Hydrotect

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Hydrotect[Bearbeiten]

Hydrotect ist die geschützte Bezeichnung für ein Oberflächen-Veredelungsverfahren, bei dem die besonderen Eigenschaften von Titandioxid - TiO2 - Anatas genutzt werden. Mit Hydrotect versehene Oberflächen weisen Effekte auf, die auf den photokatalytischen Eigenschaften von TiO2 basieren. Sie gehören zu einer neuen Generation von so genannten intelligenten Materialien, die insbesondere für die Verwendung im Bauwesen und der Inneneinrichtung prädestiniert sind. Ihr bevorzugtes Einsatzgebiet liegt vor allem dort, wo maximale Hygiene und leichte Reinigung von Einrichtung, Wänden, Fußböden, Fassaden etc. gefordert sind.

Materialcharakteristik Hydrotect[Bearbeiten]

Hydrotect-Oberflächen reagieren photokatalytisch auf Licht. Die durch Hydrotect in Gang gesetzte Photokatalyse zersetzt Mikroorganismen wie Bakterien, Keime, Schimmel, Algen, Pilze oder Moose und behindert deren Neubildung. Diese organischen Stoffe werden zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert. Hydrotect-Oberflächen sind hydrophil, also „wasserfreundlich“. Die Affinität gegenüber Wassermolekülen ist hoch. Dies ermöglicht, dass Wasser einen dünnen Film bildet, der Verunreinigungen unterwandert. Diese können dann einfach entfernt werden. Bei Außenfassaden wird Schmutz durch die Benetzung mit Regenwasser auch ohne zusätzlichen Eingriff abgespült („Self-Washing-Effekt“). Diese Effekte verbrauchen sich nicht, sondern bauen sich durch Lichteinwirkung (Photokatalyse) immer wieder von neuem auf.

Hydrophil versus hydrophob: Werden bei einer funktionalen Ausstattung von Oberflächen besondere Eigenschaften wie hohe Reinigungsfreundlichkeit angestrebt, gibt es zwei Wirkungs-Grundprinzipien: Das hydrophobe (wasserabweisende) und das hydrophile (wasserfreundliche) Prinzip. Die Bezeichnung „hydrophob“ weist auf die wasserabweisenden Eigenschaften einer Oberfläche hin, d.h. Wasser perlt ab (Lotus-Effekt). Die „hydrophile“ Oberfläche kennzeichnet eine hohe Benetzbarkeit. Sie zieht Wasser an, welches sich sogleich als dünner, flächiger Film verteilt.

Wirkungsprinzip photokatalytischer Prozess nach A. Heller, A. Fujishima, K. Honda[Bearbeiten]

Das Wesen des photokatalytischen Prozesses wurde in den 70-er Jahren von den amerikanischen und japanischen Wissenschaftlern A. Heller, A. Fujishima, K. Honda wie folgt beschrieben: Beim Auftreffen von UV-Licht auf die Oberfläche des Anatas-Kristalls TiO2 - einem Fotohalbleiter mit photokatalytischen, photoinduziert hydrophilen Eigenschaften - werden aus seiner Oberfläche negativ geladene Elektronen frei, die positiv geladene „Löcher“ hinterlassen.

Bei Anwesenheit von Wasser werden OH-Gruppen auf der TiO2-Oberfläche adsorbiert. Die Bindung ist so fest, dass weitere Schichten von H2O auf der monomolekularen OH-Schicht physikalisch adsorbiert werden und andere Stoffe von der Oberfläche abstoßen. So entsteht eine hydrophile Oberfläche, die leicht zu reinigen ist. Auf der hydrophilen Oberfläche verlaufen Wassertropfen spontan und bilden einen kompakten Film. Der Kontaktwinkel ist daher sehr niedrig.

Freie Elektronen haben die Fähigkeit, aktivierten Sauerstoff zu bilden. Sie wandeln zusammen mit Luftsauerstoff und Wasser CO in CO2 um, sie erhöhen den Oxidationsgrad des Stickstoff- und Schwefeloxids und oxidieren organische Stoffe (die antibakterielle Wirkung ist ebenfalls ein Oxidationsprozess).

Die Forschung schaffte im Jahre 1995 erste Voraussetzungen für die industrielle Anwendung des photokatalytischen Vorgangs. Man fand heraus, wie die aktive TiO2-Schicht auf der Oberfläche von Keramik zu applizieren bzw. zu fixieren ist und dabei die photokatalytischen Eigenschaften erhalten bleiben. Der Prozess der Applizierung bzw. Fixierung ist patentiert. Er liegt Hydrotect zugrunde.

Für die Funktion von Hydrotect sind im Wesentlichen Licht, Luftsauerstoff und Luftfeuchtigkeit erforderlich: Der Photokatalysator TiO2 ist fähig, die Strahlung um die Wellenlänge kleiner als 413 (kristallografische Modifikation Rutil), respektive 388 nm (kristallografische Modifikation Anatas) zu absorbieren. Luftsauerstoff/Luftfeuchtigkeit beteiligt sich einerseits an Oxidationsreaktionen der aktiven Oberfläche, andererseits kommt es zur chemischen Adsorption auf den TiO2-Kristallflächen bei der Entstehung der monomolekularen Schicht der Hydroxylgruppen OH, die die Ursache des hydrophilen Charakters der Oberfläche sind. Aufgrund dieser Reaktion sind Hydrotect-Oberflächen auch bei niedrigen Reinigungsmittel-Konzentrationen extrem reinigungsfreundlich.

