Aberration (Herleitung mit Hilfe der SRT)
In diesem Artikel geht es um die Herleitung der Formel für die Aberration (Astronomie) mit Hilfe der Lorentztransformation der Speziellen Relativitätstheorie.
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[Verbergen]Die Aberration der Sterne ist nur eine Bezugssystemtransformation (Lorentz-Transformation) der Sternkoordinaten[Bearbeiten]
R. Emden hat in seinem Artikel Aberration und Relativitätstheorie in der Zeitschrift Die Naturwissenschaften, 14. Jahrgang Heft 16 (16. April 1926), auf die selbstgestellte Frage: Wie wird die Richtung des einfallenden Strahles durch die momentane Bewegung der Erde und die Bewegung (nicht den Ort) des Sternes zur Zeit der Aussendung des Strahles beeinflußt? die Antwort gegeben: Gar nicht.
Der Artikel ist unter Emden, R.: Aberration und Relativitätstheorie. In: Die Naturwissenschaften. 14, Nr. 16, 1926, S. 329-335. doi:10.1007/BF01506966. zu finden (siehe Aberration (Astronomie)), allerdings sind nur die ersten beiden Seiten dieses alten Zeitschriftenartikels frei online erhältlich und die Lösung von Herrn Emden ist leider gerade auf den verbleibenden Seiten.
Allerdings ist der Kerngedanke ja bereits in der Einleitung enthalten: Die Richtung des Lichtstrahls ist nicht abhängig von der Geschwindigkeit des Sterns und eigentlich nicht abhängig von der Geschwindigkeit der Erde. Eigentlich bedeutet, dass es nur der Effekt einer Bezugssystemtransformation ist: im heliozentrischen Bezugsystem ändert sich die Richtung nicht, in einem Inertialsystem, das dazu eine Relativgeschwindigkeit hat, muss man die Raumzeit-Koordinaten einfach mit der Lorentz-Transformation umrechnen.
Beispielrechnung[Bearbeiten]
Das Bezugsystem S soll ein (Quasi-)Inertialsystem sein, in dem die Sonne ruht, z.B. das heliozentrische Bezugsystem (Das heliozentrische Bezugsystem ist das bevorzugte Koordinatensystem seit Galileo Galilei.) bzw. besser das baryzentrische Bezugsystem. Dies ist ein sehr gutes Quasi-Inertialsystem für Beobachtungszeiträume von Tausenden von Jahren (Umlaufsdauer der Sonne um das Zentrum der Milchstraße ca. 225 Mio. Jahre, siehe Galaktisches Jahr).[1]
Das Bezugsystem S' soll z.B. gegenüber S sich mit der Geschwindigkeit v = 0,5 c längs der x-Achse bewegen (also auf den Stern hin), so dass bei (x|ct)=(0|0) auch (x'|ct')=(0|0) ist und die für die Transformation der Koordinaten gilt dann: mit , : y'=y ; z=z';
Von irgendeiner Quelle soll nun zur Zeit am Ort ein Lichtstrahl losgeschickt werden, der den Beobachter zur Zeit am Ort trifft. Im Bezugsystem S hat er gegenüber der x-Achse einen Winkel mit und also Im Bezugsystem S' gilt: Also gilt für den Winkel delta' gegenüber der x'-Achse (die mit der x-Achse zusammenfällt): ->
Nun mit Hilfe der bisherigen Theorie: -> -> , also stimmen die Ergebnisse überein.
Ableitung der Formel[Bearbeiten]
Die Ableitung der Formel wird für den Fall betrachtet, dass sich das Licht nur durch Raumbereiche bewegt, in denen die Gravitationsfelder vernachlässigbar sind und also die Lichtausbreitung bereits mit Hilfe der Speziellen Relativitätstheorie ausreichend beschrieben werden kann.
