Burschenschafter gegen Neonazis

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Burschenschafter gegen Neonazis ist eine 2011 gegründete Initiative, die sich gegen Rechtsextremismus innerhalb der deutschsprachigen Burschenschaften engagiert. Sie sieht sich als erstes[1] Projekt dieser Art und betreibt derzeit den Watchblog BPA Burschenschafter packt aus. Das Motto ist: „Wer die Demokratie links liegen lässt, tritt rechts in die Scheiße.“ 2013 verbot die Deutsche Burschenschaft (DB) in einem Beschluss auf dem Burschentag in Eisenach die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder mit dem Watchblog gegen Rechtsextremismus.[2]

Burschenschafter gegen Neonazis wurde nach dem umstrittenen Ausschlussantrag der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks gegen die Burschenschaft Hansea Mannheim, die einen chinesischstämmigen Mann in ihren Reihen hat, gegründet.[3] Nach eigenen Angaben bestand die Initiative im Jahr 2012 aus ca. 20 Burschen, ihre Gegner bezeichnen sie als „Ein-Mann-Betrieb“.[4] Weiterhin sollen Anwälte in die Initiative mit eingebunden sein.[5] Als deren Sprecher tritt der ehemalige Burschenschafter Christian J. Becker öffentlich in Erscheinung, so gab er u.a. Deutschlandradio Kultur, Endstation Rechts und dem Neuen Deutschland Interviews.[6][1][7] Er gilt als SPD-nah[8] und wurde wegen seines Engagements für Burschenschafter gegen Nazis von der in Bonn ansässigen Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks mit der Begründung „bundschädigenden Verhaltens“ ausgeschlossen.[9][1] Nach eigenen Angaben erhielt er auch Morddrohungen von Unbekannt.[10]

Auf dem ehemaligen Blog QuoVadisBuxe bezeichnete er den ehemaligen neonazistischen[11] Aktivisten Norbert Weidner, Schriftleiter der Burschenschaftlichen Blätter, als „höchstwahrscheinlich einer der Köpfe der rechtsextremen Bewegung, die aus Burschenschaften, NPD und Kameradschaften besteht”. [12][13][8] Eine 2012 angestrengte Unterlassungsklage vor der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn, bei dem Weidner durch Björn Clemens vertreten wurde, endete mit dem Urteil, dass Beckers Werturteil „substanzarm“, ohne „konkreten Tatsachengehalt“ und damit von der Meinungsfreiheit gedeckt gewesen sei.[14][15] Die Aussage, Weidner habe den E-Mail-Account von QuoVadisBuxe gehackt, beurteilte das Gericht als nicht bewiesene Tatsachenbehauptung und verbot Becker deren Wiederholung.[14]

Becker schätzt, dass ca. 1.500 der 10.000 Mitglieder der Deutschen Burschenschaft (DB) rechtsextrem seien.[8][16] Nach Beckers Dafürhalten würden mehr Demokratie und Bürgerrechte statt Nationalismus den Burschenschaften dienlich sein.[1] Die Initiative forderte im Mai 2012 die Auflösung der DB „wegen Duldung, Förderung und Finanzierung von rechtsextremen Burschenschaftern“.[1] 2013 wurde die Initiative damit zitiert, dass jeder dritte männliche FPÖ-Nationalratsabgeordnete Burschenschafter und jeder fünfte Mitglied der DB sei.[17] Becker verlangte 2014 „ein intensiveres Vorgehen von Politik, Behörden und Zivilgesellschaft gegen rechte Burschenschaften.“[18] Burschenschafter gegen Neonazis registriert seit 2012 eine Austrittswelle aus dem Dachverband und gab zuletzt (Juni 2014) an, dass 60 Burschenschaften aus Deutschland und Österreich in der DB, von früher 100, verblieben seien.[19]

Becker sieht die Initiative als Erfolg an, da sich u.a. die DB von ihren Mitgliedern her deutlich verringert habe, der Verfassungsschutz Burschenschaften beobachte, Gerichtsverfahren stattfänden und sich die Entwicklung innerhalb des rechten Korporationswesens nun auch in den Medien, der Kommunalpolitik und der Zivilgesellschaft herumgesprochen habe.[10][1] Beispielsweise dienten auch Berichte des Blogs als Beleg für Kleine Anfragen der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke.[20][21] In einer Antwort der Bundesregierung hieß es 2012 in Bezug auf Burschenschafter gegen Neonazis: „Den Inhalten dieser Initiative hat sich Herr Bundesminister Dr. Peter Ramsauer [der selbst Burschenschafter ist] angeschlossen.“[22] Auf dem Störungsmelder von Zeit Online befand Tilman Steffen, dass Becker „Reformbemühungen [..] maßgeblich ins Rollen [brachte]“.[23]

