Nachhaltigkeits-Marketing

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Nachhaltigkeits-Marketing soll eine markt- und umweltorientierte Koordination im Unternehmen sicher stellen. Eine ökologisch und sozial verträgliche Art und Weise der Befriedigung von Kundenbedürfnissen muss Ergebnis sein.

Zum einen kann Marketing als eine sehr operative Funktion (Absatz, Verkauf oder Vertrieb) im Unternehmen gesehen werden, welche mit Hilfe des Marketing-Mix umgesetzt wird. Zum anderen kann Marketing als Führungsphilosophie im Unternehmen eingesetzt werden – in Form der Kundenorientierung angefangen bei den Beschaffungsmärkten bis hin zu den Absatzmärkten. Auf diese Weise dringt die Philosophie des Marketings in alle Unternehmensbereiche bzw. -funktionen durch und bestimmt deren Ausrichtung. Marketing kann dem zu Folge als duale Führungskonzeption aufgefasst werden, welche zum einen operativ (neben Produktion, Beschaffung etc.) und zum anderen normativ (als Unternehmensleitidee) zum Einsatz kommt. Berücksichtigt man neben der Orientierung am Markt (Mitbewerber, Kunden) zudem auch eine Orientierung an der Umwelt (Ökologie und Soziales), so kann Nachhaltigkeits-Marketing als duale Konzeption der Führung im doppelten Sinne verstanden werden (vgl. Belz/Bilharz 2005, S. 3-5).

Nachhaltigkeits-Marketing als duale Führungskonzeption im doppelten Sinne [1]

Inhaltsverzeichnis

Pionieransätze[Bearbeiten]

Für viele Autoren ist Nachhaltigkeits-Marketing eine schlüssige Weiterentwicklung des Öko-Marketings. Da in der Forschung und der Praxis in den letzten Jahrzehnten unterschiedliche Marketingkonzepte mit Nähe zur Nachhaltigkeit entstanden sind, ist eine chronologische Reflexion dieser Konzepte notwendig, damit genau definiert werden kann, wodurch sich die Weiterentwicklung vom Öko- zum Nachhaltigkeits-Marketing konstituiert (vgl. Kirchgeorg 2002, S. 6).

Makro-Marketing[Bearbeiten]

In den 60er Jahren wurde das klassische Marketing (Anbieter- und Nachfrager-Orientierung) um gesellschaftliche, ökologische und humanistische Punkte ergänzt. Fisk war es, der im Jahr 1962 dem klassischen Marketing – auch genannt Micro-Marketing, das Macro-Marketing gegenüber stellte. Die alleinige Konzentration auf Micro-Marketing führt lt. Fisk langfristig zur Fehlverteilung von Ressourcen und zu unerwünschten externen Effekten. Macro-Marketing befasst sich nicht nur mit dem kommerziellen und konsumentenzentrierten Marketing, sondern auch mit stakeholder¬orientierten Anforderungen an das Unternehmen (vgl. ebd., S. 6).

Social-Marketing[Bearbeiten]

Beim Social-Marketing der 70er Jahre wurde das kommerzielle Marketing-Konstrukt auf Institutionen, die nicht unbedingt erwerbswirtschaftlich ausgelegt sind, transferiert. Es wird zum einen versorgungsorientiertes (das Spendenverhalten von Organen, Nahrungsmittel, Hilfsgüter etc. zu stimulieren) und zum anderen verhaltensorientiertes (Bekämpfung von Drogenkonsum, Umweltverschmutzung etc.) Social-Marketing unterschieden. Da auch im normativen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung die soziale Dimension enthalten ist, lassen sich Erkenntnisse aus dem Social-Marketing auch für das Nachhaltigkeits-Marketing einsetzen (vgl. ebd., S. 6-7).

Mega-Marketing[Bearbeiten]

Durch die steigende Internationalisierung der Unternehmen in den 80er Jahren wurde von Kotler das so genannte Mega-Marketing angestoßen. Das Konzept bedeutete eine Erweiterung des klassischen Marketings um den koordinierten Aufwand einer Unternehmung, sich wirtschaftliche, psychologische, politische und öffentlichkeitswirksame Fähigkeiten anzueignen, um die Akzeptanz für Markteintritte oder Weiterführung von Aktivitäten in so genannten blockierten Märkten zu sichern. Im Mega-Marketing werden neben KundInnen und potentiellen KundInnen weitere Stakeholder identifiziert, die über politische, rechtliche oder gesellschaftliche Macht verfügen, Aktivitäten des Unternehmens einzuschränken bzw. zu verhindern. Lt. Kirchgeorg kann das Konzept des Mega-Marketings insbesondere in der Hinsicht der intragenerativen Gerechtigkeit zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern dem Nachhaltigkeits-Marketings wertvolle Erkenntnisse bringen (vgl. ebd., S. 7). Speziell von Interesse ist die Erweiterung des Marketing-Mix um zwei weitere „P“; Public Opinion und Politics. Mit Politics sind Maßnahmen zur Beeinflussung der politischen Rahmenbedingungen und mit Public Opinion die aktive Beeinflussung der öffentlichen Meinung, mit Hilfe tragfähiger Kooperationen und Netzwerke, gemeint (vgl. Villiger/Wüstenhagen/Meyer 2000, S. 50-51).

