Biogenerik

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Biogenerik wurde als Begriff 2002 von Albert Mehl in die Zahnmedizin eingeführt und erscheint in dessen Patentschrift und Dissertation „Der Biogenerische Zahn – ein neuartiges Verfahren zur hochpräzisen biologisch funktionellen Gestaltung von Zahnrestaurationen.“ Heute finden sich diverse Publikationen und Forschungsergebnisse zu diesem Thema. Das Verfahren wird von der Firma Sirona kommerziell in ihrem CAD/CAM-System „Cerec“ verwendet und ist bei tausenden Zahnärzten weltweit im Einsatz.

Bei der Biogenerik handelt es sich um ein Verfahren zur automatischen Berechnung der Zahnoberflächen unter Benutzung des Biogenerischen Zahnmodelles.

Biogenerisches Zahnmodell[Bearbeiten]

Ein biogenerisches Zahnmodell ist ein digital erstelltes Modell eines Zahnes, das mathematisch aufgrund nur weniger Parameter hergeleitet wird. Unter Einbeziehung des Antagonisten und der Nachbarzähne werden von der Software Vorschläge für die Morphologie des zu erstellenden Zahnes geliefert, die vom Zahnarzt direkt übernommen oder auch nachbearbeitet werden können. Danach wird der Datensatz zu einer Fräs- oder Schleifmaschine gesendet, in der aus verschiedenen Materialien (Feldspatkeramik, Glaskeramik, Zirkondioxid etc.) die Arbeit (Restauration) gefertigt wird.

Verfahren[Bearbeiten]

Die Basis für die Berechnung des biogenerischen Zahnmodelles bildet eine Zahndatenbank. In diese Datenbank wurden Zahnoberflächen von sehr vielen gesunden unversehrten Zähnen aufgenommen, die mittels optischer Scansyteme dreidimensional vermessen wurden.

Eine Software ermittelt im nächsten Schritt von jedem Zahnpaar äquivalente Merkmale in Bezug auf Fissuren, Höcker etc., bis alle morphologischen Eigenschaften eines Zahnes denjenigen aller anderen Zähne zugeordnet sind. Diese Prozesse erfolgen automatisiert mit Verfahren aus der Bildverarbeitung, Neuroinformatik und Computergraphik, wie sie grundlegend auch von Volker Blanz für die Gesichtererkennung eingeführt wurden und auf die speziellen Anforderungen für Zähne adaptiert wurden. Die Zuordnung gleicher Merkmale und die Erkennung unterschiedlicher Merkmale ist die wesentliche Voraussetzung für die Berechnung eines „Durchschnittszahnes“, derin metrischer und morphologischer Hinsicht die typischen Charakteristika des betrachteten Zahntyps aufweist. Erstmalig wurde mit dieser Methode ein Durchschnittszahn mathematisch berechnet.

Nach der Berechnung des Durchschnittszahnes können in einem dritten Schritt mithilfe der Datenbank die häufigsten Abweichungen sowie die Wahrscheinlichkeit Ihres Auftretens ermittelt werden. Die Kombination aus Durchschnittszahn und den zugehörigen häufigsten Abweichungen bildet das biogenerische Zahnmodell.

Hat ein Patient nur noch eine Restzahnsubstanz, kann die Software mit gewisser Wahrscheinlichkeit auf die ursprünglich vorhandene Zahnoberfläche schliessen.

Mathematischer Hintergrund[Bearbeiten]

Entscheidendes Ergebnis bei der Korrespondenzfindung ist die Darstellung aller Zahnoberflächen der Datenbank in Form von Vektoren, bei denen gleiche Indizes jeweils gleiche Merkmale beinhalten. Definiert man eine Addition zwischen den Vektoren und eine Multiplikation von reellen Zahlen mit den Vektoren, so dass das Ergebnis wieder einen Vektor ergibt, der einem natürlichen Zahn entspricht, hat man einen Vektorraum für Zähne gefunden. Um alle Anteile der Zahnoberfläche zu berücksichtigen, ist der Vektorraum in der Regel hochdimensional, z.B. 20.000 bis 100.000 Dimensionen.

Unter Verwendung einer hohen Anzahl von vermessenen Zähnen lassen sich die fundamentalen Konzepte der linearen Algebra auf den Vektorraum anwenden:

  1. Dimensionsreduktion durch Orthogonalisierung (Hauptkomponentenanalyse)
  2. Berechnung fehlender Anteile von Zahnoberflächen durch lineare Gleichungssysteme
  3. Einführung einer Metrik, um morphologisch ähnliche oder unähnliche Zahnpaare zu ermitteln (auch Clusterbildung im Vektorraum möglich)

Einsatz in der Praxis[Bearbeiten]

Die Methode des biogenerischen Zahnmodelles wurde in das Cerec System integriert, wodurch sie in der Praxis und in hoher Fallzahl getestet werden konnte und seit einigen Jahren etabliert ist.

Weiterführende Literatur[Bearbeiten]

  • Mehl, A., Blanz, V.: A new approach for automatic reconstruction of occlusal surfaces with the biogeneric tooth model. Int J Comput Dent 8, 13-25 (2005).
  • Mehl, A., Blanz, V., Hickel, R.: Biogeneric tooth: a new mathematical representation for tooth morphology in lower first molars. Eur J Oral Sci 113, 333-340 (2005).
  • Richter, J., Mehl, A.: Evaluation for the fully automatic inlay reconstruction by means of the biogeneric tooth model. Int J Comput Dent 9, 101-111 (2006).
  • Mehl, A., Litzenburger, A., Blanz, V.: Funktionelle CAD-Kauflächenrekonstruktion von Inlays und Onlays mit dem biogenerischen Ansatz. Aesthetische Zahnmedizin 10, 12-18 (2007).
  • Mehl, A.: Der „Biogenerische Zahn“ –ein neuartiges Verfahren zur hochpräzisen biologisch funktionellen Gestaltung von Zahnrestaurationen. Dissertation, LMU München (2003). (Buchbeitrag)
  • Mehl, A, Blanz, V.: Biogeneric tooth reconstruction – A new fundamental method to describe and reconstruct the occlusal morphology of teeth. In: State of the Art of CAD/CAM Restorations – 20 Years of Cerec, 113-121 (2006). (Buchbeitrag)
  • Mehl, A., Blanz, V., Hickel, R.: Biogeneric Tooth – a New Mathematical Approach of CAD Reconstruction of Occlusal Surfaces. J Dent Res 82, Abstr 1354 (2003).
  • Mehl, A., Blanz, V., Hickel, R.: Automatic CAD-Design of Occlusal Inlay Surfaces using the Biogeneric Tooth Model. J Dent Res 83, Abstr. 535 (2004).

Einzelnachweise[Bearbeiten]


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