Für Juli 2012 wurde ein „Enthüllungsbuch“ zur Thematik angekündigt. Der Autor firmierte in Anlehnung an Kurt Tucholsky unter dem Namen Kurt Tucholskichen.[24] Die Publikation erschien bisher nicht.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Nach Rauswurf: „Wir werden unsere Aktivitäten gegen rechtsextreme Burschenschafter verstärken“ (Christian Becker im Gespräch mit Oliver Cruzcampo). Endstation Rechts, 17. Dezember 2012.
  2. Tilmann Steffen: Zündeln am Rande der Meinungsfreiheit. Zeit Online, 27. Mai 2013, Nr. 22.
  3. Antonie Rietzschel: Burschenschaft schließt Kritiker aus. In: Süddeutsche Zeitung, 17. September 2012.
  4. Claudia Kornmeier: Klischees vor dem LG Bonn. Legal Tribune Online, 4. Juli 2012.
  5. Jan Grundmann: «Null Bock auf Nazis». news.de, 7. Juli 2012.
  6. Brauner Sumpf im akademischen Milieu (Christian Becker im Gespräch mit Joachim Scholl). Deutschlandradio Kultur, 11. Juli 2012.
  7. „Rechte Szene braucht Führungspersonal“ (Christian Becker im Gespräch mit Joachim Scholl). Deutschlandradio Kultur, 13. Juni 2014.
  8. 8,0 8,1 8,2 Erwin Eschbach: Burschenschafter vor Gericht: „Kein Bock mehr auf Nazis“. SPON, 4. Juli 2012.
  9. Burschenschaften. Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, Oktober 2012.
  10. 10,0 10,1 Christian J. Becker: Gefährliche Netzwerke – Neonazis in Burschenschaften. In: Störungsmelder, 14. August 2014. („Christian J. Becker antwortet den rechten Buxen, die hier im Störungsmelder kommentieren“)
  11. Armin Pfahl-Traughber: Rechtsextremismus in der Bundesrepublik. 4. aktualisierte Auflage, C.H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-47244-2, S. 76.
  12. Burschenschafter ringen vor Gericht. In: General-Anzeiger, 5. Juli 2012.
  13. Barbara Schmidt-Mattern: Burschenschafter vor Gericht in Bonn. Deutschlandfunk, 4. Juli 2012.
  14. 14,0 14,1 Tilman Steffen: Meinungsfreiheit siegt im Burschenschafter-Streit. Zeit Online, 11. Juli 2012, Nr. 28.
  15. Urteil im Burschenschafter-Streit gefallen. JF-Online, 11. Juli 2012.
  16. Akademiker rechtsaußen (Christian Becker im Gespräch mit Sebastian Haak). In: Neues Deutschland, 13. Juni 2014.
  17. Florian Gasser, Tilman Steffen: Deutschnationale Burschen triumphieren in Innsbruck. Zeit Online, 22. November 2013, Nr. 47.
  18. Klaus Wuggazer: Burschenschaft darf nicht mehr auf der Wartburg feiern. In: Thüringer Allgemeine, 12. Juni 2014.
  19. Sebastian Haak: Burschenschaften und ihre Karriere-Netzwerke. In: Thüringische Landeszeitung, 14. Juni 2014, S. 11.
  20. Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Herbert Behrens, Heidrun Dittrich, Nicole Gohlke, Petra Pau, Jens Petermann, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 17/13855, 7. Juni 2013.
  21. Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. Rosemarie Hein, Martina Renner, Frank Tempel, Halina Wawzyniak, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 18/1542, 21. Mai 2014.
  22. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Nicole Gohlke, Jens Petermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 17/10829 –. Drucksache 17/10970, 12. Oktober 2012.
  23. Tilmann Steffen: Rechtsextremismus-Streit: Burschenschaftsverband verliert stärkstes Mitglied. In: Störungsmelder, 12. Februar 2013.
  24. Rita Specht: Bruder gegen Bruder. Eisenacher Burschentag mit Nachwirkungen Heute Gerichtsprozess in Bonn. In: Thüringische Landeszeitung, 4. Juli 2012, S. 17.
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