Bei Einfall von Licht in einer bestimmten Wellenlänge und entsprechender Luftfeuchtigkeit entstehen 3 verschiedene Reaktionstypen auf der Oberfläche:

1) O2 + e- ― •O2 - (Reduktion)

2) H2O + h+ ― •OH + H+ (Oxidation)

3) 2 •O2 - + 2 H+ ― 2 •OH + O2

wobei Peroxid und Hydroxylradikale •O2 - und •OH aus dem Luftsauerstoff und der Luftfeuchtigkeit durch die katalytische Wirkung des TiO2 entstehen. Peroxid hat eine starke Oxidationsfähigkeit, welche die Zersetzung von Bakterien, von organischen Verunreinigungen und Flecken bewirkt. Durch diese Reaktion haben die Oberflächen antibakterielle Fähigkeiten und zersetzen auf ihrer Oberfläche organische Stoffe.

Zusammenfassung[Bearbeiten]

Vorteile und Merkmale von Titandioxid (TiO2) für die photokatalytische Reaktion:

- hohe photokatalytische Aktivität

- chemisch beständig, relativ kostengünstig

- nicht toxisch

Parameter, die die Geschwindigkeit der Photokatalyse beeinflussen: Lichtintensität

- Oberflächengröße der Kontaktstelle der flüssigen (gasförmigen) Phase und TiO2-Schicht

- Sauerstoffkonzentration

- Stofftransport, Verteilung auf der photokatalytisch wirkenden Oberfläche

Anwendungsbereiche[Bearbeiten]

Hydrotect-Veredelung für keramische Fliesen

Generelle Eigenschaften und Vorteile Die Hydrotect-Veredelung ermöglicht keramische Fliesen mit besonderen Eigenschaften: Reinigungsfreundlichkeit, antibakterielle Wirkung ohne Chemie und Abbau von Gerüchen. Mit einem patentierten Verfahren wird TiO2 auf die Oberfläche keramischer Fliesen aufgetragen und bei hoher Temperatur dauerhaft eingebrannt. Aussehen und ursprüngliche Merkmale werden dadurch nicht verändert, die Eigenschaften des Belages aber durch hydrophile und antibakterielle Effekte verbessert. Hydrotect wird wie erwähnt werkseitig bei hoher Temperatur dauerhaft in die Glasur eingebrannt und ist dadurch so robust, dass neben Wand- auch Bodenfliesen damit ausgestattet werden können.

Extreme Reinigungsfreundlichkeit Nach der Aktivierung durch Licht entsteht die hohe Benetzbarkeit der hydrophilen Oberfläche. Statt einer Kugelform bilden die Wassertropfen auf der Oberfläche einen gleichmäßigen Wasserfilm, der Verschmutzungen unterwandert und ablöst.

Antibakterieller Effekt ohne Chemie Die Hydrotect-Veredelung bildet per Photokatalyse aktivierten Sauerstoff, der antibakterielle Wirkung hat und Mikroorganismen, krankheitserregende Keime, Bakterien, Schimmel, Hefen, Algen, Moose usw. zersetzt sowiederen Neubildung behindert. Messungen haben nachgewiesen, dass bis zu 99% der Bakterien beim Kontakt mit der Oberfläche innerhalb von 30 Minuten abgetötet werden. Ein besonderer Vorzug ist, dass Hydrotect die Zellstruktur der Mikroorganismen zerstört, welche deshalb im Gegensatz zu üblichen chemischen Desinfektionsmitteln gegen Hydrotect nicht resistent werden können.

Geruchs- und Schadstoffabbau in der Luft Hydrotect sorgt für bessere Luftqualität und Wohngesundheit, indem störende oder schädliche Gerüche neutralisiert bzw. abgebaut werden. Exemplarische Beispiele dafür sind Zigarettenrauch, Ammoniak, Rückstände von Sprays, Küchendunst oder der typische Geruch in Sanitärbereichen, Umkleiden etc. Dies gilt nicht nur innen, sondern auch außen, z.B. für Industrie- und Autoabgase: Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass 1000 m2 Hydrotect-Fassadenfläche die Luft so wirksam reinigen wie 70 mittelgroße Laubbäume.

Einsatzgebiete Keramische Hydrotect Fliesen mit sind vor allem für Anwendungsbereiche mit erhöhten Anforderungen an die hygienischen und bakteriologischen Eigenschaften prädestiniert, z.B. Krankenhäuser, Lebensmittelindustrie, hygienische Einrichtungen usw., aber auch für sämtliche Wohnbereiche. Sie können innen und außen (z.B. an Fassaden) eingesetzt werden. Sie verlangen keine Verwendung eines speziellen Verlegematerials und können in herkömmlicher Weise verlegt und verfugt werden.


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