Studentische Vereinigung Die Rodensteiner
Studentische Vereinigung | ||||||
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Wappen | Zirkel | |||||
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Basisdaten | ||||||
Hochschulort: | Freiburg (Schweiz) | |||||
Hochschule/n: | Universität Freiburg (Schweiz) | |||||
Gründung: | 1898[1] | |||||
Korporationsverband: | SWR (Gründungsmitglied) | |||||
Kürzel: | R! | |||||
Farbenstatus: | farbentragend | |||||
Farben: |
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Mütze: | Schwarze Mütze, Weisser Stürmer | |||||
Art des Bundes: | Männerbund | |||||
Religion / Konfession: | konfessionslos | |||||
Stellung zur Mensur: | pflichtschlagend | |||||
Wahlspruch: | Bibite et laborate! | |||||
Waffenspruch: | Numquam retrorsum! | |||||
Mitglieder insgesamt: | ca. 100 (Stand: 2023) | |||||
Website: | www.rodensteiner.ch |
Die Studentische Vereinigung «Die Rodensteiner» ist eine Studentenverbindung an der zweisprachigen Universität Freiburg (Schweiz). Gegründet wurde die Korporation am 13. Februar 1898 von (mehrheitlich) deutschen Waffen- resp. Corpsstudenten.[2] Der Gründungsname geht auf die von Joseph Victor von Scheffel besungene Rodensteiner-Sage des Junker Hans III. zu Rodenstein zurück, die in vielen Studentenliedern eine Rolle spielt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte und Eigenschaften[Bearbeiten]
Gründung und Entwicklung[Bearbeiten]
Unter der Führung des Göttinger Hercynen Wilhelm Bartsch [3] treffen sich 1896 deutsche Studenten zu einem regelmässigen Kränzchen mit dem Namen „Verein Tüchtiger Kräfte (V.T.K.)“ [4] in der Schweiz und immatrikulieren sich schliesslich an der jungen Universität Freiburg (Schweiz). Der V.T.K. wächst und Mitglieder bereits existierender Studentenverbindungen (u.a. Karl Luyken) treten bei. Es entsteht ein innerer Kreis, der sich selbst „Erdbebenklub“ nennt und ein täglich stattfindendes Zusammensein („Sitzung“ genannt) organisiert. Der Vorsitzende der Sitzung trägt erstmals eine rot-weisse Mütze.[5] Da immer mehr Studenten um Mitgliedschaft anfragen und das akademische Fechten erlernen wollen, wird am 13. Februar 1898 die Studentische Vereinigung «Die Rodensteiner» gegründet und kurz darauf werden die Statuten der Universität eingereicht und genehmigt.[6]
Nach Gründung einer Hausgenossenschaft wurde 1959 ein eigenes Koporationshaus gekauft, jedoch 1967 bereits wieder verkauft. Heute besitzt die Hausgenossenschaft verschiedene Wohnungen für Studenten in der Nähe der Kathedrale St. Nikolaus, wo sich auch eine Kneipe befindet.
Von 1987 bis zu seiner Verhaftung 1990 war ein Stasi-Spion Mitglied der Studentenverbindung. Der Ostdeutsche gab vor, er wäre Schweizer Abstammung und wolle zurück in sein Heimatland. Dafür nahm er eine falsche Identität an, absolvierte die Rekrutenschule der Schweizer Armee und schrieb sich an der Universität ein. Nach seiner Enttarnung durch die Polizei wurde er cum infamia (lat. für „mit Schimpf und Schande“) ausgeschlossen. Er wurde durch das Strafamtsgericht in Bern zu 16 Monaten Gefängnis sowie 10 Jahren Landesverweis verurteilt.[7]
Die Paul Rhyner Stifung [8] veranstaltet seit 1989 jährlich stattfindende, wissenschaftliche Vorträge in Zusammenarbeit mit der Freiburger Naturforschenden Gesellschaft und der naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität, ebenso verleiht sie Preise für überdurchschnittliche Leistungen an Absolventen der naturwissenschaftlichen Fakultät.[2]
Im Jahr 2023 beging die Verbindung ihr 125. Stiftungsfest.
Grundwerte und Auffassung[Bearbeiten]
Als Gründung von (mehrheitlich) deutschen Corpsstudenten und als einzige Verbindung an der Universität Freiburg (Schweiz) ist die Korporation dem Toleranzprinzip verpflichtet, politisch neutral und konfessionslos.[9] Daher kann jeder Student, ungeachtet von sozialer Herkunft, Nationalität, Religion, politischer Einstellung und gewähltem Studium der Verbindung beitreten.
