Rudolf Gyptner

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Rudolf Gyptner (* 4. Januar 1923 in Hamburg-Altona; † 28. November 1944 bei Pawonkow im Kreis Loben) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. In der DDR wurde er als jugendlicher Held im Kampf gegen den Faschismus geehrt.

Jugend und Familie[Bearbeiten]

Sein Vater Richard Gyptner hatte in Hamburg die KPD und den KJVD mit begründet und wurde später der Botschafter der DDR in der Volksrepublik China und der Volksrepublik Polen. Da seine Mutter nach der Geburt nach Moskau reiste, wo sein Vater sich aufhielt, verbleib er in Hamburg für die nächsten zwei Jahre bei seiner Tante Ella. Im Jahre 1925 reiste er zu seinen Eltern nach Moskau, wo er bis 1929 bei ihnen wohnte. Dort lernte er auch die russische Sprache, wobei die Haushaltshilfe sich als seine "Lehrerin" betätigte. Schon als Kind konnte er in Moskau sehen, wie schwer sich die damaligen Lebensverhätnisse nach dem Russischen Bürgerkrieg für die Bewohner auswirkten.

Anfang 1929 zogen seine Eltern nach Berlin, wo sich sein Vater als freier Schriftsteller und Übersetzer betätigte. Aber die eigentliche Arbeit seines Vaters war die eines Sektretärs des Westeuropa Büros des EKKI, das erst Ende 1928 gegründet wurde und das vom Vorsitzenden Georgi Dimitroff geleitet wurde. Richard Gyptner weihte aber seinen Sohn nicht in diese Arbeit ein. Ab dem 1. April 1929 nahm er am Unterricht einer Volksschule in Berlin teil, die er bis 1933 besuchte. In diesen vier Jahren wurde er ein eifriges Mitglied im Berliner Arbeitersportverein "Fichte" und im Jung-Spartakus-Bund. Durch seine frühe politische Orientierung lernte er schnell, dass seine Gegner aus den Reihen der SA kamen und seine Eltern im Gegensatz zu den Nachbarn nie die Hakenkreuzfahne hißten.

Im Jahre 1933 erhielt sein Vater den Auftrag, in Paris einen europäischen antifaschistischen Arbeiterkongress vorzubereiten. Seine Mutter und er folgten dem Vater auf illegalem Wege. In Paris sollte er nicht in einem Hotel mit seinen Eltern wohnen, um nicht seine schulische Ausbildung zu vernachlässigen. Im Süden von Paris wurde er zweieinhalb Jahre lang von einem französischen Lehrer mit anderen Kindern unterrichtet. Dabei eignete er sich die französische Sprache so gut an, dass er seinen Eltern ein Nachhilfe geben konnte. Seinen Schulbesuch beendete er im September 1935 mit mehreren Auszeichnungen für gute Lernergebnisse, darunter die Medaille Pour bon Cameraderie.

Aufenthalt in Moskau[Bearbeiten]

Im November 1935 ging sein Vater wieder nach Moskau, und seine Mutter reiste mit ihm im Januar 1936 mit einer illegalen Identität im Reisepass nach Moskau. Bis 1941 besuchte er dort die Mittelschule mit ihren zehn Klassen, wobei er seine russischen Sprachkenntnisse vervollständigte. Politisch betätigte er sich in der Jugendorganisation Komsomol und wurde Mitglied in der Gesellschaft zur Förderung des Flugwesens, des Luft- und Gasschutzes (Osoaviachim). In dieser Gesellschaft erhielt er eine vormilitärische Ausbildung, wobei er sich besonders beim Fallschirmspringen auszeichnete. Seine Mutter ging bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs nach Frankreich und kämpfte in den Reihen der Résistance gegen die deutsche Besatzung, wobei sie aus unbekannten Umständen vermißt wurde.

In Moskau kümmerte sich die Nachbarin Frida Rubiner um ihn, die während des Krieges bei der Roten Armee in der politischen Abteilung tätig war und danach an der Parteihochschule Karl Marx als Lehrerin unterrichtete. Sie hatte einen maßgeblichen den Einfluß auf seine geistige Entwicklung. Seine praktische Neigungen fand er im Rahmen einer Ausbildung beim Funken und in der Bastelei für Radios. Allerdings äußerte er zu dieser Zeit auch, dass er Ingenieur werden wollte und zwar für den Brückenbau.

Kriegsbeginn und Einsatz als Fenraufklärer[Bearbeiten]

Als der deutsche Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 begann, meldete er sich am gleichen Tag als Freiwilliger bei der Roten Armee. Da aber Dimitroff spezielle Partisanengruppen der Komintern aufstellte, kam er auf eine Spezialschule bei Kuschnarenko im Umkreis der Stadt Ufa in der Baschkirischen ASSR. Dort erhielt er eine Ausbildung als Infanterieschütze, Funker und Fallschirmspringer. Im Frühjahr 1943 erfolgte seine Verlegung in die Nähe von Moskau. Hier kam er mit anderen Deutschen zusammen, die eine Einsatzgruppe bilden sollten. Dazu gehörten Josef Kiefel, Artur Hofmann, Ferdinand Greiner und Joseph Giefer, der die Führung der Gruppe übernahm. Kiefel berichtete später von dem ausgeprägten Selbstbewußtsein von Rudolf Gyptner, das ihm in der Gruppe einige Schwierigkeiten bereitete.

