Dawn Raid

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Als Dawn Raid im kartellrechtlichen Sinne wird eine unangekündigte Untersuchung bei Unternehmen bezeichnet, die von Beamten des Bundeskartellamtes oder der Europäischen Kommission durchgeführt werden, um Verstöße gegen das Kartellrecht zu erhärten, zu untermauern oder auch zu widerlegen.[1]

Rechtsgrundlage[Bearbeiten]

Rechtsgrundlage der Dawn Raids bilden bei Untersuchungen der Kommission die Art. 20 und 21 der EG VO 1/2003, während sich Durchsuchungen des Bundeskartellamtes im Rahmen eines Bußgeldverfahrens auf § 46 Abs. 1 OWiG in Verbindung mit §§ 102, 105 StPO stützen lassen.

Ablauf[Bearbeiten]

Wie der Name bereits andeutet, werden die Untersuchungen meist unangekündet im Morgengrauen begonnen.[2] Die Beamten erscheinen dabei mit einem Durchsuchungsbeschluss (§ 46 Abs.1 OWiG i.V.m. §§ 102, 105 StPO) bzw. einer Nachprüfungsentscheidung (Art.20 EG VO 1/2003) und verlangen unter Vorlage der Dienstausweise Zutritt zu den Geschäftsräumen des betroffenen Unternehmens. Üblicherweise wird dem Unternehmen daraufhin eine Zeitspanne von 30 Minuten eingeräumt, um externen Rechtsbeistand hinzuzuziehen.[3] Bei der sich anschließenden Durchsuchung haben die Beamten weitreichende Befugnisse. So können die Beamten des Bundeskartellamtes Beweismittel sicherstellen oder gar beschlagnahmen, sollten diese nicht freiwillig herausgegeben werden.[4] Demgegenüber darf die Europäische Kommission Beweismittel nur kopieren, keinesfalls jedoch beschlagnahmen.[5] Andererseits besteht im Rahmen der Nachprüfungsentscheidung die Verpflichtung des betroffenen Unternehmens an der Durchsuchung konstruktiv mitzuwirken. Diese Verpflichtung endet erst bei der Einräumung des Kartellrechtsverstoßes.[6] Bei Untersuchungen des Bundeskartellamtes sind dagegen insbesondere die Personen und Unternehmen, die im Verdacht stehen, sich an den verbotenen Kartellabsprachen zu beteiligen, nicht zur Mitwirkung im Verfahren verpflichtet.[7] Dies ist Ausfluss des so genannten nemo tenetur Grundsatzes. Bei Beendigung der Durchsuchung wird den betroffenen Unternehmen ein Protokoll sowie ein Verzeichnis der sichergestellten bzw. kopierten Beweismittel ausgehändigt.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Hochspringen Gildhoff, Nils und Zumdick, Jennifer: Strafrechtliche Risiken für Unternehmen und deren Rechtsanwälte bei Mock Dawn Raids, BetriebsBerater 2012, S. 1179.
  2. Hochspringen Weitbrecht, Andreas; Weidenbach, Georg: Achtung, Dawn Raid! Die Rolle des Anwalts bei Durchsuchungen, NJW 2010, S. 2328.
  3. Hochspringen Gildhoff, Nils und Zumdick, Jennifer: Strafrechtliche Risiken für Unternehmen und deren Rechtsanwälte bei Mock Dawn Raids, BetriebsBerater 2012, S.1179.
  4. Hochspringen Erfolgreiche Kartellverfolgung - Broschüre des Bundeskartellamtes, S. 21.
  5. Hochspringen Bechtold, Rainer (Hrsg.).: EG-Kartellrecht, 2. Auflage 2009, Art.20 VO 1/2003, Rn. 6.
  6. Hochspringen Bechtold, Rainer (Hrsg.).: EG-Kartellrecht, 2. Auflage 2009, Art.18 VO 1/2003, Rn. 9 ff.
  7. Hochspringen Erfolgreiche Kartellverfolgung - Broschüre des Bundeskartellamtes, S. 20.

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Bechtold, Rainer (Hrsg.): EG-Kartellrecht, 2. Auflage 2009.
  • Gildhoff, Nils/Zumdick, Jennifer: Strafrechtliche Risiken für Unternehmen und deren Rechtsanwälte bei Mock Dawn Raids, BetriebsBerater 2012, S.1178 ff.
  • Kapp, Thomas: Kartellrecht in der Unternehmenspraxis. Was Unternehmer und Manager wissen müssen. Verlag Springer Gabler, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-8349-3028-6.
  • Kling, Michael/Thomas, Stefan: Kartellrecht, München 2007.
  • Loewenheim, Ulrich (Hrsg.): Kartellrecht: Deutsches und Europäisches Recht, München 2008
  • Rosenthal, Michael/Thomas, Stefan: European Merger Control, 1. Auflage 2010.
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