Abgefahren (2011)

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Filmdaten
Deutscher TitelAbgefahren
Logo Kurzfilm abgefahren.png
ProduktionslandDeutschland
OriginalspracheDeutsch
Erscheinungsjahr2011
Länge20 Minuten
Stab
RegieJörn Michaely
KameraPeter Michaely
SchnittPeter Meiser
Besetzung
Julius Groß, Melanie Wagner, Monika Wystup, Jan Forster (v.l.n.r.) bei der Premierenfeier im September 2011
Szene aus dem Film

Abgefahren ist der zweite Kurzfilm aus der Hand von Jörn Michaely aus dem Jahr 2011. Seine Premiere feierte Abgefahren am 24. September 2011[1] in der St. Ingberter Kinowerkstatt.[2]

Handlung[Bearbeiten]

In dem Film geht es um eine Familie, bestehend aus den Eltern, der Tochter, dem Sohn und einem Hund, deren Vater sich einen Neuwagen kauft, dessen Preis eigentlich den finanziellen Rahmen des Familienbudgets sprengt. Das Hauptaugenmerk des Familienoberhaupts gilt fortan seinem neuesten Erwerb und der Sauberkeit in diesem Gefährt.

Als der Rest der Familie dann zur ersten Fahrt einsteigt, wird die Ordnungsliebe des Vaters auf die Probe gestellt. Die Familie muss die Schuhe ausziehen, der Hund soll die Strümpfe der Kinder tragen. Die Penibilität des Vaters und seine Verliebtheit in das neue Gefährt richten auf der Fahrt allerlei Chaos an, so spielt er etwa mit der Technik des Wagens, mit der Konsequenz, dass sich die Seiten des Bordhandbuches im Innenraum verteilen und die Sitzheizung einen Schokoriegel in der Hosentasche des Sohns zum schmelzen bringt. Als der Hund der Familie einen Blick aus dem Fenster wirft und dabei im Vorbeifahren einen Artgenossen entdeckt, wird er unruhig und beginnt an der Kunststoffummantelung der Schiebetür zu kratzen, was den, durchaus durch den Vater erwünschten, Grund zum Aussetzen des Tieres darstellt. Die Tochter wagt sich, heimlich auf dem Rücksitz ihre Nägel zu lackieren, jedoch rutscht ihr der Nagellack aus der Hand, als der Vater wegen eines Kuhfladens auf der Straße abrupt abbremst, wobei der Lack sich auf dem Boden des Wageninnenraums verteilt.

Neben dem Verlauf der Hauptstory läuft eine Parallelhandlung. Der Film erreicht seinen Höhepunkt bei dem Aufeinandertreffen der beiden Handlungsstränge. Hier geht es um einen Mann, der, ebenso wie der Familienvater, eine Liebe zu seinem Wagen aufgebaut hat, jedoch bei einem Autounfall den "Tod" seines wichtigsten "Partners", nämlich seinem Wagen, verkraften musste, was ihm jedoch nicht gelingt und er sich in Folge dessen selbst umzubringen versucht. Insofern kann man ihn als weitergedachten Charakter des Familienvaters bezeichnen, also könnte der Vater dieselbe Position zu einem späteren Zeitpunkt innehaben.

Der Vater fährt an dem Mann, der nach dem Selbstmordversuch auf der Straße liegt, im Gegensatz zu dem Kuhfladen einfach vorbei, was eine Hysterie und Fassungslosigkeit der Mutter und der Kinder auslöst, welche den Vater veranlasst, am Straßenrand kurz anzuhalten. Der Film lässt jedoch offen, ob er dies zur Beruhigung der Familie macht oder eine Disziplinarmaßnahme durchsetzen will, da er beim Öffnen der hinteren Tür den geschmolzenen Schokoriegel auf dem Sitz und den verschmierten Nagellack im Wageninnern bemerkt, das bisherige Geschehen vergisst und daraufhin Tochter und Sohn grob aus dem Auto wirft. Die Mutter zeigt kein Verständnis für diese Tat der Arroganz und bleibt freiwillig bei den Kindern zurück.

Zum Schluss verfährt der Vater sich, da er auf die Navigation der Mutter angewiesen war, und bleibt in einem Schlagloch stecken. Der Rest der Familie hat unterdessen den ausgesetzten Hund wiedergefunden.

Interpretation[Bearbeiten]

  • Der Selbstmörder auf der Brücke ist der weitergedachte Charakter des Familienvaters. Die Konfrontation mit ihm lässt ihn völlig kalt.
  • Beide Männer personifizieren das Fahrzeug, geben ihm die Rolle des Liebhabers. Diese materielle Liebe würde bei beiden Männern zum Scheitern der Existenz führen, der Vater erhält jedoch noch einen rettenden Umschwung seiner Einstellung, da er seine Hilflosigkeit nach dem Aussetzen der Familie erkennt. Insofern war dieser, für uns unverständliche, Akt notwendig, damit er einen Anstoß zum Überdenken seiner Einstellung erhält.
  • Das Abbremsen für einen Kuhfladen, nicht aber für einen toten Mann auf der Straße zeigt auf, was den Familienvater bewegt: Er verschiebt sein komplettes Empfinden auf den Zustand des Wagens und verspürt für sich keine Emotionen, weswegen man ihm durchaus Eigenschaften eines Psychopathen zuschreiben kann.
  • Der Preis, die Größe und die komfortable Ausstattung des Wagens spiegelt den Drang zur Selbstverwirklichung wieder, die der Familienvater über das Auto zu erreichen versucht. Die Familie versteht sein Handeln dabei nicht.
  • Das Aussetzen des Hundes stellt für den Vater kein Dilemma dar, viel mehr hat er nach einem Grund hierfür gesucht.
  • Der Vater verbietet der Familie, Schuhe zu tragen, behält seine jedoch an. Das unterstreicht seine, aus seiner Sicht, erhabene Stellung gegenüber dem Rest der Familie, deren Würde er somit absenkt.
  • Die Kinder und der Hund werden von dem Vater als "schuldig" dargestellt, weswegen sie ausgesetzt werden. Die Kinder sind barfuß und im Verlauf des Films befreit auch der Hund sich von seinen Fußfesseln, den Socken. Dies verdeutlicht die eigentliche Unschuldigkeit, die hinter dem Verhalten der Angeprangerten steckt.

Kritiken[Bearbeiten]

Die Jury des BDFA kritisierte den Schnitt, lobte aber das Team für seine Motivation und die gelungene gesellschaftskritische Botschaft.

Auszeichnungen[Bearbeiten]

  • Auszeichnungen:
  • Zweiter Platz auf dem saarländischen Landesfilmfestival 2011 des BDFA[3]
  • Nominierungen:
  • Nominiert für Les Petits Claps 2012[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Artikel in der Saarbrücker Zeitung über die Premierenfeier. Abgerufen am 19. November 2011.
  2. Kinowerkstatt St. Ingbert. Abgerufen am 19. November 2011.
  3. Preisträger des Landesfilmwettbewerb des BDFA. Abgerufen am 19. November 2011.
  4. Nominierungen für Les Petits Claps 2012. Abgerufen am 19. November 2011.

Weblinks[Bearbeiten]

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