Nach der Ausbildung wurde er im Frühjahr und Sommer des Jahres 1944 im NKFD bei der 4. Ukrainischen Front eingesetzt und besuchte verschiedene Frontgefangenenlager deutscher Soldaten. Dort sollte er die politischen Ansichten der Soldaten der Wehrmacht und ihre Eigenarten kennen lernen. Für den zukünftigen Einsatz sollten Erfahrungen gesammelt werden, wie man durch die deutsche Fontlinie kommt und wie man sich im Hinterland der deutschen Front bewegt. Weitere Tätigkeiten umfaßten die antifaschistische Propaganda und die Anwerbung von Gefangenen, die die Schulen des NKFD besuchen sollten.

Im August 1944 wurde die Gruppe der fünf genannten Fallschirmspringer zusammengestellt, wobei Rudolf Gyptner als Funker in der Gruppe dienen sollte. Weiterhin gehörte der Gruppe auch noch eine Moskauerin mit Namen Schura an. Am 23. August 1944 wurde die Gruppe in der Umgebung von Radom abgesetzt. Eine sowjetische Fernaufklärungsgruppe erwartete sie am Absprungort im Wald bei Kotfin. Gyptner hatte kurz nach der Landung eine Funkverbindung nach Moskau hergestellt. Dieser Funkverkehr konnte der Grund sein, wenn nicht Verrat vorgelegenn hat, dass zwei Tage später das Lager von deutschen Sicherungskräften umstellt war.

Fronteinsatz in Polen[Bearbeiten]

Nach einem Marsch durch ein Moor trennte sich die deutsche Gruppe von den sowjetischen Aufklärern und polnische Partisanen übernahmen das Geleit in die nördliche Richtung von Lublin. Als sie dort den Funkverkehr aufnehmen wollten, wurde in ihrer Nähe ein Peilwagen der deutschen Funkaufklärung entdeckt. Nun teilte sich die Gruppe mit Gieffer und Gyptner einerseits und Hofman, Kiefel und Greiner andererseits. Inzwischen wurde die sowjetische Partisanengruppe im Wald von Herby von deutschen Suchtrupps zerschlagen. Gieffer und Gyptner suchten in Lublin die polnische Widerstandskämpferin Maria Stolorz auf, wo sie wiederum ihren Funkverkehr aufnahmen. Nach einer Woche stellte sich heraus, dass in der Umgebung der Wohnung vermehrt deutsche Peilwagen aufgetaucht waren, so dass sie sich entschlossen, die Wohnung zu verlassen. MItte November kamen sie in einer Scheune bei der Mühle von Pawonkow beim Müller Roch Kupierz unter. Wiederum setzte Gyptner dort sein Funkgerät in Betrieb, wodurch wohl ihre Stellung der deutschen Funkaufklärung bekannt wurde.

Am 28. November umstellten deutsche Sicherungsgruppen die Scheune und schossen sie in Brand. Roch Kupierz und die beiden deutschen Aufklärer kamen dabei um. In einer Tagesmeldung 263/44 gab der Kommandeur der deutschen Ordnungspolizei von Kattowitz den Vorfall bekannt. Die anderen drei der Gruppe überlebten den Krieg und wurden in der DDR Offiziere beim Ministerium für Staatssicherheit[1] Der Vaten von Gyptner erfuhr erst 1958, wie sein Sohn im Kamf fiel. Am 15. Juli 1961 konnte er das Mahnmal in Pawonkow bei der Mühlenruine aufsuchen, was an die damaligen Ereignisse erinnern sollte.

Ehrungen[Bearbeiten]

Allen fünf Angehörigen der Gruppe wurde am 5. März 1962 in Warschau vom Staatsrat der Volksrepublik Polen der Orden des Partisanenkreuzes verliehen. In der DDR wurde in der Nationalen Volksarmee ein Artillerie-Regiment der Name "Rudolf Gyptner" gegeben. Und in der Volksrepublik Polen trug eine Einheit der Grenztruppen den Namen "Rudolf Gyptner".[2]

Literatur[Bearbeiten]

  • Heinz Kühnrich, Der Partisanenkrieg in Europa, 1939-1945, Berlin 1965
  • Else und Bernt von Kügelgen, Die Front war überall - Erlebnisse und Berichte vom Kampf des Nationalkomitees "Freies Deutschland", Berlin, 3. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, 1968
  • Karl Heinz Jahnke, Entscheidungen: Jugend im Widerstand 1933-1945, Fankfurt am Main, 1970
  • Heinz Boberach, Ingrid Schulze-Bidlingmaier, Quellen zur deutschen politischen Emigration 1933 - 1945: Inventar von Nachlässen, nichtstaatlichen Akten und Sammlungen in Archiven und Bibliotheken der Bundesrepublik Deutschland, München 1994
  • Stefan Doernberg, Heinz Kühnrich, Im Bunde mit dem Feind: Deutsche auf alliierter Seite, Berlin 1995
  • Florian Ring, Die Darstellung des Widerstandes gegen Hitler in der SBZ, DDR in bezug auf die Schulbücher sowie in der Publizistik der NVA, Sinzheim 1996
  • Klaus Eichner, Gotthold Schramm, Angriff und Abwehr: die deutschen Geheimdienste nach 1945, Berlin 2007
  • Helmut Roewer, Die Rote Kapelle und andere Gehemdienstmythen, Graz 2010

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Helmut Roewer, Die Rote Kapelle und andere Gehemdienstmythen, Graz 2010, S. 373
  2. Chista Otten, Momento einer Nacht, in: Else und Bernt von Kügelgen, Die Front war überall - Erlebnisse und Berichte vom Kampf des Nationalkomitees "Freies Deutschland", Berlin, 3. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, 1968, S. 310-325, hier: S. 324-325

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