Öko-Marketing[Bearbeiten]

Im Mittelpunkt des Öko-Marketings der 80er Jahre stehen die proaktive Integration von Umweltschutzzielen bei Marktaktivitäten und die Erzeugung umweltorientierter Wettbewerbsvorteile. Die Orientierung am Kundennutzen wird um die Stakeholder-Perspektive erweitert, wobei hier vor allem die ökologischen Umweltbeziehungen von besonderer Bedeutung sind. Im Gegensatz zum Nachhaltigkeits-Marketing wird auf die soziale Zieldimension nicht ausdrücklich eingegangen, wenngleich Soziales von Umweltschutzmaßnahmen positiv beeinflusst wird. In der heutigen, vernetzten und komplex gewordenen Weltwirtschaft reicht der Fokus auf die Lösung ökologischer Probleme nicht mehr aus, um die nachhaltige Entwicklung voran zu treiben. Auch die soziale Verträglichkeit rückt immer mehr in den Vordergrund (vgl. Kirchgeorg 2002, S. 7).

Integratives Öko-Marketing[Bearbeiten]

In den 90er Jahren forderte Belz ein proaktives Verhalten der Unternehmen, um die öffentlichen und politischen Rahmen-bedingungen so zu verändern, dass ökologiegerechte Produkte vermehrt gekauft und verwendet werden. Quasi ein Vorfeldmarketing, das sich an sämtliche Stakeholder richtet, die Einfluss auf die Intensität der Marktnachfrage üben können (vgl. ebd., S. 7).

 
Entscheidungsorientierter Nachhaltigkeits-Marketing Ansatz für Anbieter[2]

Begriffliche Bestimmung und Abgrenzung des Nachhaltigkeits-Marketing[Bearbeiten]

Bewusst wird die Bezeichnung Nachhaltigkeits-Marketing verwendet. Nachhaltigkeits-Marketing ist nicht allein für den wirtschaftlichen, sondern auch für den ökologischen und sozialen Erfolg verantwortlich. Darum ist der Begriff nicht zu verwechseln mit der Bezeichnung nachhaltiges Marketing, welches auf die nachhaltige, sprich andauernde Wirkung von Instrumenten abzielt, ohne Soziales oder Ökologisches explizit zu berücksichtigen. Weiters besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Nachhaltigkeits-Marketing und Marketing für Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeits-Marketing wird vorwiegend von auf Gewinn ausgerichteten Organisationen betrieben, um die Vermarktung von Produkten und Leistungen, die der Leitidee der Nachhaltigen Entwicklung entsprechend voranzutreiben. Marketing für Nachhaltigkeit wird überwiegend von nicht-kommerziellen Organisationen betrieben, die damit die Akzeptanz von ökologischen und sozial verträglichen Ideen erhöhen wollen. Wobei an dieser Stelle erwähnt werden muss, dass sowohl kommerzielle Unternehmen, meist zur Ausweitung ihres Marktsegments, sehr wohl auch Marketing für Nachhaltigkeit umsetzen, als auch nicht-kommerzielle Organisationen wie der WWF oder Greenpeace eigene, öko-sozial vorbildliche Produkte mittels Nachhaltigkeits-Marketing vertreiben.

Auch ist Nachhaltigkeits-Marketing gegenüber dem Nachhaltigkeits-Management abzugrenzen. Zwar orientieren sich beide Bereiche, wenn als Führungsphilosophie interpretiert, am Markt (Mitbewerber, Kunden) und an der Umwelt (Ökologie und Soziales), jedoch liegt der Fokus des Nachhaltigkeits-Marketings primär auf dem Absatz. Nachhaltigkeits-Management wird jedoch bedeutend weiter gefasst. Nachhaltigkeits-Management ist zuständig für sämtliche Funktionen im Unternehmen (Einkauf, Beschaffung, Produktion, Absatz, Lager, Distribution, Finanzen etc.). Ein umfassendes Nachhaltigkeits-Management ist Grundvoraussetzung für ein langfristig ausgerichtetes, glaubwürdiges Nachhaltgkeits-Marketing. Managementsysteme, die Ökologie und Soziales ausdrücklich berücksichtigen sind, beispielsweise auf europäischer Ebene, das Environmental Management and Audit Scheme (EMAS ). Mittels der überarbeiten EG-Öko-Audit Verordnung 2001 wurde EMAS zu EMAS II und entspricht der international anerkannten ISO 14001-Norm . Der ISO 14001-Norm liegt ein Plan-Do-Check-Act Kreislauf zugrunde. Die auf ökologische Themen fokussierten Systeme EMAS II und ISO 14001 können ihre Logik auch auf soziale Themen übertragen. Beispielsweise entspricht der Social Accountability Standard SA 8000 dieser Logik.

