Methodischer Trialismus

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Der methodische Trialismus, das philosophische Trinitäts- oder Dreifaltigkeitsdenken, stellt eine Form der Dialektik dar. Die Dreizahl, die Triade, der Methoden bildet ihre Grundlage. Der Trialismus schließt die erkenntnistheoretische Lücke zwischen dem Methodenmonismus und dem Methodendualismus einerseits und dem bunten Methodenpluralismus andererseits.

Verwendung[Bearbeiten]

Der Begriff Trialismus selbst zwar wird weit weniger benutzt als der derjenige des Dualismus, bei dem der Trialismus auch zum Teil als Unterform mitbehandelt wird. Aber seine Ausprägungen verwenden wir häufig. Im englischen Sprachraum verwendet man für die Dreierform auch die lateinische Bezeichnung „tripartite“.

Die drei bekanntesten Dreifaltigkeitsformeln lauten:

  • „Gottvater, Sohn und heiliger Geist“
  • „Freiheit, Gleichheit und Solidarität (Brüderlichkeit)“.
  • „Körper, Seele und Geist"

Aber auch „Einigkeit, und Recht und Freiheit“ gehören dazu.

Form und Inhalt erscheinen uns ebenfalls im Alltag als Einheit und damit dual als aus beidem zu einer eigenständigen Erscheinung zusammengesetzt.

Begründung und Kritik[Bearbeiten]

Die sozialreale Sicht, die Phänomenologie und der Pragmatismus führen zu etwas Dritten. Im Trialismus ergänzen auf diese Weise die Zweiheit von (idealistischer) Philosophie und (empirischer) Naturwissenschaften. Auch das Recht, das vorrangig normativ ausgelegt ist, steht aus sozialer Sicht vor der alltäglichen Aufgabe, Sollen und Sein zu verbinden.

Die Dreifachheit der Herangehensweise ist die einfachste noch für den Menschen erfassbare Art die an sich unfassbaren Komplexität eines vagen Einen (des Gottes, des demokratischen Humanismus oder des einzelnen Menschen) zu unmreißen. Alle pragmatischen „Letztbegründungen“(Münchhausen-Trilemma) neigen zu derartigen Umschreibungen

Kritisch gesehen, beinhaltet der Trialismus deshalb die Tendenz zum Ganzheitlichen (Holismus) und er führt zu einem Relativismus. Gegenüber dem Pluralismus erscheint er als unzulässige Vereinfachung. Denn jede Fachwissenschaft verfügt bei näherer Betrachtung über eine eigene Methode des Denkens.

Die schwache Gegenkritik lautet, dass der Trialismus beides zwingend voraussetzt und inkorporiert, den monistischen Idealismus und den kritischen Dualismus. Gegenüber dem Methodenpluralismus ist der Trialismus offen. Denn er begreift sich als dessen einfachste Form, aber mit seiner Art begegne er der praktischen Unverständlichkeit der Vielfalt.

Trialismus und Dualismus[Bearbeiten]

Aus dualistischer Sicht lassen sich die trialistischen Sichtweisen auf einen Dualismus zurückführen. Entsprechendes werden allerdings auch Vertreter des Methodenmonismus für den Dualismus und den Trialismus annehmen. Doch aus trialistischer Sicht steckt in jedem dualen Nebeneinander, etwa von Sein und Sollen, der Keim von etwas gemeinsamen Dritten, und sei es auch nur diejenige, dass gesamte Kulturen und auch der einzelnen Menschen mit dem Dualismus, etwa von Sein und Sollen, in der sozialen-realen Wirklichkeit umgehen müssen.

Auch alle Lehren, die die unbeschreibbare „Mitte“ zwischen zwei Polen oder zwei Extremen suchen oder die zwischen zwei Idealen oder Werten eine Abwägung verlangen, verfolgen eine Form des Trialismus.

