Less-Complex-Methodik

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Die Less-Complex-Methodik (LCM) beschreibt eine praxisorientierte Form der Kunstproduktion im Fachbereich Multimediadesign auf der Grundlage antianthroposophischer und utilitaristischer Wertvorstellungen. Sie befreit sich somit von den modernen übersinnlichen Ästhetik philosophien. Dementsprechend sollen alle Kunstprodukte und Tätigkeiten dem schöpferischen Können entspringen, durch das der Künstler das, was ihm von der Natur an Dingen und Fähigkeiten gegeben ist, durch seinen kreativen Willen so verwandelt, erweitert und erhöht, dass alleinig durch die sinnliche Wahrnehmung Geschichten erzählt und Lehren erteilt werden können. Die künstlerischen Mittel folgen hierbei dem Gebot der Nützlichkeit die Kommunikation mit dem Betrachter (Rezipienten) herzustellen. Hierbei ist die Produktion von Kunst autopoietisch, die Präsentation sinnlich und die Rezeption transzendent. In diesem Sinne muss Multimediadesign als sich selbst erschaffende- und erhaltende sowie mittels visueller und akustischer Wahrnehmung erfassbare Ikonografie des Nützlichen verstanden werden. »Der Begriff des Nützlichen wird im Mutimediadesign unter Einschluss von Bedeutungsdimensionen und Sinnfärbungen gefasst, die Wahrnehmungs-, Gebrauchs- und damit Handlungsaspekte, die Genuss und Gefallen und damit ästhetische Aspekte bezeichnen. Designobjekte sind Teil einer Alltagskultur und Gegenstand wie auch Mittel zur Selbstdarstellung und Rollendefinition. Sie eröffnen Möglichkeiten des individuellen und/oder gruppenspezifischen Gebrauchs und Genusses. Das Erkenntnisinteresse schliesst Komponenten historischer Entwicklung und Wechselwirkungen zwischen Formen gestalteter Lebenswelt im Bereich Kunst bis Kunsthandwerk mit ein. Zu berücksichtigen ist ferner die Beziehung zwischen gestalteter Objektwelt, ästhetischer Aktivität und ästhetischer Erfahrung.« [1]

Abgrenzung[Bearbeiten]

Die Less-Complex-Methodik (LCM) grenzt sich klar von den Entwürfen der philosophischen Ästhetik von Kant bis Schopenhauer und Nietzsche ab. Stattdessen greift sie die ideologiekritische Kunstphilosophie von Bloch, Benjamin, Adorno und Marcuse auf. Dem Vorwurf der Barbarisierung des menschlichen Empfindungslebens zum Trotz lässt die LCM den Kunstbegriff ausschließlich im sinnlichen Rahmen zu und verneint die Existenz der Ästhetik: »Wer nur das Sinnliche in der Kunst haben will, der wird ja kaum hinauskommen über irgendein feineres illustratives Element, das sich zwar zur Kunst erheben kann, das aber eine wirkliche Kunst doch eigentlich nicht geben kann. Und es gehört schon, wie man wohl sagen kann, ein etwas verwildertes Seelenleben dazu, wenn man sich beruhigen will bei dem bloß illustrativen Element der Nachahmung des Sinnlichen oder des sonst irgendwie durch die bloße Sinneswelt Gegebenen.«[2]

Notwendigkeit[Bearbeiten]

Die Formulierung der Less-Complex-Methodik ist notwendig, weil in den vergangenen Jahren – dem Zeitraum, auf den wir heute schon als die (kurze) Phase der Postmoderne zurückblicken – der Begriff des ästhetischen Kunstempfindens sowohl in der akademischen Philosophie als auch in der gesellschaftlichen Realität immer dominanter geworden ist und sich selbst sinnfrei gemacht hat. Begriffe und Schlagwörter wie ästhetische Erfahrung, ästhetische Rationalität, Ästhetik des Erhabenen, des Hässlichen, Ästhetik der Existenz, ästhetische Argumente, ästhetische Urteile, ästhetische Praxis usw. überwuchern jeden kunsttheoretischen Diskurs!

