Allan Willcocks

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Allan Willcocks (* 14. Juli 1869 in Canterbury; † 3. September 1956 in der Nähe von Brighton) war ein englischer Jurist, Gitarrist, Pianist und Komponist. Er gilt neben John Ireland (1879–1962) und Cyril Scott (1879–1970) als Vertreter des sogenannten englischen Impressionismus.

Leben[Bearbeiten]

Jugend[Bearbeiten]

Allan (Andrew) Willcocks wurde am 14. Juli 1869 in der Stadt Canterbury (im Südosten Englands) als zweiter Sohn einer Kaufmannsfamilie geboren. Der Vater, Peter Willcocks, selbst Hobbygitarrist, förderte sehr früh die musikalischen Talente seines Sohnes und trug dafür Sorge, dass Allan bei Giulia Pelzer (1837-1938), Schwester der berühmten Madame Sidney Pratten (1821-1895), das Gitarrespielen erlernte. Nach vier Jahren intensiven Studiums verlagerte sich das musikalische Interesse des 14-jährigen zugunsten des Klaviers und so erhielt er auch regelmäßig privat Klavier- und Orgelstunden in der Nähe seines Heimatortes. Während der Schulferien und auch später in der Zeit, als er die Kadettenschule in Maidstone besuchte, erhielt Allan dann privaten Kompositionsunterricht (wahrscheinlich bei Stephen Priest in Canterbury), später einmal monatlich Harmonielehre und Kontrapunkt am neugegründeten Music Department der University of Brighton.

Studium und Zeit in Paris[Bearbeiten]

Willcocks entschloss sich nach seinem Schulabschluss zunächst Jura zu studieren (in Brighton, anschließend zwei Jahre am University College in London). Die Beschäftigung mit dem noch relativ frisch erschlossenen Fach des Ausländerrechts ermöglichte dem jungen Studenten einen längeren Auslandsaufenthalt in Frankreich. Ab 1895 lebte er zunächst für drei Jahre in Paris, kehrte jedoch für eine kurz Zeit wieder zurück nach England. Hier bewarb er sich im Jahre 1898 vergeblich um die Stelle als Organist an der St. Luke's Church in London (diese ging 1904 dann an John Ireland). Seine zweite Lebensperiode in Paris (ab 1900) sollte 12 Jahre währen. In dieser Zeit fand Willcocks wieder zurück zur Musik, indem er sich den Künstlerkreisen um Cortot, Lejeunes und Casals anschloss und sich in die Kompositionsklasse von Paul Dukas einschrieb. Im Jahre 1903 oder 1904 lernte Willcocks Cyril Scott (1879-1970) in Paris kennen, über den er sich in einem Brief vom 2. Dezember 1904 an seinen Schwager Charles Gremlin äußerte: Gestern trafen wir uns nach der Aufführung seiner Sinfonie. Cyril Scott ist der einzige englische Komponist, der es mit den Franzosen um Debussy und Ravel aufnehmen kann.[1] Familiäre Gründe mögen eine Rolle gespielt haben, dass Willcocks, der zeitlebens Junggeselle blieb, im Jahre 1912 nach England zurückkehrte und eine Anstellung als Jurist in der Anwaltssozietät Alman Brothers annahm. Nach dem Tod der Eltern im Jahre 1924 entschloss er sich jedoch, endgültig nach Paris überzusiedeln. Aber auch sein dritter Parisaufenthalt sollte nicht seine letzte Lebensstation bleiben. Der Suizid seiner einzigen Nichte (Tochter seiner Schwester Patricia) im Jahre 1932 könnte der Anlass gewesen sein, dass er mit 63 Jahren nach England zurückkehrte.[2]

Die letzten Jahre[Bearbeiten]

Willcocks gründete im gleichen Jahr seiner nun endgültigen Rückkehr nach England ein eigenes Anwaltsbüro in Brighton und zog mit seiner Schwester in das nahegelegene Städtchen Peycombe. Dem Komponieren blieb er treu, und so entstanden zwischen den Jahren 1938 und 1946 immerhin ein Streichquartett sowie zwei Klaviersonaten, die jedoch nicht erhalten geblieben sind. Erst mit 83 Jahren gab Allan Willcocks seine Anwaltspraxis auf und verbrachte die letzten vier Jahre seines Lebens weitgehend zurückgezogen zusammen mit seiner Schwester, die ihn pflegte und um fünf Jahre überlebte, in seiner letzten Heimat in der Nähe Brightons, wo er am 3. September 1956 nach einem Schlaganfall verstarb.

