Kurt Krause (Kriminalpolizist)

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Kurt Ferdinand Hugo Krause (* 29. März 1888 in Bosatz im Kreis Ratibor in Schlesien; † 29. September 1954 in Hamburg) war als Kriminalinspektor Leiter der „Zigeunerdienststelle“ der Hamburger Polizei im NS-Regime. Er gehörte damit zu den Hauptverantwortlichen, die die Unterdrückung und Deportation der norddeutschen Sinti und Roma organisierte und die Transporte in die Vernichtungslager begleitete.

Werdegang[Bearbeiten]

Er ging am 1. März 1913 zur Polizei in Harburg[1]. Vom 15. August 1914 bis 17. Dezember 1918 war er am 1. Weltkrieg als Soldat beteiligt[2]. Im Januar 1919 nahm er seine Tätigkeit wieder als Polizist auf. Im Dezember 1919 erfolgte sein Wechsel zur Kriminalpolizei. In seiner weiteren Laufbahn wurde er am 1. Mai 1927 zum Kriminalsekretär ernannt. Bis Ende März 1937 betätigte sich Krause in der Verwaltung der Polizei Harburg. Als am 1. April 1937 Harburg mit Hamburg eine Großstadt bildete, wurde er zur Hamburger Polizei versetzt, die von dem Innensenator Alfred Richter politisch geleitet wurde. Krause trat 1937 in die NSDAP ein.

Dienststellenleiter[Bearbeiten]

Ab Oktober 1938 leitete Krause die "Zigeunerdienststelle" im Kommissariat BK 2 in der Kriminalinspektion 1 A, die für Angelegenheiten des Erkennungsdienstes und der Vorbeugung gegen Verbrechen zuständig war innerhalb der Kriminalpolizeileitstelle Hamburg. Leiter der Inspektion war der Kriminalrat August Lyss, dem der Kriminalrat Arnold Schmidt-Till im Amt folgte.

Krause arbeitete auf seiner Dienststelle mit dem Kriminaloberassistenten Gerhard Junge, dem Kripobeamten August Bahr und dem damaligen Büroangestellten Paul Everding[3] zusammen.

Deportationen[Bearbeiten]

Die erste „Bewährungsprobe“ für Krause kam am 16. Mai 1940, als in Hamburg etwa 550 „Zigeuner“ (NS-Jargon) bis zum 20. Mai im Frachtschuppen C im Hamburger Hafen inhaftiert wurden, wobei der Einsatzleiter Kommissar Otto Schmidt und der Leiter der Kriminalpolizei Walther Bierkamp[4] war. Die Transportlisten für Deportationen hatte Krause erstellt, womit er über Leben und Tod der Betroffenen entschied.

Am 10. März 1943 wurden weitere 328 Inhaftierte von Hamburg in das KZ Auschwitz deportiert. Krause war mit 10 Schutzpolizisten Transportführer. Am 18. April 1944 wurde der letzte Transport nach Auschwitz von Krause geleitet, darunter 21 Kinder – von einem bis fünfzehn Jahre alt – und 5 Jugendliche. Am 20. April 1944 erfolgte für Krause die Ernennung zum Kriminalinspektor. Schom am 20. Mai 1940 hatte der Hamburger Polizeipräsident Hans Julius Kehrl[5] den an den Deportationen beteiligten Kripo-Beamten eine „besondere Anerkennung“ ausgesprochen.

Nach Kriegsende[Bearbeiten]

Krause konnte seinen Dienst in der „Zigeunerdienststelle“ nach der Kapitulation am 8. Mai 1945 fortsetzen. Bruno Georges[6] war am 26. Mai 1945 zum Kommandeur der Hamburger Polizei von der britischen Militärbehörde ernannt worden. Als dann überlebende Opfer des NS-Regimes in Hamburg auf Kurt Krause wieder im Polizeidienst trafen, kam es zu Beschwerden über ihn. Die britische Militärpolizei verhaftete ihn am 27. September 1945. Bis zum 30. Oktober 1945 blieb er im Militärgefängnis Altona, danach wurde er in das US-CIC-Camp Neumümster-Gadeland verbracht, das in den Fabrikhallen der Lederfabrik Emil Köster[7] eingerichtet wurde.