Trotz – oder vielleicht wegen – dieses Booms der philosophischen Ästhetik sind schwerwiegende Mängel an dieser Euphorie auszumachen:

  • Die Grundbegriffe der vorherrschenden theoretischen Ästhetik spiegeln so gut wie nichts von der Dynamik der zeitgenössischen Kunstentwicklung wider. Grob gesagt, bleibt die Aufgeregtheit der Kunsttheoretiker ohne jede nennenswerte, um nicht zu sagen emanzipatorische Rückwirkung auf die Kunstentwicklung selbst. Angesichts des grundbegrifflichen Mangels an Anwendungstauglichkeit und der Ewiggestrigkeit des Selbstverständnisses der philosophischen Ästhetik verwundert es kaum, dass Künstler herzlich wenig Interesse und Bedarf an solcher Ästhetikphilosophie und deren Reflexion auf die Kunst (d.h. ihr Tun) haben. In Kunstzusammenhängen sind tauchenen diese Philosophien höchstens als nachträgliche Umrahmung, d.h. in keiner normativen, sondern rein instrumentellen Bezugnahme als Theoretisiermaschine.
  • Als Folge der schieren Menge an medialen Eindrücken der und Veralltäglichung des Ästhetischen droht sich die philosophische Ästhetik in der Grenzenlosigkeit ihres Gegenstandsbereiches zu verlieren. Vor diesem zeitgeschichtlichen Hintergrund wird fraglich, inwieweit eine Philosophie der Kunst heute überhaupt noch möglich – und nötig – ist.
  • Trotz des offenkundigen Interesses der akademischen Philosophie spricht für die Unmöglichkeit und für das Unnötige einer philosophischen Ästhetik gerade deren von je her dreiste Anmaßung, den freien Künsten sagen zu wollen, was sie (bedeuten) sollen, worin ihr Wert bzw. Unwert liegt, was ein authentisches Kunstwerk, was ephemer sei, etc. Der Vorwurf der Überheblichkeit und des Überflüssigseins ist mehr als berechtigt!
  • Gemessen an diesem ihrem (überheblichen) Anspruch, Wissenschaft der Kunst zu sein bzw. Kunstkritik und sprachliche Vermittlung von Kunst zu leisten, betreibt die philosophische Ästhetik ihr Geschäft im Vergleich zu den profunden und kenntnisreichen Diskursen einer etablierten Kunstwissenschaft (Kunstgeschichte und -theorie) geradezu dilettantisch. Wenn sich die philosophische Ästhetik auf einzelne Künstler und Kunstwerke einlässt, dann geschieht dies oft beliebig (in Unkenntnis vieler kunstwissenschaftlicher Einzelheiten) und zumeist bloß zur Illustration der eigenen These. Aber wie auch immer, generell lässt sich sicherlich ohne zuviel Risiko behaupten: eine in technischen, historischen, individuellen, kontextuellen und zeitgeistigen Einzelheiten kenntnisreiche Betrachtungsweise der Kunst bleibt bei der überwiegenden Zahl der philosophischen Ästhetiken.

Erkenntnisse[Bearbeiten]

In ihrer Beschäftigung mit Kunst nehmen die Philosophen allzu selbstverständlich den Standpunkt des Betrachters von Kunst(-werken) ein. Die Kunstpraxis und -produktion bleibt unterbelichtet, oft ganz ausgeblendet. Erst diese grundbegriffliche Reduktion macht es möglich, dass die philosophische Ästhetik ihre Selbstdefinition in einer unhaltbaren Theorie der Wahrnehmung finden kann. Der normative Vorrang des künstlerischen Tätigseins muss wieder hergestellt werden und leitet sich daraus ab, dass ein nicht bloß ästhetisches Selbstverständnis unserer Gegenwart einzig aus der Produktion und dem Sinn guter, präsenter Kunst hervorgeht. Eine emanzipatorische Philosophie der Kunst reflektiert den universellen Sachverhalt, dass eine demokratische Gesellschaft ihre kulturelle Substanz aufgrund der Praxis der Freiheit im Geiste verwirklicht. Hinsichtlich des normativen Vorrangs der Kunstpraxis und -produktion ist entscheidend, dass Individuen künstlerisch tätig sind, und nicht primär, welche Kunst sie machen. Ihre Arbeit stellt eine freigeistige Reflexion dar als die Hervorbringung von Sinn (Wahrheitsgehalt) durch eine individuelle Aneignung und verständige Vergegenwärtigung der Realität. Für den Künstler, die Künstlerin ist die methodische Reflexion und sinnvolle Selbstbildung auf das hin, um dessen Sinn es dabei geht (gehen soll), der gegenüber Präsentation und Rezeption vorrangige Zweck der eigenen Arbeit. Erst indem das Produzierte, d.h. der beanspruchte und mitgeteilte Sinn, von Anderen verstanden wird, vollendet sich präsente Kunst. Fehlende Präsentationsmöglichkeiten und Resonanz lassen deshalb die künstlerische Betätigung auch sinn- und zwecklos erscheinen.

