Auseinandersetzungen in Dresden am 19. Februar 2011

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Anlass der Auseinandersetzungen in Dresden am 19. Februar 2011 war der Jahrestag der Luftangriffe auf Dresden. Es kam zu besonders heftigen Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten, Gegendemonstranten und der Polizei.

Ausgangssituation[Bearbeiten]

Wie in den vorhergehenden Jahren hatte die NPD eine Demonstration unter dem Vorwand zum Gedenken an die Bombardierung Dresdens in Dresden angemeldet. Ein breites Spektrum an zivilgesellschaftlichen Organisationen rief zu friedlichen Demonstrationen gegen die NPD auf. Das durch verschiedene Parteien unterstützte Bündnis Dresden Nazifrei hatte ebenso zur Blockade innerhalb Dresdens wie bereits im Jahr 2010 aufgerufen um die NPD-Demonstrationen wieder betont friedlich zu verhindern. Daneben riefen teilweise gewaltbereite zum Teil auch linksextreme Gruppen zu weiteren Gegendemonstrationen auf.

In Regie der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland waren an dem vorherigen Sonntag, dem 65. Jahrestag der Zerstörung Dresdens, knapp 1300 Neonazis am Rande des Stadtzentrums marschiert. Sie mussten wegen Gegendemonstrationen ihren Aufzug aber verkürzen, da circa 3000 Gegendemonstranten die Straßen in Sichtweite der Rechtsextremen säumten. Stunden zuvor hatten etwa 17.000 Dresdner eine Menschenkette durch die Innenstadt gebildet.[1]

Die Stadt Dresden hatte versucht die geplanten Demonstrationen entsprechend der stadtlichen Möglichkeiten an einem Ort zusammen zu legen. So das weniger Polizeikräfte zur Sicherung bereit zu stellen wären.

Dagen klagten die 3 Ausrichter, und bekammen vom Verwaltungsgericht Dresden in soweit Recht, dass diese Veranstalltungen nicht zusammen gelegt werden dürften. Auch einige der erlassene zum Teil auch neueren Auflagen wurden vom Gericht kassiert.

„Trennungskonzept“ lautete das verfehlte politische Motto, welches die Polizei anschließend umsetzen sollte. Das Verwaltungsgerichtes gab zudem vor, dass gegen eine scheinbar friedliche Versammlung, die den Anlass für Gegendemonstrationen bilde, nur unter besonderen Voraussetzungen eingeschritten werden sollte. Die Einsatzkräfte sollten vielmehr gegen mögliche Stör- und Blockadeaktionen vorgehen.

Doch von den zwei Kundgebungen und einem Aufmarsch blieb am Samstag nicht viel übrig: Weil die Polizei sich laut Gericht mehr um die Sicherung einer Veranstalltung kümmern sollte, als Straftaten zu verhindern, wurde im Stadtteil Cotta durch die friedlichen Neonazis ein alternatives Jugendhaus zerstört.

An der abgesperrten Südseite des Bahnhofes sammelten sich im Laufe des Tages jedoch nur etwa 550 bis 600 Neonazis. Gegen ca. 16:30 Uhr versammelten sich diese teilweise rund um den Bahnhof Plauen, welcher mittels Zug vom Hauptbahnhof erreichbar war. Die Polizei war zu dieser Zeit völlig überfordert, so das es fast zu Ausschreitungen zwischen linken und rechten Personen in Dresden Plauen gekommen wäre.

Aus dem Grund das diese wenigen Personen dort am Bahnhof stehen wollten, wurde halb Dresden durch das Trennungskonzept lahm gelegt, und das ist die eigentliche Schade, an welcher die Stadtverwaltung und Gerichte nicht unbeteiligt waren.

Um die extrem rechten Veranstaltungen zu sichern, waren einige der Kundgebungen der Neonazi-Gegner auf die Nordseite der Elbe verlegt worden. Die Mahnwachen durften teilweise an den zuvor beschlossenen Orten stattfinden. Die Polizei durfte Personen, sofern diese friedlich waren nicht daran hindern diese Mahnwachen zu erreichen.