Am 20. Februar 1946 war Krause wieder frei. Auf Empfehlung des Leiters der Hamburger Kriminalpolizei Hans Bruns kehrte Krause Mitte Mai 1946 wieder in den Polizeidienst zurück. Diesmal als Polizeioberinspektor. Wieder war Krause für die Roma und Sinti zuständig. Nach mehreren Anzeigen von Opfern Krauses wurde Krause mit Wirkung vom 17. Juli 1946 vom neuen Kripo-Leiter Carl Breuer[8]seines Amtes enthoben. In dem Prozess gegen den Arzt Prof. Hans Hinselmann[9] wurde auch Krause angeklagt. Am 7. Dezember 1946 wurde Krause zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach seiner Entlassung – neuen Monate Haft wurden ihm erlassen – legte er am 13. Juni 1949 Berufung gegen das Urteil des Militärgerichts ein. Im Entnazifizierungsverfahren vor einem Fachausschuss wurde er in die Kategorie V eingestuft, was als „entlastet“ galt. Am 31. Oktober 1951 trat er wegen seiner bescheinigten Dienstunfähigkeit in den Ruhestand mit einem Ruhegehalt von 332,76 DM. Krause starb am 29. September 1954 in Hamburg.

Literatur[Bearbeiten]

  • Donald Kenrick et al, Die Zigeuner. Verkannt - verachtet - verfolgt, Hannover 1980
  • Donald Kenrick et al., Sinzi und Roma. Die Vernichtung eines Volkes im NS-Staat, Götingen 1981
  • Wolfgang Ayaß et al. (Hrsg.), Feinderklärung und Prävention. Kriminalbiologie, Zigeunerforschung und Asozialpolitik, Berlin 1988
  • Hansjörg Riechert, Im Schatten von Auschwitz. Die nationalsozialistische Sterilisationspolitik gegenüber Sinti und Roma, Münster 1995
  • Landeszentrale für politische BildungHamburg (Hrsg.), Die nationalsozialistische Verfolgung Hamburger Roma und Sinti. Fünf Beiträge, Hamburg 2006
  • Zimmermann, (Hrsg.), Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2007
  • Linde Apel (Hrsg.), In den Tod geschickt. Die Deportationen von Juden, Roma und Sinti aus Hamburg 1940 bis 1945, Berlin 2009
  • Marut G. Perle, Deportattionsstätte Fruchtschuppen C. Die Deportation der Sinti und Roma im Mai 1940 und die Hamburger Hafenlogistik, Hamburg 2010
  • KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.), Die Verfolgung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus, Bremen 2012
  • Tobias Schmidt-Degenhard, Vermessen und Vernichten. Der NS-"Zigeunerforscher" Robert Ritter, Stuttgart 2012

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Harburg gehörte 1913 noch nicht zu Hamburg
  2. Roger Repplinger: „Hat sich besondere Kenntnisse in der Bearbeitung des Zigeunerunwesens erworben“ - Der Kriminalinspektor Kurt Krause im Nationalsozialismus und in der Bundesrepublik. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft. Nr. 12, 2017, ISSN 0044-2828, OCLC 643485503, S. 1049–1070.
  3. Herbert Diercks (Hrsg.): Dokumentation Stadthaus, die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus: Texte, Fotos und Dokumente. basiert auf den Texten sowie einer Auswahl von Fotos und Dokumenten aus der vom 19. Januar bis zum 10. Februar 2012 im Hamburger Rathaus erstmals präsentierten Wanderausstellung "Dokumentation Stadthaus. Die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus". KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Neuengamme 2012, DNB 1019393483, OCLC 796188129, S. 55 (72 S.).
  4. Walther Bierkamp in der deutschspracchigen Wikipedia
  5. Hans Julius Kehrl in der deutschsprachigen Wikipedia
  6. Bruno Georges in der deutschsprachigen Wikipedia
  7. Lederfabrik Emil Köster in der deutschsprachigen Wikipedia
  8. Carl Breuer in der deutschsprachigen Wikipedia
  9. Hans Hinselmann in der deutschsprachigen Wikipedia
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