Die zentralen Fragen, mit denen sich Nachhaltigkeits-Marketing beschäftigt, sind: „Wie können Unternehmen einen relevanten Beitrag zur Lösung der sozial-ökologischen Probleme leisten, die mit ihren Produkten einhergehen, und dadurch einen Kundenmehrwert generieren?“

„Wie können sozial-ökologische Produkte und Leistungen, die einen Beitrag zur Lösung der Nachhaltigkeitsprobleme leisten, erfolgreich vermarktet werden?“ (vgl. Belz/Bilharz 2005, S. 6-8)

Entscheidungsorientierter Nachhaltigkeits-Marketing Ansatz für Anbieter[Bearbeiten]

Das ausgearbeitete Modell stellt einen entscheidungsorientierten Ansatz für das Nachhaltigkeits-Marketing aus Sicht der Anbieter dar. Der Entscheidungsprozess ist ähnlich wie bei herkömmlichen Ansätzen. Wesentlich ist die, am Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung angelehnte, Befüllung der einzelnen Prozessebenen. Besonderheiten ergeben sich in der ersten Prozessebene, welche eine starke Orientierung an den Anforderungen und Bedürfnissen der Stakeholder impliziert. Eine weitere Besonderheit stellt die Erweiterung des Marketing-Mix um das Instrument der Kooperation dar. Alle anderen Ebenen unterscheiden sich betreffend inhaltliche Gestaltung. Die Stakeholderorientierung bildet die Basis für alle weiteren Entscheidungen und verlangt, dass die Gewinnmaximierung mit der Legitimation gegenüber Stakeholdern begrenzt bleibt.

Im normativen Teil des Nachhaltigkeits-Marketing wird eine Zusammenführung der Leitprinzipien des Leitbilds der Nachhaltigen Entwicklung und der Grundprinzipien des Marketings vorgenommen. Die Integration führt zu einer neuen Interpretation des Kapazitätsprinzips in Form der intragenerativen Verteilungsgerechtigkeit und des Gratifikationsprinzips durch die intergenerative Verteilungsgerechtigkeit. Die Marketing-Ziele werden unter Berücksichtigung dieses Leitbilds gesetzt. Um die Zielerreichung zu gewährleisten, ist das Entwickeln von Strategien in Kombination mit einer passenden Positionierung notwendig. Strategie sowie Positionierung müssen auf eine vorteilhafte Wettbewerbsdifferenzierung, durch Beachtung ökologischer und sozialer Aspekte der Unternehmenstätigkeiten, abzielen.

Die Implementierung des Nachhaltigkeits-Marketings hat die Übertragung des normativen und strategischen Nachhaltigkeits-Marketings in die operative Umsetzung zur Aufgabe. Die angestrebte Markenidentität und die damit verbundenen Ziele müssen in Form eines gemeinsamen Mindsets bzw. einer gemeinsamen Kultur im Unternehmen verankert werden. Nur wenn alle MitarbeiterInnen die operativen Maßnahmen den normativen und strategischen Vorgaben gemäß ausrichten und ausführen, ist erfolgreiches Nachhaltigkeits-Marketing möglich.

Zu den konkreten operativen Maßnahmen gehören die Instrumente Leistungs- und Produktpolitik, Preis- und Konditionenpolitik, Kommunikationspolitik, Distributionspolitik sowie Kooperation. Besonders durch die Kommunikation und Kooperation sollen politische und gesellschaftliche Rahmenbedingungen in Sachen Nachhaltigkeit positiv beeinflusst werden, um damit die eigenen Marktchancen zu erhöhen. Um die Erfolgswirksamkeit des Nachhaltigkeits-Marketings ganzheitlich zu erfassen, werden im Controlling neben herkömmlichen Berechnungen auch Ansätze zur Berechnung des Stakeholdervalue eingesetzt sowie eine Balanced Score Card implementiert. Die Ergebnisse des Nachhaltigkeits-Marketing Controllings können ferner zur Unterstreichung der eigenen Glaubwürdigkeit in der Kommunikation eingesetzt werden.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Belz/Bilharz 2005, S. 5
  2. Zerlauth 2010 in Anlehnung an Belz, Burmann, Florack, Kirchgeorg und Meffert
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