Gerhard Thyben

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Thyben nach der Verleihung des Ritterkreuzes im Dezember 1944.

Gerhard Thyben (* 24. Februar 1922 in Kiel; † 4. September 2006 in Cali (Kolumbien)) war Jagdpilot der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg und errang 157 Luftsiege.

Kriegsjahre[Bearbeiten]

Thyben trat Mitte Juli 1940 als Kriegsfreiwilliger in die Luftwaffe ein. Nach der Grundausbildung im Flieger-Ausbildungs-Regiment 43 kam er im Oktober als Flugschüler zum Flieger-Ausbildungs-Regiment 32. Im November 1940 erfolgte die Kommandierung auf eine Flugzeugführerschule. Dort wurde er zum Gefreiten befördert. Mitte September 1941 erfolgte die Versetzung zur Jagdfliegerschule 2, später zur Jagdfliegerschule 5. Im November 1942 kam Thyben als Jagdflieger zur Ergänzungs-Jagdgruppe Ost und nur wenig später zur Ergänzungs-Jagdgruppe Süd. Mitte Dezember 1942 wurde er dem Jagdgeschwader 3 am Südabschnitt der Ostfront zugeteilt. Nach seinem ersten Luftsieg am 26. Februar 1943 folgte am 1. April 1943 die Beförderung zum Unteroffizier. Bis zur Verlegung des Geschwaders im August 1943 in den Westen hatte Thyben 32 Luftsiege errungen. Im April 1944 wurde Thyben, inzwischen Leutnant, zum Jagdgeschwader 54 versetzt. Dort erzielte er am 23. Juni 1944 seinen 50. Luftsieg. Mit Wirkung zum 1. Januar 1945 zum Staffelkapitän ernannt, erhielt Thyben am 5. Februar 1945 die Beförderung zum Oberleutnant; am 17. Februar 1945 erzielte er den 100. Luftsieg. Seine Staffel flog bis Kriegsende im Kurland, wo er nach 156 Luftsiegen am 8. April 1945 das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen bekam. Am 8. Mai 1945 flogen die Reste des Geschwaders nach Flensburg. Bei diesem Überführungsflug erzielte Thyben den 157. und letzten Luftsieg bei Libau.

Bis Juli 1945 befand sich Thyben in Kriegsgefangenschaft.

Nachkriegsleben[Bearbeiten]

Einem Gerücht folgend, dass deutsche Piloten in Spanien fliegen dürften, gelang es ihm 1948, mit gefälschten Papieren, über Frankreich und die Pyrenäen nach Spanien zu reisen. Er erhielt zwar eine Aufenthaltserlaubnis, aber keine Flugerlaubnis. Also reiste er 1949 weiter nach Argentinien, wiederum in der Hoffnung, dort als Pilot tätig werden zu können. In Buenos Aires fand er Arbeit in einem Autokarrosserie- und -lackierbetrieb. An den Wochenenden flog er, für eine Gebühr, beim örtlichen Aero-Club einen kleinen deutschen Übungs- und Kunstflug-Doppeldecker Focke-Wulf Fw 44 „Stieglitz“. Seinem Wusch, wieder Flieger zu werden, standen in Argentinien erhebliche verwaltungstechnische Hindernisse im Weg. Ein Kunde der Autowerkstatt, der ehemalige General der Jagdflieger Adolf Galland, der Berater der argentinischen Luftwaffe unter dem damaligen Präsidenten Juan Perón geworden war, erwähnte, dass in Kolumbien Piloten gesucht seien, und Thyben ging daraufhin 1954 nach Bogotá. Dort bekam er einen Vertrag als Pilot für die Wartung der Republic P-47 Thunderbolt der kolumbianischen Luftwaffe (Fuerza Aérea Colombiana), dann auch als Testpilot und Fluglehrer auf der Luftwaffenbasis Palanquero. 1955 ging er nach Cali, wo er Flugschüler der Militärflugschule auf Beechcraft T-34 Mentor, Boeing-Stearman PT-17 und North American T-6 Texan ausbildete. In dieser Zeit wurde er kolumbianischer Staatsbürger.

Nach dem Ende seines Vertrags mit der Luftwaffe flog Thyben eine De Havilland DHC-2 Beaver für die Aerotaxi-Tochtergesellschaft der Avianca. Bei einer wegen schlechten Wetters erzwungenen Notlandung traf er einen ehemaligen deutschen Bomberpiloten, der ihm mitteilte, dass Cropduster-Piloten mindestens das dreifache verdienten wie Airtaxiflieger. Bald darauf flog über den Reisfeldern und Baumwolle-Plantagen in der Provinz Tolima. Im Jahr 1961 verlegte er seinen Wohnsitz endgültig nach Cali. Im Juni 1963 hatte er einen schweren Unfall mit einer Piper PA-18 A. Vermutlich durch die Insektizide benebelt vergaß er, vom leeren auf den vollen Kraftstofftank zu umzuschalten. Er flog in etwa einem Meter Höhe, als der Motor versagte. Beim Absturz erlitt er mehrere Frakturen beider Beine sowie schwere Verletzungen an Brust und Gesicht. Nach acht Monaten war er soweit hergestellt, dass er wieder fliegen konnte. Er flog dann für die Firma Fumivalle in der Provinz Valle del Cauca. Erst 1978 ging er in den Ruhestand. In den 1980er Jahren betätigte er sich im Handel mit Schmierstoffen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Fliegen blieb jedoch seine Leidenschaft: 1989/90 baute er sich mit seinem Sohn in neun-monatiger Bauzeit ein Kleinflugzeug des Typs Denny Kitfox[1] aus einem CKD-Bausatz, das er noch jahrelang flog.

Nach einem im Mai 2000 erlittenen Schlaganfall verschlechterte sich sein Gesundheitszustand deutlich. Thyben starb am 4. September 2006 in Cali.

Familie[Bearbeiten]

Aus seiner in Buenos Aires geschlossenen Ehe mit Magdalena, der deutschen Witwe eines bei Stalingrad nach nur vierwochiger Ehe gefallenen Heeresoffiziers, die bei einem Onkel in Buenos Aitres Zuflucht gefunden hatte, stammte der Sohn Gerhard Thyben Jr.

Auszeichnungen[Bearbeiten]

Anmerkungen und Einzelnachweise[Bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

  • Walther-Peer Fellgiebel: Die Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes 1939–1945. Podzun-Pallas, Friedburg, 2000, ISBN 3-7909-0284-5* Ernst Obermaier: Die Ritterkreuzträger der Luftwaffe: Jagdflieger 1939 – 1945. Dieter Hoffmann, Mainz, 1989, ISBN 3-87341-065-6.
  • Veit Scherzer: Die Ritterkreuzträger 1939–1945. Die Inhaber des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes 1939 von Heer, Luftwaffe, Kriegsmarine, Waffen-SS, Volkssturm sowie mit Deutschland verbündeter Streitkräfte nach den Unterlagen des Bundesarchives. Scherzers Miltaer-Verlag, Jena, 2007, ISBN 978-3-938845-17-2.
  • Franz Thomas: Die Eichenlaubträger 1939–1945; Band 2: L–Z. Biblio-Verlag, Osnabrück, 1998, ISBN 3-7648-2300-3.
  • John Weal: Focke-Wulf Fw 190: Aces of the Russian Front. Osprey, Oxford, 2005, ISBN 1-85532-518-7 (engl.)
  • Peter Stockert: Die Eichenlaubträger 1940–1945, Band 9. Selbstverlag Peter Stockert, 2012, S. 47–49
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