Anwendung der LCM[Bearbeiten]

A. Produktion[Bearbeiten]

Für schöne Kunst genügt es, wenn das Künstlersubjekt seine allerpersönlichsten Gefühle und Empfindungen, seine geheimnisvolle Innerlichkeit, subjektive Vorlieben und Eindrücke einer Privatwelt in seinem Werk 'ausdrückt'. Das rein ästhetische Selbstverständnis basiert auf dem idiosynkratischen Begriff des Selbst als expressiver Innerlichkeit. Für die Produktion guter Kunst bedarf es allerdings eines allgemeinen Selbstverständnisses, das das Selbst als etwas von allen gemeinsam Geteiltem begreift und diese allgemeine Lebenserfahrungen zu verstehen versucht. Die allgemeine Verständlichkeit und Geltung präsenter Kunst beruht auf der Mitteilbarkeit einer allgemein-gültigen Selbsterkenntnis. Sie ergibt sich eigens, sie ereignet sich als das Gelingen guter Kunst im Zusammenspiel von Produktion, Präsentation und Rezeption. Gute künstlerische Arbeit ist der Versuch eines gelingenden Zusammenspiels von Form und Inhalt. Dies macht die notwendig experimentelle Eigenart guter Kunst aus. Diese Experimentalität beruht allerdings weniger auf spektakulärer Unkonventionalität, der gestischen Destruktion oder stilistischen Negation traditioneller Vorlagen und kanonischer Vorgaben. Präsente Kunstpraxis ist experimentell, insofern dem Ganzen eine individuelle Konstruktion zugrunde liegt und insofern Form und Inhalt auf eine konzeptuelle Art und Weise ineinander eingearbeitet sind.

B. Präsentation[Bearbeiten]

Aus dem praxologischen Vorrang des künstlerischen Tätigseins leitet sich eine Kritik an der grundbegrifflichen Fixierung auf Kunstwerke und ihre Wahrnehmung ab. Eine kunstphilosophische Betrachtungsweise setzt anstelle des Werkbegriffs der herkömmlichen philosophischen Ästhetik den Begriff der Präsentation. Dieser soll dem performativen Charakter künstlerischer Praxis und projekt- bzw. prozessartigen Kunstformen und Aktivitäten entgegenkommen. So muss nicht länger an der falschen Vorstellung festgehalten werden, wonach Kunstproduktion sich notwendig in einem gegenständlichen Objekt, einem fertigen Produkt, einem abgeschlossenen Werk zu vollenden hat. Indem Kunst zur Präsentation kommt, tritt sie ins öffentliche Sein, wird sie präsent. Und nur sofern produzierte Kunst sich auch präsentieren kann, kann sich überhaupt herausstellen, ob und inwieweit sie gut oder schlecht ist.

C. Rezeption[Bearbeiten]

Trotz des normativen Vorrangs der künstlerischen Praxis besteht ein faktisches Übergewicht ihrer Präsentation und Rezeption bzw. ihrer präsentativen Vermittlung. In den traditionellen Ästhetiken sind diese beiden analytisch zu unterscheidenden Ebenen zumeist vermischt. Aber ihre ontologische Differenz hat eine zentrale Bedeutung für die philosophische Betrachtungsweise von Kunst. Denn die individuelle Beurteilung einer Arbeit bezieht sich nicht auf den Sachverhalt, dass Kunst machen ein Gut für sich sei. Künstlerische Praxis ist gut für den so Tätigen, insofern in diesem Tätigsein eine freigeistige Selbsterkenntnis und Lebenspraxis verwirklicht bzw. die Wirklichkeit der sinnvollen Aneignung eines individuellen Gegenwartsverständnisses ein Allgemeingut wird. Darüber hinaus ist freie Kunstproduktion als Verwirklichungsgeschehen geistiger Freiheit gut für alle und ein demokratisches Gut, insofern es dabei um den unersetzlichen Versuch geht, von der Freiheit des Geistes zum Zwecke einer allgemeinen Selbstverständigung öffentlichen Gebrauch zu machen. Welche Bedeutung und welchen Wert Kunst im einzelnen für die kulturelle Selbstbestimmung der Allgemeinheit hat, muss sich herausstellen können. Was aber im Einzelfall gute, was schlechte, was schöne, was unsinnige, was ästhetische Kunst ist, welche Kunst als wahre Erkenntnis verstanden, welche als nur schöner Schein genossen wird – darüber urteilt der einzelne Rezipient und die interessierte Öffentlichkeit, die die Einzelnen zusammen als Allgemeinheit bilden. Während ästhetische Kunst lediglich ein interesseloses Wohlgefallen zu wecken hat und zu einem schöngeistigen Kunstgenuss genügt, verlangt präsente Kunst ihren Rezipienten ein reflektiertes, ebenso freigeistiges Erkenntnisinteresse ab.

