Organizational Burnout

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Das Organizational Burnout (OBO) liegt vor, wenn sich ein aktives Organisationssystem in einem erschöpften und paralysierten Zustand befindet und mit eigenen Ressourcen diesen, als unerwünscht erkannten, Zustand nicht mehr positiv verändern kann. (G. Greve, 2010)

Gelegentlich wird die Bezeichnung „Organizational Burnout“ auch für die Beschreibung eines durch die Form oder Abläufe einer Organisation verursachten – also quasi organisierten - Burnout von Beschäftigten verwendet. (S.Tracy, 2000)

Entstehung des OBO[Bearbeiten]

Bewusst wird von einem Organisationssystem gesprochen, also von einer Organisation mit einer endlichen Anzahl von Organisationselementen, die aus einem bestimmten Zweck errichtet worden ist, mit angemessenen Ressourcen, vor allem mit Personal ausgestattet wurde und die bereits in einem eingeschwungenen Ablauf ihre Funktionen wahrgenommen hat. Der Zustand wird als erschöpft und paralysiert definiert, weil es gelegentlich durchaus auch bei „gesunden“ Organisationen und Institutionen vorkommen kann, dass nach ganz besonderen Herausforderungen ein allgemeiner Erschöpfungszustand eintritt. Tiefe, anhaltende Erschöpfung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für ein Organizational-Burnout-Syndrom. Es muss die Unfähigkeit der Erholung aus eigener Kraft unter Einsatz eigener Mitteln hinzutreten, um von einem Organizational Burnout sprechen zu können. Wenn ein energieloser, paralysierter Zustand eingetreten ist, der nicht nur die Selbstheilungskräfte lähmt, sondern nachgerade alle Versuche der Reaktivierung reflexiv verhindert, ist das OBO gegeben.

Ergänzend gehört zu dem Phänomen des Organizational Burnout die Tatsache, dass der problematische Zustand als unerwünscht erkannt wurde. Wenn der Zustand zwar von der Organisation gespürt, aber nicht bewusst wahrgenommen wird, dann ist die erschöpfte Organisation zwar nicht mehr wirklich leistungsfähig, wird aber versuchen, reaktiv mit einem „Business as usual“ zu überleben. Tatsächlich kann nur die Organisation selbst den Zustand des Organizational Burnout für sich erkennen und akzeptieren. Aus einem unbewussten, vielleicht nur sensorisch wahrgenommenen, kollektiven Missbehagen heraus muss ein gemeinsames, greifbares Problembewusstsein entstanden sein.


Begünstigende Faktoren[Bearbeiten]

Sechs Gründe begünstigen das OBO:

  1. Erfolgsarroganz der Führung,
  2. Scheuklappen vor disruptiven Marktveränderungen,
  3. alte Management-Antworten auf neue Fragen des Marktes und der Umwelt,
  4. übertrieben tolerante Fehlerkultur,
  5. Zwangsfusionen ungleicher Organisationskulturen
  6. Firmenübernahmen mit unfreundlichen Konsequenzen.


Phasen des OBO[Bearbeiten]

In der Entwicklung des OBO kann man 20 Symptome in vier – sich überlappenden – Phasen beobachten:

Die erste Phase des latenten OBO[Bearbeiten]

  • Der Markt beantwortet die Sinnfrage nicht mehr
  • Produktivität nimmt schleichend ab
  • Interne Anforderungen binden mehr und mehr Zeit und Energie
  • Ressourcen werden knapper, man weiß eigentlich nicht warum
  • Zunehmend funktioniert der Betrieb trotz und nicht wegen des Managements

Die zweite Phase des akuten OBO[Bearbeiten]

  • Unsicherheiten machen sich breit, Dynamik geht verloren
  • Der Anspruch von allen an alle steigt
  • Zynische Grundstimmung gegenüber Firma und Kollegen macht sich breit
  • Simulation des persönlichen Engagements
  • Innovationen finden (auch im Kleinen) nicht mehr statt

Die dritte Phase des chronischen OBO[Bearbeiten]

  • Die Führungskräfte schotten sich vom Tagesgeschäft ab
  • Gefühl der Macht- und Sinnlosigkeit auf allen Ebenen
  • Überraschende Wechsel im Management
  • Fluktuation nimmt zu
  • Ritualisierte Neustarts