Um den Tag zu sichern und Übergriffe auf die Personen der rechten Szene zu verhindern war die Polizei mit ca. 4600 Beamten im Einsatz, die Kosten dafür trägt der Steuerzahler.

Durch das so gewollte Trenungskonzept wurde Dresden zeitweise im öffentlichen Leben blockiert und lahm gelegt. Es fuhren einige Straßenbahnlienen nicht, insebsondere diese in der Innenstadt und jene über die Brücken. Die Innenstadt war deshalb wie ausgestorben. Läden in der Innenstadt mussen dadurch diesen Sonnabend teils Geschäftseinbußen erleiden. Als normaler Bürger konnte man, wenn man im scheinbar falschen Alter war bestimmte Stadtteile nicht erreichen, weil die Polizei das verhinderte. Besonders ägerlich war diese Blockade seitens der Polizei für Personen, welche beruflich darauf angewiesen waren an blockierte Ort zu gelangen, denn auch das wurde teilweise verwehrt oder war nur mit Verzögerung möglich.

NPD Demonstration[Bearbeiten]

Der Nürnberger Platz in der Dresdner Südvorstadt war am 19. Februar 2011 mit Wasserwerfern und Hamburger Gittern weiträumig abgesperrt. Massive Polizeikräfte ließen zur Vermeidung von gewaltsamen Zusammenstößen nur Personen durch, die zu einer Veranstaltung der rechtsextremen Szene zum „Gedenken an die Bombardierung Dresdens“ auf dem Platz wollten. Rund 80 Teilnehmer zählte die Polizei dort. Fast zeitgleich versuchten rund 800 Neonazis um Thomas „Steiner“ Wulff im Dresdner Stadtteil Plauen aufzumarschieren und stießen auch dort auf Widerstand.

Gegen 17.15 Uhr begann auf dem Friedrich-Liszt-Platz der Aufzug der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO). Die Aufzugsstrecke führte über die Strehlener Straße, Ackermannstraße, Reichenbachstraße zum Ausgangsort zurück. Die Polizei änderte die Aufzugstrecke aufgrund des verspäteten Beginns in Absprache mit dem Veranstalter. An dem Aufzug nahmen laut Polizei 1.291 Personen teil. Die Veranstaltung verlief nach Polizeiangaben ohne Störungen und endete um 18.55 Uhr.[2]

Die Teilnehmer der NPD-Demonstration, unter ihnen auch führende NPD-Funktionäre wie Holger Apfel und Udo Pastörs, legten rund 500 Meter zurück, bevor der Zug zu Stehen kam. Als sich die Neonazis weigerten, in ihre Busse zurück zu kehren, wurden sie zu einem S-Bahnhof eskortiert und stiegen in die Bahn nach Freital. Auch der Plan, eine rechtsextremistische Ersatzveranstaltung in Leipzig durchzuführen, scheiterte durch den Einsatz der Polizei. Die am dortigen Hauptbahnhof eingetroffenen etwa 500 Neonazis durften den Bahnsteig wegen „polizeilichen Notstandes“ nicht verlassen und mussten unverrichteter Dinge wieder abreisen.

Die geschätzte Gesamtzahl der Neonazis blieb mit geschätzten 2000 Rechtsextremisten deutlich unter den Erwartungen von 4000 Neonazis von Polizei und Gegendemonstranten.

Es kam auch zu einer einzelnen Gewaltaktion von Seiten der Neonazis: Mehr als 100 Neonazis griffen am 19. Februar ein alternatives Hausprojekt in Dresden Löbtau mit Steinen und Flaschen an und schlugen dort mehrere Fenster ein.

Gegendemonstrationen[Bearbeiten]

Am Morgen des 19. Februar 2011 hatten Bundes- und Landespolitiker zu friedlichen Protesten gegen die Neonazi-Veranstaltungen in Dresden aufgerufen. „Es muss absolut friedlich ausgehen“,[1] sagte der damalige Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse (SPD). Zugleich kritisierte Thierse die Entscheidungen der Stadtverwaltung, drei Neonazi-Demonstrationen an einem Tag zu genehmigen. An den Gegendemonstrationen beteiligte sich der sächsische Innenminister Markus Ulbig (CDU), der Innenminister von Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) sowie die beiden Bundestags-Vizepräsidentinnen Katrin Göring-Eckardt (Grüne) und Petra Pau (Linke).