Trialismus und Dialektik[Bearbeiten]

Die einfachste Formel für das dialektische Denken lautet: These, Antithese und Synthese. Während diese häufig dynamischen Charakter aufweist, in dem die Synthese als das Ziel erscheint, verkörpert der Trialismus eine statische Dreifaltigkeit. Es bedarf dabei aller drei Sichtweisen, um etwas zu erkennen,

Einzelne Ausrichtungen und Lehren[Bearbeiten]

Trialismus und christliche Trinität[Bearbeiten]

Den christlichen Trialismus umschreibt der Begriff der Trinität.

Die „Dreiheit“ in Philosophie und Naturwissenschaft[Bearbeiten]

Die gemeinsame Geschichte und gegenwärtige Drei-Welten-Lehren in Philosophie und Naturwissenschaften werden ausführlich im Zusammenhang mit dem Dualismus erörtert.

Trialismus und Recht[Bearbeiten]

Kantorowicz entwickelt (1925) für das Recht eine „Drei-Weltenlehre“ beziehungsweise einen „erkenntnistheoretischen Trialismus“. Zu unterscheiden sei zwischen

  • Sinneswissenschaften,
  • Wertewissenschaften und
  • Wirklichkeitswissenschaften.[1]

Ebenso bekennt sich Gustav Radbruch in seiner Rechtsphilosophie (1932) zum Trialismus, und öffnet sie zudem für eine vierten, die religiösen Sicht: „Natur und Ideal, und über die Kluft zwischen ihnen zwei Verbindungen, der niemals vollendbaren Brückenschlag der Kultur und der in jedem Augenblick ans Ziel gelangende Flügelschlag der Religion – Werk und Glaube. So wird der Übergang vollzogen von einem Dualismus zu einem Trialismus der Betrachtungsweisen (wenn man hier von der vierten, der religiösen Betrachtungsweise einmal absieht). Dieser Trialismus macht die Rechtsphilosophie zu einer Kulturphilosophie des Rechts.“[2]

Der Rechtsoziologe Hubert Rottleuthner reiht sich selbst unter die „Dreifaltigkeits-Denker“ ein und bietet die folgende Triade, die zugleich auf das Recht übertragen lautet:

  • „logisch, begriffsanalytisch (Rechtstheorie)“,
  • „deskriptiv, empirische (Rechtsoziologie)“,
  • „normative, praktisch (Rechtsphilosophie)“.[3]

Trialismus und Demokratie[Bearbeiten]

Der Rechtsphilosoph Axel Montenbruck sieht (2010) die drei Elemente des demokratischen Credos „Freiheit, Gleichheit und Solidarität“ als osmotischen zellähnliche Subsysteme im Sinne von Niklas Luhmann.[4] „Alle drei Ideen, Freiheit, Gleichheit und Solidarität, stützen sich deshalb gegenseitig. Sie bilden untereinander ein Netzwerk, das mehr bietet als die schlichte Summe von Elementen. Schon deshalb ist es sachgerechter, alle drei Grundideen, etwa als das Humane und im Sinne eines „demokratischen Verfassungs– Humanismus“ zu heiligen. Selbstverständlich stehen diese drei Ideen auch untereinander in einem Wettbewerb. Das „Gute“, der common sense oder auch die praktische Vernunft, besteht in der „Kunst“ nach den Umständen und im Konkreten aus allen drei Leitideen das Beste herauszuziehen. Dabei wird allerdings eine Sichtweise den Vorrang einnehmen müssen. So herrscht im Westen ein System, dessen Dreiklang in dieser Reihung verläuft: Zuerst besteht die Freiheit des Freien….“[5]

Trialismus und Soziobiologie[Bearbeiten]

Gerhard Vollmer setzt zwischen den Makrokosmos und den Mikrokosmos den sozialen Mesokosmos des Menschen und stellt zudem die Frage, ob der homo sapiens aus evolutionsbiologischer Sicht den Mesokosmos überhaupt verlassen könne.[6].

