Städel-Abendschule

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Städel-Abendschule

BW

Schulform Abendschule
Gründung 1947
Schließung 2012
Ort Frankfurt am Main
Land Hessen
Staat Deutschland
Koordinaten 50° 7′ 10″ N, 8° 44′ 28″ O50.1193658.740995Koordinaten: 50° 7′ 10″ N, 8° 44′ 28″ O
Schüler 120
Website www.staedel-abendschule.de

Die Städelschule, heute Staatliche Hochschule für Bildende Künste – Städelschule, ist eine Kunsthochschule in Frankfurt am Main. Die Städel-Abendschule in der Daimlerstraße 32–36 ist Teil der Städelschule.

Geschichte[Bearbeiten]

Die Stiftungsgelder des namensgebenden Frankfurter Bankiers und Kaufmanns Johann Friedrich Städel wurden entsprechend ab 1817 in eine Kunstsammlung und in eine Kunstschule unter dem Namen Städelschen Kunstinstituts geleitet.

„In unserer Schule wollen wir alle ganz von vorne beginnen, auf welcher Entwicklungsstufe der einzelne auch stehen mag.“

In diesem Sinne eröffnete Professor Wilhelm Heise, damaliger kommissarischer Leiter der Städelschule, Hochschule für Bildende Künste, am 24. April 1947 die Abendschule. Gegründet wird die Abendschule als Vorkurs und Alternative zu einem Kunststudium. Nach zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft ist das Programm der Abendschule Teil der demokratischen Neuorientierung. Es ist bezeichnend, dass die ersten Schulleiter, Theo Garve und Walter Hergenhahn, Schüler des als „entartet“ diffamierten und seit 1933 mit Berufsverbot belegten Max Beckmann sind, der 1937 über Paris nach Amsterdam emmigiert war. Die Idee einer Vorklasse schien sinnvoll, da grundlegende mal- und zeichentechnische Einführungen in der Hochschule nicht mehr vorgesehen waren. Ein Vertrag vom 16./19. September 1946 zwischen dem Land Hessen und der Stadt Frankfurt am Main verpflichtet die Stadt, die Hochschule jährlich in der Höhe der ungedeckten Ausgaben zu bezuschussen. Die Abendschule bleibt in diesem Vertrag und auch in der ersten Satzung der Hochschule unberücksichtigt. Seit ihrer Entstehung war die Abendschule immer wieder von Schließung bedroht. Das erste Mal kündigte Direktor Wilhelm Heise schon im Dezember 1950, drei Jahre nachdem er die Abendschule eröffnet hatte, die mit den Lehrenden getroffenen Vereinbarungen, weil die Abendschule nicht kostendeckend arbeitete. Nur weil Heise aus dem Amt schied blieb die Abendschule erhalten.

Der Unterricht an der Abendschule steht Interessierten von Anfang an unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem und nationalem Hintergrund sowie Vorkenntnis offen und wird abends angeboten, damit er auch berufsbegleitend wahrgenommen werden kann. In Notzeiten nach dem Krieg ging man davon aus, dass nur sehr wenige Künstler allein von der Kunst würden leben können. Dass sich gleich für das erste Semester sich 35 Männer und 36 Frauen einschrieben zeigt den Bedarf nach einer solchen Einrichtung. 50 weitere Anfragen konnten sogar aus Platzgründen nicht berücksichtigt werden. Die Anzahl der Abendschüler schwankte zwischen heute 50 und 150 eingeschriebenen Abendschülern, zum Teil mit Warteliste.

2009 stand die Schule kurz vor der Schließung.[1][2] 2012 trennte sich die Trägerin aus finanziellen Gründen von der Abendschule.[3]

65 Jahre Städel-Abendschule in Frankfurt[Bearbeiten]

Das Ausbildungsangebot und -konzept

Karl Bohrmann, der Leiter der Abendschule in den siebziger Jahren, formulierte 1975, die Schule biete „ein einigermaßen breites Kunststudium, quasi im zweiten Bildungsweg“. Das gilt bis heute. Das Angebot der Abendschule richtet sich an alle Menschen ab dem 16. Lebensjahr, die an einer fundierten künstlerischen Ausbildung interessiert sind, unabhängig von ihrem nationalen, kulturellen, sozialen, beruflichen und biographischen Hintergrund. Es gibt weder eine Aufnahmeprüfung noch ein Diplom. Die Schule kann unabhängig von Schulabschlüssen und Vorkenntnissen besucht werden, und das zu einem für jeden erschwinglichen Preis. Die Semestergebühr beträgt zur Zeit € 464,10. Die Zeiten der Studiensemester der Städel-Abendschule entsprechen denen der Hochschule. Die Studiendauer an der Abendschule ist auf 10 Semester begrenzt.