Die vierte Phase des letalen OBO[Bearbeiten]

  • Das Management erreicht die Mitarbeiter nicht mehr
  • Kontrollverlust
  • Diffuse Sehnsucht nach dem „Big Bang“ des Neubeginns
  • Hoffnungslosigkeit
  • Unbewusste Duldung des Organisationssuizids


Folgen des OBO[Bearbeiten]

Typische Folgen des OBO sind:

  • Kraftlose Führung: „Vogel Strauß“ in der Chefetage – Die Energie und das Charisma der Führungsperson erschlaffen, es tritt eine Art „Entzauberung“ der Persönlichkeit ein. Wenn sich dann aber das Charisma einer Führungspersönlichkeit immer mehr verflüchtigt, sehen wir plötzlich den „Kaiser in seinen neuen Kleidern“ dastehen. Das Management taucht mehr und mehr ab, wird unsichtbar.
  • Komplexe Überorganisation der Prozesse: Viele E-Mails und lange Listen, nichts wird besser – Vor dem Hintergrund des schwächelnden Managements werden die Ansprüche der zweiten und dritten Ebene nach visionärer und konsequenter Führung lauter. Das Management aber verwechselt Führung mit Aktionismus. Jetzt passiert etwas Spannendes: Nach dem Motto: „Wenn du eine kleine Veränderung verhindern willst, fordere eine große“, werden nun von den Blockierern grundsätzliche (gern auch strategisch genannte) Verbesserungen verlangt.
  • Schneller, härter, erfolgloser! Personalführung in der Sackgasse – Das Management wird im OBO das tun, was es am besten kann, nämlich den Anspannungsgrad der Mannschaft erhöhen und bessere und schnellere Leistungen verlangen.
  • Innovationslücke: „Wer auf dem letzten Loch pfeift, bringt keine neue Melodie zustande“ – Das OBO verbraucht tückischer weise alle organisationale Energie der Organisation für die ständige neue Selbstorganisation unter Stress. Das heißt, es fehlen die kreativen Energien für neue Lösungen bestehender Probleme oder gar für Innovationen, die über den bisherigen Bedarf des Marktes hinausgehen.
  • Kommunikation: Asymmetrie der Informationen – Das Management aus der ersten und zweiten Ebene setzt im Verlauf des OBO andere Prioritäten und die Kommunikation wird als notwendige, aber nicht entscheidende Aktivität angesehen und folglich nicht pro aktiv eingeplant. In der Folge des brüchigen Vertrauensklimas des OBO werden alle Mitteilungen der obersten Ebene von den Mitarbeitern (und der Öffentlichkeit) besonders kritisch analysiert. Alles wird analysiert und interpretiert und nichts wird zum Nennwert genommen.


Prinzipien der Therapie[Bearbeiten]

Eine erfolgreiche OBO-Therapie beruht auf den folgenden kulturellen Prinzipien:

  • Gemeinsame ehrliche Anerkennung des wirklichen Therapiebedarfs
  • Die Sinnfrage der Organisation wird offen diskutiert und gemeinsam neu beantwortet
  • Sichtbarer und konsequenter Neustart durch die Führung
  • Jeder ist bestrebt ein Teil der Lösung zu sein
  • Der interne Wettbewerbsdruck wird beendet
  • Im Umgang gilt nun Toleranz und Vertrauen
  • Bewusst wird Licht statt Schatten gesehen
  • Es wird professionell, verlässlich, diszipliniert und konsequent gehandelt
  • Zuversicht statt Zynismus ist die vorherrschende Stimmung
  • Konzentration auf das jeweils Machbare; gut ist gut genug
  • Stabilität ist wichtiger als Profitabilität
  • Wir bleiben geduldig: Schritt für Schritt und mit ruhiger Hand


Literatur[Bearbeiten]

  • Gustav Greve, Organizational Burnout, Das versteckte Phänomen ausgebrannter Organisationen, ISBN 978-3-8349-2291-5, Gabler Verlag 2010
  • S. Tracy, Becoming a Character for Commerce Emotion. Emotion Labor, Self-Subordination, and Discursive Construction of Identity in a Total Institution, Management Communication Quarterly, 14. S. 113 (2000)


Weblinks[Bearbeiten]


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