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. H. Kantorowicz, Staatsauffassungen (1925), in: Thomas Würtenberger (Hg), H. Kantorowicz,Rechtswissenschaft und Soziologie, Karlruhe ,1962, 69 -81; H. Kantorowicz: Die Rechtswissenschaft - eine Zusammenfassung ihrer Methodologie (1928), in: Thomas Würtenberger (Hg), Kantorowicz, Rechtswissenschaft und Soziologie, Karlruhe ,1962, 83 ff; siehe auch Hubert Rottleuthner,Rechtstheorie und Rechtssoziologie, Freiburg, München, 13 ff, 17 f.
  2. Gustav Radbruch:Rechtsphilosophie (1932), Ralf Dreier, Ralf, Stanley L. Paulson, (Hg.), 2. Aufl. Heildelberg, 2003, § 1, 11 (3,4). Erläutert von Arthur Kaufmann: Problemgeschichte der Rechtsphilosophie , in |Herausgeber=Arthur Kaufmann, Winfried Hassemer, Ulfrid Neumann|Titel=Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart|Auflage=8|Ort=Heidelberg|Jahr=2010|ISBN=978-3-8252-0593-5}, 89 ff.
  3. Hubert Rottleuthner:Rechtstheorie und Rechtssoziologie, Freiburg, München, 1981, 13 ff, 17, 19
  4. Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie I. Grundlegung: Westlicher "demokratischer Präambel-Humanismus" und universelle Trias "Natur, Seele und Vernunft", 3. erheblich erweiterte Auflage, 2011, 98, Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (open access)
  5. Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie I. Grundlegung: Westlicher "demokratischer Präambel-Humanismus" und universelle Trias "Natur, Seele und Vernunft", 3. erheblich erweiterte Auflage, 2011, 174 Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (open access)
  6. Gerhard Vollmer: Können wir den sozialen Mesokosmos verlassen?, in: Jürgen Mittelstraß (Hg.): Die Zukunft des Wissens. XVIII. Deutscher Kongress für Philosophie (Konstanz 1999). Akademie-Verlag, Berlin 2000, S. 340-352

Literatur[Bearbeiten]

  • Arthur Kaufmann: Problemgeschichte der Rechtsphilosophie , in: Arthur Kaufmann, Winfried Hassemer, Ulfrid Neumann (Hg.), Einführung in Rechtsphilosophie und Rechtstheorie der Gegenwart 8. Auflage, Heidelberg, 2010, ISBN=978-3-8252-0593-5
  • Joachim Fischer: Der Dritte. Zur Anthropologie der Intersubjektitivität. In: Wolfgang Eßbach (Hg.), Identität und Alterität in Theorie und Methode , Würzburg: Ergon, 2000, S. 103-136.
  • Lindemann, Gesa : Die dritte Person - das konstitutive Minimum der Sozialtheorie. In: Hans-Peter Krüger/Gesa Lindemann (Hg.), Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert , Berlin: Akademie-Verlag, 2006, S. 125-145.
  • Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie I. Grundlegung: Westlicher "demokratischer Präambel-Humanismus" und universelle Trias "Natur, Seele und Vernunft", 3. erheblich erweiterte Auflage, 2011, 252 S., Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (open access)
  • Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie III. Überbau: Demokratischer Humanismus, sozialreale Dehumanisierung, Auflösung zum synthetischen Pragmatismus der „Mittelwelt“, 2010, 321 S., Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin (open access).
  • Dietmar von der Pfordten: Deskription, Evaluation, Präskription. Trialismus und Trifunktionalismus als sprachliche Grundlagen von Ethik und Recht, Schriften zur Rechtstheorie 155, Duncker & Humblot, Berlin 1993, ISBN 3428076982.
  • Gustav Radbruch:Rechtsphilosophie (1932), Ralf Dreier, Ralf, Stanley L. Paulson (Hg.), 2. Aufl. Heildelberg, 2003#
  • Hubert Rottleuthner: Rechtstheorie und Rechtssoziologie , Freiburg, München, 1981.
  • Gerhard Vollmer: Können wir den sozialen Mesokosmos verlassen?, in: Jürgen Mittelstraß (Hg.): Die Zukunft des Wissens. XVIII. Deutscher Kongress für Philosophie (Konstanz 1999). Akademie-Verlag, Berlin 2000, S. 340-352.
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