Wildwasser (Verein)

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Wildwasser Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V.
Zweck: Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen
Vorsitz: Kerima Bouali, Marianne Burkert-Eulitz, Claudia Rippin, Wiebke Müller, Katrin Schwedes
Gründungsdatum: 1983
Sitz: Berlin
Website: www.wildwasser-berlin.de

Wildwasser, Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V. (kurz: Wildwasser e.V.) ist ein eingetragener als gemeinnützig anerkannter Verein von Frauen, der sich 1983 aus einer Selbsthilfegruppe gründete. Bundesweit arbeiten verschiedene Vereine unabhängig und eigenverantwortlich unter dem Namen Wildwasser. Viele dieser Vereine sind Mitglied in der Bundesarbeitsgemeinschaft Feministischer Organisationen gegen Sexuelle Gewalt in Berlin. Der Verein ist anerkannter Träger unterschiedlicher Hilfsangebote für Mädchen und Frauen, die als Mädchen oder Jugendliche sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren, Angehörige und unterstützende Personen.

Leitbild des Vereins[Bearbeiten]

Wildwasser e.V. Berlin arbeitet auf der Grundlage eines feministischen, parteilichen und interkulturellen Konzepts.

Feministische Grundhaltung[Bearbeiten]

„Der Verein arbeitet auf der Grundlage eines feministischen Konzepts. Unter Feminismus versteht Wildwasser eine politische Haltung, die sich gegen strukturelle Gewalt und jede Form von Diskriminierung wendet.“[1]

Wildwasser setzt sich für die Überwindung der Benachteiligung von Mädchen und Frauen, für sexuelle Selbstbestimmung und gegen Gewalt in der Gesellschaft ein. Wildwasser bietet Schutzräume, in denen Hilfsangebote zur Verfügung stehen, die es ermöglichen, dass betroffene Mädchen und Frauen sich nicht als Opfer eines individuellen Schicksalsschlags sehen, sondern als handelnde Subjekte, die fähig sind, gesellschaftliche Strukturen zu erkennen und zu verändern.[2]

Parteilichkeit[Bearbeiten]

„Das Unterstützungsangebot ist parteilich, da es die Selbstbestimmung von Mädchen und Frauen in den Mittelpunkt rückt und sich gegen die gesellschaftliche Toleranz von Gewalt stellt. Die Gewalterfahrungen von Mädchen und Frauen werden nicht individualisiert, sondern im Kontext struktureller Gewalt verstanden.“.[3] Das Konzept der Parteilichkeit entstammt der kritischen Sozialwissenschaft. Gefragt wird dabei nach dem individuellen Standort der Forschenden und bezieht deren gesellschaftliche Involviertheit in die Analysen mit ein. Der Standpunkt der Beraterin muss vor dem Hintergrund ihrer Klassen- und Geschlechts- und ethnischen Zugehörigkeit, ihrer ethischen Haltung, ihres Alters und der persönlichen Geschichte reflektiert werden.[4] In Bezug auf eigene Betroffenheit von sexualisierter Gewalt bedeutet dies, ``die eigenen Erfahrungen mit sexueller Gewalt zu reflektieren und angeeignete Einstellungen zu Tat, Opfer und Täter zu überprüfen, zu kontrollieren und gegebenenfalls zu ändern, (…)``.[5] Sexualisierter Gewalt kann nicht bloß auf psychologischer und sozialpädagogischer Ebene begegnet werden, ebenso wenig ist eine Fokussierung auf politische Analysen und Aktionen sinnvoll.[6] In der Beratungsarbeit werden Perspektiven gesucht, die es ermöglichen eigenverantwortlich in schwierigen Strukturen zu handeln. Es versteht sich dabei von selbst, dass die Klient_innen Ziel und Tempo (mit)bestimmen. Mädchen und Frauen werden als die Expertinnen ihrer Lebenssituation verstanden und ernst genommen. Ihnen wird individuell begegnet und nicht vor dem Hintergrund von Diagnosen, Einordnungen und Stigmatisierungen. Zentral ist, dass trotz des Wissens um die benachteiligenden gesellschaftlichen Verhältnisse, Frauen und Mädchen nicht als „Opfer der Machtstrukturen“ gesehen werden, sondern als Handelnde.

Interkulturelle Kompetenz[Bearbeiten]

Um Menschen aus verschiedenen Kulturen anzusprechen und ihren kulturellen Kontext zu berücksichtigen, werden gezielt Mitarbeiterinnen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen eingestellt und die interkulturelle Kompetenz aller Mitarbeiterinnen gefördert. Sexualisierte Gewalt kommt in allen sozialen Schichten und Kulturen vor. Die Folgen für die Betroffenen sind sehr ähnlich. Dennoch entstehen durch strukturelle und soziale Diskriminierung (z.B. durch einen ungleichen Rechtsstatus, erzwungene politische Unmündigkeit oder durch soziale Abwertung und Ausgrenzung) zusätzliche Schwierigkeiten für Betroffene mit nichtdeutscher Herkunft. So bekommt die Familie einen höheren Stellenwert, da sie vor den ausgrenzenden und abwertenden gesellschaftlichen Bedingungen schützt. Findet innerfamiliäre Gewalt statt, ist es für die Betroffenen besonders schwer, sich nach außen zu wenden. Der kulturelle und religiöse Hintergrund und die damit eventuell verbundenen Scham- und Schuldgefühle müssen berücksichtigt werden, um kultursensible Beratung zu ermöglichen.

Angebote[Bearbeiten]

  • Mädchenberatungsstellen in Wedding und Mitte,
  • Mädchennotdienst: Krisenwohnung für Berlin und Anlaufstelle,
  • Interkulturelle Wohngruppe DonyA für Mädchen,
  • Ambulante Hilfen zur Erziehung,
  • Betreutes Wohnen für Mädchen
  • Frauenselbsthilfe mit Frauenberatung, Frauennachtcafe und Frauenladen

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Anita Heiliger: ``Sexueller Misbrauch an Kindern: 30 Jahre Öffentlichkeit, Aufklärung, Maßmahmen.`` In: Wildwasser Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V.: ``Sexuelle Gewalt aktuelle Beiträge aus Theorie und Praxis.`` Berlin 2007, S. 10 - 30
  • Barabara Kavemann: ``Zwischen Politik und Professionalität - Das Konzept der Parteilichkeit.`` in: Carol Hagemann - White/ Barbara Kavemann/ Dagmar Ohl: ``Parteilichkeit und Solidarität. Praxiserfahrungen und Streitfragen zu Gewalt im Geschlechterverhältnis.`` Bielefeld, 1997

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. (Sgori, 1989 und Voss/Hallstein, 1993 zitiert in: http://www.wildwasser-berlin.de/tl_files/wildwasser/Dokumente/wiwa_selbstdarst_2008.pdf. S. 10, Zugriff 12.12.09)
  2. (vgl. ebd. S. 12f)
  3. (ebd. S. 13)
  4. (vgl. ebd. S. 13f)
  5. (Anita Heiliger: ``Sexueller Misbrauch an Kindern: 30 Jahre Öffentlichkeit, Aufklärung, Maßmahmen.`` In: Wildwasser Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen e.V.: ``Sexuelle Gewalt aktuelle Beiträge aus Theorie und Praxis.`` Berlin 2007, S. 13)
  6. (vgl. B. Kavemann, „Zwischen Politik und Proffessionalität: Das Konzept der Parteilichkeit", S. 181)
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