Beobachtung im Ruhesystem S des Baryzentrums des Sonnensystems (i. w. Ruhesystem der Sonne)[Bearbeiten]
Das Ruhesystem S des Baryzentrums ist ein sehr gutes (Quasi-)Inertialsystem für Zeiträume von Tausenden von Jahren, weil sich unser Sonnensystem (erst) in ca. 225 Mio. Jahren einmal ganz um das Zentrum der Milchstraße bewegt (galaktisches Jahr). Die Raumkoordinaten bilden ein Kartesisches Koordinatensystem.
mit sind die (Raumzeit-) Koordinaten im Bezugsystem S, bei denen der Stern das Licht aussendet und sind die Koordinaten, bei denen der Beobachter das Licht wahrnimmt.
Im Bezugsystem S erscheint das Lichtsignal des Sterns also unter dem Winkel: gegenüber der x-Achse, denn das Licht breitet sich in S geradlinig aus.
Beobachtung in einem Inertialsystem S', das sich gegenüber S gleichförmig bewegt[Bearbeiten]
S' bewegt sich bzgl. S mit der Geschwindigkeit , d.h. längs der x-Achse, wobei die x-,y- und z-Achsen von S' und S jeweils parallel zueinander sind (und zum Zeitpunkt zusammenfallen). Sei nun
S' ist ein ebenso gutes (Quasi-)Inertialsystem wie S, die Raumkoordinaten bilden ebenso ein Kartesisches Koordinatensystem und das Licht breitet sich darin geradlinig aus.
Damit gilt für die Richtung des Lichtstrahls in S':
Nach der Lorentz-Transformation gilt nun:
Also ist
Nach dem Satz des Pythagoras beträgt die räumliche Entfernung d von nach nun . Das Licht muss somit zur Zeit vom Stern ausgegangen sein, damit es den Beobachter zur Zeit am Ort erreicht.
Also gilt: und folglich:
Wenn das Lichtsignal des Sterns im Bezugsystem S unter dem Winkel gegenüber der x-Achse erscheint, dann erscheint es im Bezugsystem S' unter dem Winkel mit gegenüber der x'-Achse (die ja ganz auf der x-Achse liegt).
Dies ist die bekannte Aberrationsformel[2] für den einfachen Fall, dass sich S' gegenüber S mit der Geschwindigkeit (v|0|0) bewegt, siehe z.B. engl. Wikipedia-Artikel
Sonderfall: [Bearbeiten]
Für gilt: und damit
Für gilt dann
Die Erde hat bei ihrem Umlauf um die Sonne die mittlere Bahngeschwindigkeit v = 29,78 km/s, also ist v/c = 0,00009935
->
Diskussion[Bearbeiten]
Die Aberration ist also nur ein Effekt des Bezugsystemwechsels beim Beobachter. Der Beobachter auf der Erde rotiert mit der Erde in einem Jahr um die Sonne und in einem Tag um die Achse der Erde und zu unterschiedlichen Zeiten hat sein momentanes Ruhesystem S' also unterschiedliche Geschwindigkeiten gegenüber dem Ruhesystem des Baryzentrums und folglich ändert sich der beobachtete Winkel des Lichtsignals des Sterns im Lauf des Jahres. Würde der sich der Beobachter immer im selben (Quasi-)Inertialsystem befinden, würde der Stern immer an der selben Stelle erscheinen. Die Formel gilt für den Fall, dass sich die Position des Sterns und die Position der Erde im Vergleich zum Abstand Stern-Erde nur geringfügig ändert: Dies ist aber für die allermeisten Sterne der Fall. Die Amplitude der Parallaxe aufgrund der Erdbewegung macht bei einem Stern im Abstand von ≥10 pc = 32,6 Lj nur ≤ 0,1" aus.
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- Hochspringen ↑ Ein noch etwas besseres Quasi-Inertialsystem wäre ein Bezugsystem, in dem das Baryzentrum der Milchstraße ruht oder ein dazu gleichförmig bewegtes (z.B. das momentane Ruhesystem des Sonnensystems).
- Hochspringen ↑ Die obere Formel kann auch in der Form geschrieben werden