Wilfried Soddemann

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Wilfried Soddemann

Wilfried Soddemann (* 28. Mai 1955 in Münster (Westfalen)) ist Bauingenieur, Regierungsbeamter, ehemaliger Leiter des Staatlichen Umweltamtes Aachen. Soddemann beschäftigt sich mit der Qualität von Trinkwasser.[1][2]

Leben[Bearbeiten]

Soddemann studierte Bauingenieurwesen an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) und schloss sein Studium 1979 als Diplom-Ingenieur ab. Von 1979 bis 1981 war er Regierungsbaureferendar der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen und legte die Prüfung zum Bauassessor ab. Von 1983 bis zum 31. August 1988 arbeitete er im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen und war dort u.a. Redenschreiber für den Umweltminister Klaus Matthiesen. 1990 wechselte er nach Aachen in das Staatliche Amt für Wasser- und Abfallwirtschaft, dessen Leiter er von 1990 bis 1994 war. Von 1995 bis zu seiner Amtsenthebung durch die Umweltministerin Bärbel Höhn Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Jahr 2005 war er Leiter des Staatlichen Umweltamtes Aachen.[3]

Ab dem 3. Oktober 1993 waren mehr als 400.000 Bürger der Stadt Aachen und Umgebung aufgefordert worden, das Leitungswasser vor dem Verzehr abzukochen.[4] Seit dieser Zeit befasst sich Wilfried Soddemann mit der Mikrobiologie im Trinkwasser und der Epidemiologie wasserassoziierter Infektionen insbesondere durch Viren.[5] Sein großes Verdienst ist es, die wichtige Diskussion zu Viren im Trinkwasser auch in Deutschland in Gang gesetzt zu haben.

Soddemann vertritt mit seiner epidemiologischen Analyse zu wasserassoziierten Krankheitserregern die Überzeugung, dass das Trinkwasser die meisten wasserassoziierten Infektionen auch tatsächlich auslöst.[6] Um seine Überzeugung zu beweisen, hat Soddemann das von ihm geleitete StUA Staatliche Umweltamt Aachen Proben fertig aufbereiteten Rohwassers ziehen und vom StVUA Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt Krefeld auf humane Rotaviren Typ A untersuchen lassen. 20 % der Trinkwasserproben waren molekularbiologisch Rotavirus positiv (11 von 55).[7] Die Virusnachweise haben im Raum Aachen heftige Diskussionen um die notwendige Trinkwasseraufbereitung ausgelöst, was in einer Anfrage vor dem Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen gipfelte. Aber Umweltministerin Bärbel Höhn Bündnis 90/DIE GRÜNEN redete das Thema klein: "Aufgrund der allgemeinen Risikoeinschätzung sowie aufgrund der noch nicht abgesicherten Routine-Analytik wird derzeit nach Ansicht der Trinkwasserkommission beim Umweltbundesamt eine Roh- und Trinkwasseruntersuchung nur im Zusammenhang mit wissenschaftlichen Fragestellungen für sinnvoll angesehen; eine routinemäßige Untersuchung ist nach Auffassung der Trinkwasserkommission nicht zu begründen.".[8] Soddemann gab nicht auf. Am 23. Juni 2005 hat Soddemann der deutschen Trinkwasserkommission (TWK) des Bundesgesundheitsministeriums beim Umweltbundesamt (UBA) zu Viren im Trinkwasser vorgetragen. Beschluss der TWK:"1. Das UBA ... wird um ein Statement betreffs der Thesen und Hypothesen von Herrn Soddemann zu trinkwasserbedingten Viruserkrankungen gebeten (s. TOP 4). 2. Das UBA ... wird gebeten, ein internationales Expertengespräch zu "Viren im Trinkwasser" zu organisieren (s. TOP 4)."[9] Ausgelöst durch diese von Soddemann initiierten Beschlüsse der TWK und des UBA gab es eine Reihe wichtiger Publikationen zu "Viren im Trinkwasser".[10][11][12] Professor Dr. med. Martin Exner, Vorsitzender der TWK, sprach am 6. März 2012 über die "Virengefahr im Trinkwasser der Ruhr".[13] Die Expertenkommission Programm "Reine Ruhr" und das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Vom Programm „Reine Ruhr" zur Strategie einer nachhaltigen Verbesserung der Gewässer- und Trinkwasserqualität in Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, Februar 2012: "Auch wenn aufgrund der jeweiligen individuellen Beschaffenheit des Rohwassers der Stand der Technik für die einzelne Trinkwasseraufbereitungsanlage zu definieren ist, so ist es aufgrund der oben beschriebenen generellen Situation der Wasserversorgung aus nicht umfassend schützbaren, anthropogen beeinflussten Oberflächengewässern geboten, einen Mindeststandard für alle, die Trinkwasseraufbereitung betreiben, festzuschreiben, der zur Sicherung einer dem vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutz dienenden Wasserversorgung notwendig ist und eine hinreichende Planungssicherheit für Wasserversorgungswirtschaft bietet. Eine dem heutigen Stand der Technik entsprechende Aufbereitung von Trinkwasser, das direkt oder indirekt aus einem anthropogen beeinflussten Oberflächengewässer entnommen wird, muss daher generell mindestens folgende Aufbereitungsstufen umfassen: 1. ein geeignetes Verfahren der Partikelentfernung mit dem Schwerpunkt der Entfernung mikrobiologischer Belastungen ..., 2. eine Ozonierung zum Aufbrechen persistenter Verbindungen, 3. eine technische Adsorptionsstufe mittels Festbett zur möglichst weitgehenden Entfernung von unerwünschten organischen Wasserinhaltsstoffen (Anm.: Filtration mit Aktivkohle), 4. eine Desinfektion des Trinkwassers ... . Alternativ zu den unter 1. bis 2. genannten Stufen der Aufbereitung kann auch eine den Anforderungen der Partikelentfernung (incl. Makromoleküle, Viren und Kolloide) genügende Filtration (Ultrafiltration ...) gewählt werden. Alternativ zu den unter 1. bis 3. genannten Stufen kann auch eine Nanofiltration ... gewählt werden."[14]

Soddemann ist am Ziel. Das Problem der Viren im Trinkwasser ist anerkannt und wird angegangen. Das an der Ruhr Gesagte gilt nicht allein an der Ruhr, es gilt überall.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Mittelbayerische Zeitung: Kritik an Wasserversorger. Abgerufen am 3. Juli 2013.
  2. Homepage "Viren im Trinkwasser". Abgerufen am 4. Juli 2013.
  3. Neue Rheinische Zeitung: Interview mit Wilfried Soddemann. Abgerufen am 3. Juli 2013.
  4. FAZ Aachener sollen Trinkwasser abkochen. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  5. dradio.de: Krankheitserregern im Wasser auf der Spur. Abgerufen am 3. Juli 2013.
  6. Epidemiologische Analyse. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  7. Rotaviren im Trinkwasser StVUA Krefeld 2004. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  8. Kleine Anfrage 2107 13. Wahlperiode Drucksache 13/6480. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  9. TWK Protokoll 23.06.2005. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  10. Workshop UBA Berlin 23.11.2005. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  11. Trinkwasser Viren Risikoabschätzung. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  12. Viren im Trinkwasser Botzenhart. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  13. Virengefahr Trinkwasser Ruhr. Abgerufen am 4. Juli 2013.
  14. Programm Reine Ruhr 2012. Abgerufen am 4. Juli 2013.
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