Studentische Vereinigung[Bearbeiten]
Aufgrund der Verschiedenheit der waffenstudentischen Herkunft der Gründungsmitglieder und als Sammelpunkt für alle an der örtlichen Universität immatrikulierten Waffenstudenten in der ansonsten katholisch, d.h. mensur-kritisch geprägten Stadt [10] verzichtet man bewusst auf den Anschluss an einen bestimmten Dachverband und nennt sich neutral „Studentische Vereinigung“. Aus diesem Grundsatz und dem hohen Anteil ausländischer Studierender heraus erklärt sich, weshalb eine Mehrheit der Rodensteiner gleichzeitig Mitglied in einer anderen Korporation sind oder als Verkehrsgäste oder Ehrenmitglieder aufgenommen werden, wenn die Statuten eine Bandaufnahme nicht erlauben.
Mensur[Bearbeiten]
Die Verbindung ist pflichtschlagend, d. h., sie verlangt von ihren Mitgliedern das Schlagen von Bestimmungsmensuren. Im Gegensatz zu Contrahagen (Persönliche Contrahage oder Pro-Patria-Suite) liegt Bestimmungsmensuren kein Zwist der Paukanten zugrunde, sondern werden freundschaftlich untereinander vereinbart. Die Vereinigung ist Gründungsmitglied des Schweizerischen Waffenrings, entsprechend stehen die Rodensteiner bis heute zum Prinzip der unbedingten Satisfaktion.
Weiterführende Literatur zur Stellung der Mensur in der Schweiz:
- Peter Hauser: Schießen, knallen, knipsen. Die Pistolenmensur in Deutschland, Österreich, im Baltikum und in der Schweiz. Einst und Jetzt, Bd. 57 (2012), S. 135–302.
- Peter Hauser: Die Säbelmensur in Deutschland, in der Schweiz und in Österreich. WJK-Verlag, Hilden 2017, ISBN 978-3-944052-75-5.
- Peter Hauser: Zur Strafbarkeit von Duell und Mensur in der Schweiz – einst und jetzt. Einst und Jetzt, Bd. 65 (2020), S. 233–258.
Studentengeschichte[Bearbeiten]
Die Verbindung stellt selbst einige renommierte Studentenhistoriker und ist Mitglied der Schweizerischen Vereinigung für Studentengeschichte und hilft bei deren Publikationen und Ausstellungen mit:
- Schweizer Commersbuch, 3. Auflage, Bern 2014, ISBN 978-3-85621-230-8
- Ausstellung: Farben tragen, Farben bekennen. Museum Altes Zeughaus Solothurn (1993).
- Von Ehrenhändel und studentischer Mensur. Museum Altes Zeughaus Solothurn (2002).
Der Studentenhistoriker Paul Ehinger erhielt Waffenschutz durch die Verbindung.
Berühmte Mitglieder (chronologische Auswahl)[Bearbeiten]
- Wilhelm Bartsch (1873–1959), Jurist, Freiburger Grossrat, Grossratspräsident, Mitgründer der Rodensteiner
- Karl Luyken] (1874–1947), Geophysiker, Südpolarexpeditionsteilnehmer, Mitgründer der Rodensteiner
- Raymond de Girard (1862–1944), Geologe, Professor und ehem. Rektor der Universität Freiburg i.Ue.
- Primus Lessiak (1878–1937), Altgermanist und Sprachenforscher, Professor an der Universität Freiburg i.Ue.
- Alfons Otto Graf von Gandolfi-Hornyold (1879–1937) 2nd Duca Gandolfi, 15th Marchese di Melati, 11th Conte di Gazzelli and Chiosanica, Zoologe, Professor an der Universität Freiburg i.Ue.
- Adolph Anton von Gemmingen (1886–1963), Jurist, grossherzoglich-hessischer Hofjunker, Landrat
- Adolf Niedhammer (1878–1964), Jurist, Bezirksamtsmann, Landrat, Oberregierungsrat
- Wolfgang Stammler (1886–1965), Germanist und Literaturhistoriker
- Max Richter (1892–1981), Anwalt und Studentenhistoriker [3]
- Herbert Lüthy (1914–1996), (Medizin-)Physiker und Studentenhistoriker
- Carl-Emanuel Herzog von Croÿ (1914–2011), 14. Herzog von Croÿ, Ehren- und Devotionsritter des Souveränen Malteserordens [4]
- Paul Rhyner (1924-1986), Physiker, Professor an der Universität Freiburg i.Ue.