Literatur[Bearbeiten]

  • Rudolf Steiner: Vier Mysteriendramen, GA 14 (1998), ISBN 3-7274-0140-0; Tb 607 (I + II), ISBN 978-3-7274-6070-8 + Tb 608 (III + IV), ISBN 978-3-7274-6080-7
  • Theodor W. Adorno: Ästhetische Theorie, Frankfurt am Main 1973
  • Rudolf Steiner: Das Hereinwirken geistiger Wesenheiten in den Menschen, GA 102 (1984), Dreizehnter Vortrag, Berlin, 11. Juni 1908
  • Aristoteles: Nikomachische Ethik
  • Rudolf Steiner: Die Geheimnisse der Schwelle, GA 147 (1997), ISBN 3-7274-1470-7 Text
  • Pierre Bourdieu und Hans Haacke: Freier Austausch. Für die Unabhängigkeit der Phantasie und des Denkens, Frankfurt am Main 1995
  • Peter Bürger: Theorie der Avantgarde 1972
  • Bruno Traut, Bauhaus-Designer, 1929: »Design ist die Schaffung des schönen Gebrauchs«
  • Michel Foucault: Was ist Aufklärung?, in: (Hg.) Axel Honneth, Ethos der Moderne. Foucaults Kritik der Aufklärung, Frankfurt am Main 1990
  • Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen zur Ästhetik I, Werke 13, Frankfurt am Main 1986
  • Martin Heidegger: Die Technik und die Kehre, Pfullingen 1962
  • Wolf Jahn: Die Kunst von Gilbert & Georg oder Eine Ästhetik der Existenz, München 1989
  • Immanuel Kant: Kritik der Urteilskraft, Hamburg 1984
  • Harald Lemke, Die schwierige Lebenskunst. Foucault, Schiller und Marcuse über den ästhetischen Begriff der Freiheit, in: Ders., Michel Foucault. In Konstellationen, Maastricht 1995, 118-152
  • Heinz Paetzold: Neomarxistische Ästhetik: Bloch ¬ Benjamin ¬ Adorno ¬ Marcuse, Düsseldorf 1974
  • Platon: Apologie, Rowohlt Klassiker
  • Richard Shusterman: Kunst Leben. Die Ästhetik des Pragmatismus, Frankfurt am Main 1994
  • Martin Seel: Kunst, Wahrheit, Welterschließung, in: (Hg.) Franz Koppe, Perspektiven der Kunstphilosophie, Frankfurt am Main 1991

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Ausgabe: Pandora´s Box: Design, 1995, S. 72
  2. Rudolf Steiner: DAS SINNLICH-ÜBERSINNLICHE IN SEINER VERWIRKLICHUNG DURCH DIE KUNST, Zwei Vorträge, Berlin, 15 und 17. Februar 1918,Erstveröffentlichung: Dornach 1941, S. 2

Weblinks[Bearbeiten]

*Begriffe:

http://wiki.anthroposophie.net/Kunst
http://de.wikipedia.org/wiki/Autopoiesis
http://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophie
http://de.wikipedia.org/wiki/Transzendenz
http://de.wikipedia.org/wiki/Utilitarismus
http://de.wikipedia.org/wiki/Ikonographie
http://de.wikipedia.org/wiki/Kunsttheorie
http://www.webwiki.de/multimedia-design
http://de.wikipedia.org/wiki/Designmanagement

*Kunst- und Designtheorien:

http://www.kunstphilosophie.info/
http://www.philosophie-kunst.de/forum/
http://anthroposophie.net/kunst/
http://www.anthromedia.net/
http://www.mediamanual.at/mediamanual/workshop/cultural/..
http://www.farben-welten.de/farben-welten/goethes-farbenlehre/..
http://www.symbols.com (englisch)

*Verbände und Marketing:

http://www.dmmv.de/
http://www.agd.de
http://www.adc.de
http://www.bvdm-online.de
http://www.germandesign.de
http://www.virtual-magazine.com
http://www.horizont.net
http://www.off-the-record.de
http://www.slogans.de

*Foren:

http://www.designerinnen-forum.org
http://www.metacolor.de
http://www.fontblog.de
http://www.design-literatur.de/verband-allianz-deutscher-designer-agd
http://www.designerinaction.de
http://www.precore.net/index.php4?menue=1
http://www.traum-projekt.com/
http://www.vprt.de/thema?c=3


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