Island haben in einer Langzeitstudie über einen Zeitraum von 20 Jahren 1000 Probanden beobachtet. Im Ergebnis Ihrer Studie bilden sich 6 chronologisch aufeinander folgende Phasen während einer Verhaltensveränderung heraus.

Phase 1:
Die Notwendigkeit etwas Neues zu erlernen, um bestehendes Verhalten zu modifizieren wird verleugnet.
Phase 2:
Im Rahmen einer bewussten Auseinandersetzung mit den Vor- und Nachteilen einer angedachten Lernsituation und der daraus resultierenden Verhaltensveränderungen, werden die erforderlichen Erkenntnisse erlangt, um eine Entscheidung zu treffen.
Phase 3:
Es erfolgt eine bewusste Entscheidung die Veränderung zu erarbeiten oder ein Entscheid inaktiv zu bleiben und keine Veränderung anzustreben.
Phase 4:
Erfolgt die Entscheidung für eine gewünschte Veränderung wird das gesamte Pensum an Aufwand und Erfordernissen bewusst, die mit der gewünschten Verhaltensveränderung einhergehen. Im Anschluss werden die Ressourcen, individuell wie im sozialen Umfeld, aktiviert, um den Prozess zu initiieren.
Phase 5:
Misserfolge und die oftmals als zu langsam empfundenen Fortschritte beinhalten die Gefahr, dass an dieser Stelle im Lernprozess vorzeitig abgebrochen wird. Die Lernenden müssen hier erkennen, dass erste Ergebnisse und Rückschläge nahe beieinander liegen können.
Phase 6:
Stellt im Ergebnis die Entwicklung ausgeprägter neuer Verhaltensweisen dar, die sich als stabile Gewohnheit in den beruflichen Alltag integrieren, oftmals ohne bewusste Aktivierung während ihrer Anwendung.

Bildungsfähigkeit[Bearbeiten]

Die Lernfähigkeit eines Menschen ist von verschiedenen Parametern abhängig, die im Rahmen des Differenzierten Bildungscontrollings im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.

Neben dem individuellen Lerntypus ist die persönliche Fähigkeit zum Lerntransfer ausschlaggebend. Haben die Lernenden Kenntnisse über den Grad Ihrer Transferfähigkeiten, fällt es Ihnen leichter die geeigneten Aktivierungs- und Handlungskompetenzen auszuwählen, um das Lernziel effizient und effektiv zu erreichen.

Die Transferstärke-Methode nach Prof. Dr. Axel Koch bietet ein Analysewerkzeug, dessen Ziel es ist, den Teilnehmenden eine anschauliche Auswertung ihrer persönlichen Stärken und Schwächen des Transfers in der betrieblichen Weiterbildung zu sichern. Auf Basis dieser wissenschaftlich fundierten Daten, lassen sich so Anpassungen der Lernumgebung, Lernsituation und Lernmittel vornehmen.

Bildungsmöglichkeiten[Bearbeiten]

Die Dimension der Bildungsmöglichkeiten betrachtet den Rahmen und das konkrete Lernumfeld. Hier kommen übliche Werkezuge uns Instrumente des frühen Bildungscontrollings zum Einsatz. Oftmals nehmen hier die betriebswirtschaftlichen Vorgaben und abgeleitete Kennzahlen wesentlichen Einfluss auf die Rahmenbedingungen. So stehen Kosten in Form als Investition in die betriebliche Weiterbildung und Faktoren wie die verfügbaren Zeitrahmen eine übergeordnete Rolle.

Literatur[Bearbeiten]

  • Donald L. Kirkpatrick, James D. Kirkpatrick: in Evaluating Training Programs – The four Levels, 3. Ausgabe, 2006, ISBN 1-57-675-348-4
  • Jack J. Phillips, Patricia Pulliam Phillips, Ron Drew Stone, Holly Burkett: in The ROI Fieldbook – Strategies for Implementing ROI in HR an Training, 2007, ISBN 0-7506-7622-1
  • Simone Kauffeld: in Nachhaltige Weiterbildung, 2010, ISBN 978-3-540-95953-3
  • Herbert J. Kellner: in Value of Investment – Neue Evaluierungsmethoden für Personalentwicklung und Bildungscontrolling, 2006, ISBN 3-8974-9634-8
  • James O. Prochaska, Carlo DiClemente in Changing for Good: A Revolutionary Six-Stage Program for Overcoming Bad Habits and Moving Your Life Positively Forward, ISBN 0-3807-2572-X

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Rolf Meier: Praxis Bildungscontrolling (GABAL) Offenbach 2008
  2. Jack J. Phillips: The ROI Field Book (Elsevier Butterworth-Heinemann) Burlington (USA) 2007
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