Werke[Bearbeiten]

Alle Werke[Bearbeiten]

  • Studies for Guitar (1928)
  • 12 Miniature Preludes (Gitarre, 1932)
  • Streichquartett (1938, verschollen)
  • 2 Klaviersonaten (um 1938/1946, verschollen)
  • 6 new Studies for Guitar (1941)

Werke für Gitarre[Bearbeiten]

Nur ein sehr geringer Teil des Kompositionsschaffens Willcocks ist erhalten geblieben. Sein Stil bewegt sich überwiegend in den Klangsphären des Impressionismus, ähnlich der Musik Debussys und Ravels. Im Jahre 1928 entstanden zunächst sechs Etüden für Gitarre solo ("Studies for Guitar"), später (1941) nochmals sechs. Eine seiner Etüden ist überschrieben mit dem Titel "Le Gibet de Ravel". Hier entlehnt er sowohl zu Beginn als auch zum Ende des Stückes Teile aus Ravels zweitem Satz der Klaviersuite "Gaspard de la nuit" (Gespenster der Nacht), "Le Gibet" (Der Galgen).

Wegweisend sind auch die zum Teil völlig neuartigen Skordaturen im zweiten Band der Etüden ("6 new Studies for Guitar", 1941). Die höchste Saite (üblicherweise ein e') wird in den Nummern 1-6 einen Ganzton tiefer auf d gestimmt. Hinzu kommen in den Etüden 4-6 die Töne fis der dritten Saite (statt g) und Gis der fünften Saite (statt A). Auf diese Weise konnte der Komponist völlig neuartige harmonische Klangstrukturen erzeugen. Die letzte der 1928 geschriebenen Etüden mit dem Titel "Images of Nature" (Naturereignisse) ist von großer spieltechnischer Bedeutung, da hier - ähnlich wie auf dem Klavier - mit beiden Händen gleichzeitig Töne erzeugt werden. Die rechte Hand zupft (Triller bzw. Arpeggien), während die Finger der linken Hand Töne auf dem Griffbrett aufschlagen (hammer on) oder abziehen (pull off).

Im Jahre 1932 schrieb Allan Willcocks "12 Miniature Preludes for Guitar". Richtet der Komponist lediglich in drei Stücken seines Etüdenwerks den Blick auf bestimmte Bilder, so konzentriert er sich bei den Miniature Preludes auf sechs Gemälde (in den Nummern 1, 4, 8, 9, 10, 11) und sechs Gedichte (in den Nummern 2, 3, 5, 6, 7, 12), deren Stimmungen sich unmittelbar auf die Musik übertragen. Hier kann der Komponist, insbesondere bei der Umsetzung von Poesie in Musik, seine ganze Fantasie entfalten und den Zuhörer in die Gedankenwelt der verschiedenen Sujets entführen. Sehr eindringlich gelingt ihm dies im zweiten Prélude (Romance, nach einem Gedicht von Paul Bourget) oder auch in der schwermütigen Atmosphäre der Gedichtadaption Van Lerberghes im sechsten Prélude (O mort, poussière d’ètoiles). Ganz im Kontrast hierzu steht das flächige, ganz auf den harmonischen Entwicklungsprozess konzentrierte Stück Paysage Sentimental nach einem Gedicht von Paul Bourget. Gerade in diesem Prélude sind kompositorische Reminiszenzen an den spätromantischen Stil Gabriel Faurés (1845-1924) unverkennbar.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Allan Willcocks: 12 Studies for Guitar (1928/1941), PRIM-Musikverlag, PRIM 99 104, S. 2, Abs. 3
  2. Allan Willcocks: 12 Studies for Guitar (1928/1941), PRIM-Musikverlag, PRIM 99 104, S. 3, Abs. 1

Quellen[Bearbeiten]

  • Booklettext zur CD "Great studies for guitar" Christophorus CHE 0158-2
  • Allan Willcocks: 12 Studies for Guitar (1928/1941), PRIM-Musikverlag, PRIM 99 104
  • Allan Willcocks: 12 Miniature Preludes for Guitar (1932), PRIM-Musikverlag, PRIM 99 113
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