Schon am Samstag Morgen hatte der MDR seine Hörer in den Verkehrsnachrichten zur Vorsicht gemahnt: „Auf der Autobahn am Dreieck Dresden West befinden sich Personen auf der Fahrbahn“. Die Polizei hatte Insassen von mehreren Reisebussen an der Einfahrt nach Dresden gehindert und diese machten sich zu Fuß auf den Weg in die Dresdner Innenstadt mit dem Ziel, die angekündigten Massenblockaden des Bündnisses Dresden nazifrei zu unterstützen. Durch mehrere Blockaden verhinderten die Gegendemonstranten unter anderem gewaltsam den gerichtlich genehmigten Aufmarsch der Neonazis am Hauptbahnhof, die ursprünglich zum Nürnberger Platz geführt werden sollten.

An der Aktion Menschenkette "Erinnern und Handeln für mein Dresden" nahmen 17.000 Bürger und Gäste teil. Die Gedenkveranstaltung anlässlich des Jahrestages der Zerstörung Dresdens verlief laut Polizei störungsfrei. Die Gedenkveranstaltung an der Frauenkirche in der Zeit von 16.30 Uhr bis 18.00 Uhr verlief ebenfalls friedlich. Daran beteiligten sich 1.000 Bürger.

In der Südvorstadt kam es zwischen der TU Dresden und den Studentenwohnheimen immer wieder zu Katz-und-Maus-Spielen zwischen Gegendemonstranten und der Polizei. Etwa 800 Personen blockieren dort die ursprüngliche Aufmarschroute.

Die Lage in Dresden eskalierte im Laufe des Tages zeitweise heftig: Polizisten wurden von Linksextremen mit Pflastersteinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern attackiert. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Pfefferspray ein. Umstehende Autos wurden demoliert. Barrikaden wurden errichtet und Mülltonnen angesteckt.

Nach Gewerkschaftsangaben verhinderten rund 21.000 Personen zum zweiten Mal in Folge den europaweit größten Neonaziaufmarsch in Dresden.

Auseinandersetzungen[Bearbeiten]

Kritiker warfen der Polizei vor, überfordert gewesen zu sein und weite Teile Dresdens nicht unter Kontrolle bekommen zu haben.[3]

Der Einsatz eines Einsatzkommandos des Landeskriminalamtes (LKA) am Samstagabend wurde kritisiert. Rund 20 Beamte stürmten nach Angaben der Linkspartei eine Geschäftsstelle in Dresden in der Großenhainer Straße, in der das Bündnis Dresden nazifrei sein Pressezentrum installiert hatte. Laut der Bundestagsabgeordneten Katja Kipping brachen die Polizisten innerhalb von vier Stunden alle Türen in dem Haus auf, legten Mitarbeitern Handschellen an und beschlagnahmten Computer. Nach Angaben der taz „wird dem Bündnis die Vorbereitung und Verabredung einer Straftat vorgeworfen“.[4]

Die Polizei sprach zunächst von 30, dann von 100 verletzten Beamten. Es wurden 26 Personen festgenommen.[5]

Nachwirkungen[Bearbeiten]

Die Polizei speicherte während der teils gewaltsamen Auseinandersetzungen um die Verhinderung der Neonazi-Demo auf beiden Seiten rund eine Million Handydaten. Sie führte anschließend mehr als 600 Ermittlungsverfahren, da über 100 Polizisten verletzt wurden.

Im August 2011 wurde die Wohnung und Diensträume des Jugendpfarrers Lothar König in Jena durchsucht. Die Staatsanwaltschaft Dresden wirft ihm „Aufwiegelung zum Landesfriedensbruch“ bei den Gegendemonstrationen in Dresden vor.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

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