- Rudolf Schneiter-Aebischer (1926-2009), Chemiker und Industriekapitän [5]
Literatur[Bearbeiten]
- Max Richter, Auf die Mensur!, Geschichte der schlagenden Korporationen der Schweiz, 3. Auflage, Luzern 1978.
- Max Richter, Geschichte der Studentischen Vereinigung „Die Rodensteiner“ in Freiburg/Schweiz, Festschrift zum 50. Stiftungsfest, 1948.
- Martin Haas (Hrsg.), Die Rodensteiner 1898–1998, Festschrift zum 100. Stiftungsfest, 1998.
- Edith Cécile und Jochen Frenzel-Bartsch: Willy Bartsch, S. 45–50.
- Hans Bächler: Der Politiker Willy Bartsch, S. 50–52.
- Herbert Lüthy, Waffenstudententum und Corpswesen in der Schweiz, Handbuch des Kösener Corpsstudenten, 4. Ausgabe (1953), S. 125–131.
- Periodika, Der Rodensteiner (Rodensteinerzeitung), Eigenverlag, Freiburg i.Ue. 1898
- Ernst-Günter Glienke: Civis Academicus 2005–2006, Handbuch der deutschen, österreichischen und schweizerischen Korporationen und studentischen Vereinigungen an Universitäten und Hochschulen sowie Schülerverbindungen. Redaktion: Ernst Thomas. SH, 2004, ISBN 3-89498-149-0, Hrsg. Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte.
- Peter Platzer, Gottfried Wirth: Helveticus – Verzeichnis Schweizerischer Verbindungen. Bern 2000
- Robert Develey: Geschichte der schweizerischen corporierten Studentenschaft im 19. Jahrhundert, 2 Bände. Bern 1995.
- Paul Ehinger: Studentenverbindungen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Lynn Blattmann, Rudolf Braun: Formen sind kein leerer Wahn – Verhaltenskultur der schweizerischen Studentenverbindungen 1880–1920. Zürich 1990/91 (Konstanz 1997).
- Bernhard Grün, Christoph Vogel: Die Fuxenstunde. Handbuch des Korporationsstudententums. Bad Buchau 2014, S. 245–246, ISBN 978-3-925171-92-5.
- Ronald Roggen: Auf die Mensur!, 2014, NZZ [6]
- Erwin Bischof: Verräter und Versager: Wie Stasi-Spione im Kalten Krieg die Schweiz unterwanderten, 2013, S.77-81, ISBN 978-3952409916.
Zur Rodensteinersage:
- Werner Bergengruen, Das Buch Rodenstein, Novellenzyklus 1927 (erweitert 1951).
- Theodor Meisinger, Der Rodensteiner. Geschichte und Wandlungen einer deutschen Sage, Hessische Volksbücher Nr. 4/5, 1954.
- Albert Ludewig Grimm, Die malerischen und romantischen Stellen des Odenwaldes in ihrer Vorzeit und Gegenwart, 1843. Vollständiger Text
- Das Rodensteiner Geisterheer [7]
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ Max Richter: Auf die Mensur. Geschichte der schlagenden Korporationen der Schweiz, 3. Auflage, Keller & Co., Luzern, 1978, S. 95.
- ↑ Max Richter, Geschichte der Studentischen Vereinigung „Die Rodensteiner“ in Freiburg/Schweiz, Festschrift zum 50. Stiftungsfest, 1948, S. 10
- ↑ Kösener Corpslisten 1960, 43/93; 47/12
- ↑ Max Richter, Geschichte der Studentischen Vereinigung Die Rodensteiner in Freiburg/Schweiz, S. 30
- ↑ Max Richter, Geschichte der Studentischen Vereinigung Die Rodensteiner in Freiburg/Schweiz, S. 31
- ↑ Max Richter, Geschichte der Studentischen Vereinigung Die Rodensteiner in Freiburg/Schweiz, S. 32
- ↑ Erwin Bischof, Verräter und Versager: Wie Stasi-Spione im Kalten Krieg die Schweiz unterwanderten, S. 77-79. La Liberté (Zeitung), 6. März 2013, S. 3.
- ↑ Paul Rhyner Stiftung, Stiftungsverzeichnis [1]
- ↑ Martin Haas (Hrsg.), Die Rodensteiner 1898-1998, Festschrift zum 100. Stiftungsfest, S. 124 f.
- ↑ Max Richter: Auf die Mensur. Geschichte der schlagenden Korporationen der Schweiz, 3. Auflage, Keller & Co., Luzern, 1978, S. 96.