An den fünf Wochentagen bietet die Abendschule in der Zeit von 18.00 bis 21.00 Uhr meist drei parallel laufende Angebote, die den Unterricht in Kunstgeschichte, Zeichnen, Malerei und Bildhauerei wie auch das freie Arbeiten mit Modellen umfassen. Es stehen an einem Abend bis zu drei Modelle gleichzeitig zur Verfügung. Der Mittwoch ist derzeit für die Kunstgeschichte reserviert. Dieser Unterricht findet im Wechsel als Theorievorlesung oder vor Originalen in den verschiedenen, vorrangig Frankfurt Museen statt.

Auf Phasen intensiven Studiums während des Semesters folgt die vorlesungsfreie Zeit, in der Eindrücke verarbeitet werden, das Gelernte integriert und der jeweilige individuelle Ansatz vorangetrieben werden kann. Die Ausbildung ist professionell, fundiert und breit gefächert. Sie ist von der Ausrichtung her klassisch, besitzt aber genug Offenheit und Flexibilität, dem eigenen Suchen und Finden Raum zu geben. Und das findet eben nicht nur über ein zeitlich eng begrenztes Kursangebot statt, sondern kontinuierlich über mehrere Jahre hinweg. Künstlerische Suche ist an der Abendschule nicht modularisiert sondern ganzheitlich gedacht.

Die Lehrenden sind engagiert und fordern und fördern persönlich und differenziert. Hier wird nicht Kunst von der Stange gelehrt. Die Teilnehmer werden gefordert, egal wo sie in ihrer Entwicklung stehen, mit- und weiter zu denken und werden in ihrer Aufmerksamkeit geschult. Gemeinsame Bildbesprechungen erweitern den jeweiligen Horizont.

Ein besonderes Highlight sind die in jedem Semester organisierten Ausstellungen mit Exponaten von Abendschülern. Die Vorbereitungen dazu sind Teil des Unterrichtes. Anfänglich fanden die Ausstellungen in den Räumen der Hochschule statt. Heute dienen das Foyer des Gallus-Theaters und die Kantine in der Daimlerstraße als Ausstellungsorte.

Neben der praktischen Ausbildung im Malen, Zeichnen und Bildhauerei gehört der Unterricht in Kunstgeschichte und -theorie zur Ausbildung. Kurt Schwarzweller, damals Leiter der Graphischen Sammlung des Städelschen Kunstinstituts, gestaltet den Unterricht ab 1947 mit Diavorträgen. Bereits sein Nachfolger Christian Lenz, Kurator am Städelschen Kunstinstitut, erweitert das Programm um Bildbetrachtung vor Originalen und somit seither um Besuche von Museen und Ausstellungen. Inge Hacker reist mit ihren Schülern nach Paris, Venedig, zur documenta nach Kassel und nach Köln. Mit Christiana Protto und derzeit Monika Romstein unterrichten Künstlerinnen und eröffnen einen durch praktisches Arbeiten geschulten Zugang.

Die Basis des praktischen Unterrichtes an der Abendschule ist seither das Aktzeichnen und das Malen mit Modell. Im Rahmen dieses Programmes, haben die Leiter der Schule verschiedene Schwerpunkte gesetzt:

  • Theo Garve (1947–1956)
    Der Max-Beckmann Schüler hatte vor seinem Studium eine Lehre als Maschienenbauer absolviert. Schwerpunkt seines Unterrichts ist die Vermittlung grundlegender künstlerischer Techniken. Der Einfluss Beckmanns zeigte sich in verschachtelten Aufbauten, durch deren Abzeichnen die Fähigkeit zur räumlichen Darstellung geschult werden sollte.
  • Walter Hergenhahn (1956–1972)
    Auch er ist ein Schüler von Max Beckmann. Als Maler und als Lehrer bleibt der Figuration verplichtet, als gegenstandslose und informelle Malerei zum herrschenden Stil werden. Seinen Unterricht erweitert er um Arbeitsausflüge ins Freie und er zeigt seinen Schülern einen bohemehaften Lebensstil. "Freiheit" ist in dieser Zeit nicht nur ein künstlerisches Programm.
  • Karl Bohrmann (1972–1980)
    Karl Bohrmann formulierte 1975 in einem Brief an den damaligen Kultusdezernenten Hilmar Hoffmann, es gehe bei der Abendschule um „ein einigermaßen breites Kunststudium, quasi im zweiten Bildungsweg“. Die Abendschule erlebt unter ihm einen Aufschwung. Seitdem müssen keine Anzeigen mehr geschaltet werden, um potentielle Studierende anzulocken. Das Angebot wird unter anderem um Kurse zur Bildhauerei (Ann Reder, heute noch Dozentin an der Abendschule) erweitert. Exkursionen ans Meer und nach Amsterdam finden statt.
  • Peter Engel (1980–1985)
    Peter Engel formuliert in einem Brief an den damaligen Leiter der Hochschule, Reimer Jochims, den Schülern solle eine fundierte Ausbildung in den technischen Grundlagen der verschiedensten künstlerischen Gattungen von der Malerei bis zur Druckgraphik, ergänzt durch kunsttheoretisches Wissen, an die Hand gegeben werden. Mit seinem strukturierten, akademischen Programm ergänzt er den freien Unterricht seines Vorgängers.
  • Bernhard Jäger (1985–2000)
    Bekannt als Drucker und Verleger von Künstlerbüchern und als Mitbegründer der Gulliver-Presse, beginnt er den Unterricht verbindlich mit zwei Semestern Aktzeichnen. Weil die Abendschule nur noch am Rande als Vorkurs für die Hochschule genutzt wird, gelingt eine engere Verzahnung mit der Hochschule nicht. Immer mehr Teilnehmer begreifen den Unterricht an der Abendschule als zweiten Bildungsweg. In einer eigens eingeführten „Sprechstunde“ berät und unterstützt Bernhard Jäger seine Schüler.
  • Nicole Van den Plas (2000–2007)
    Nach 20 Jahren Lehrtätigkeit an der Abendschule übernimmt die Künstlerin die Leitung. Sie will vor allem die Wahrnehmung, das „Sehen“ schulen. Entsprechend frei und individuell gestaltet sich der Unterricht. Die Existenz der Abendschule bleibt bedroht. Einen Beitrag zur Entlastung bieten die engagierten Lehrkräfte in dem sie seit 2005 in den Semesterferien unentgeltlich Kurse anbieten. Zudem gründen Lehrer und Schüler den „Freundeskreis der Abendschule der Städelschule e.V.“ einen gemeinnützigen Verein zur Unterstützung der Schule durch Spenden und Beiträge.
  • Vroni Schwegler (seit 2007 bis 2013)
    Die ehemalige Nitsch-Schülerin, die an der Abendschule unterrichtete, bevor sie die Leitung übernahm, unterrichtet konzeptionell und prozessorientiert, fördert individuell und schafft ein Klima lebhaften Austauschs. Reinhard Kohler, der an der Hochschule Maltechnik und Farbtheorie lehrt, bietet seit 2008 dieses Programm auch an der Abendschule an und ist so, wie vor ihm schon Karl Bohrmann und Bernhard Jäger an beiden Institutionen tätig.

Tradition[Bearbeiten]

Die 65 Jahre des Bestehens der Abendschule bilden schon eine eigene Tradition nicht elitärer künstlerischen Praxis. Darüber hinaus findet sich aber schon bei Johann Friedrich Städel, dem Stifter des gleichnamigen Instituts, das Anliegen der Breitenbildung. In seinem Testament fordert er, dass das Kunststudium allen Begabten, ohne Unterschied des Geschlechts und der Religion, für Unbemittelte sogar unentgeltlich ermöglicht werden soll..

Weblinks[Bearbeiten]

  • www.staedel-abendschule.de

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Christoph Schütte: Frankfurt: Städel-Abendschule vor dem Ende. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Januar 2009, abgerufen am 25. Juli 2015.
  2. Kim Behrend: Städel: Abendschule vor dem Aus. In: Frankfurter Rundschau. 5. Februar 2009, abgerufen am 25. Juli 2015.
  3. Günter Murr: Keine Zukunft für die Abendschule. In: Frankfurter Neue Presse. 15. Juni 2012, abgerufen am 25. Juli 2015.
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