Günther von Reibnitz

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Günther Hubertus Freiherr von Reibnitz (* 8. September 1894; † 2. März 1983) war während des Ersten Weltkrieges ein Kavallerie-Offizier im Deutschen Kaiserreich. Er trat der NSDAP im Jahr 1930 bei[1] und war ab 1933 Mitglied der Reiter-SS.[2]

Günther von Reibnitz heiratete viermal und war der Vater der Freiin Marie Christine von Reibnitz, die im Jahr 1978 durch ihre Heirat mit Prinz Michael von Kent zur Princess Michael of Kent wurde, indem sie die traditionelle Form des Titels annahm. Zwei Enkelkinder, Lord Frederick Windsor und Lady Gabriella Windsor, stehen in der britischen Thronfolge.

Leben[Bearbeiten]

Günther von Reibnitz[3] stammt aus einer alten schlesischen Familie und war der Sohn des Freiherrn Hans Egon von Reibnitz (1856–1918), der am 19. Februar 1887 in Gieraltowitz, Oberschlesien, die Freiin Ida von Eickstedt (1867–1937),[4] heiratete. Reibnitz wurde am 8. September 1894 in Mistitz, Schlesien, jetzt Miejsce Odrzańskie, Polen geboren. Er besuchte die Preußische Hauptkadettenanstalt in Berlin-Lichterfelde und wurde als Degenfähnrich in das 2. Großherzoglich Mecklenburgische Dragoner-Regiment Nr. 18 in Parchim übernommen. Schon kurz nach Kriegsbeginn wurde er 1914 schwer verwundet und geriet in französische Kriegsgefangenschaft. Kurz bevor er gegen einen französischen Offizier ausgetauscht wurde, starb sein Vater am 20. September 1918 in Berlin.[4]

Günther von Reibnitz als Leutnant 1918

Während der Vorbereitung der Volksabstimmung in Oberschlesien nach dem ersten Weltkrieg, die deutsche und polnische Gebietsansprüche regeln sollte, stellte Reibnitz gemeinsam mit seinem Bruder Joachim zwei Freikorps auf, die die Odergrenze zwischen Cosel und Ratibor sichern sollten.[5] Er schloss seine erste Ehe mit Margherita, geb. Schoen (1893–1962), der Witwe des Grafen Friedrich Ernst von Seherr-Thoss (1881–1918) und Tochter von Gustav Schoen und Elisabeth Wentzel und übernahm die Leitung ihres Besitzes in Krzanowitz in Oberschlesien.[6] Die Tochter Margarita wurde am 18. Januar 1924 in Krzanowitz geboren.[4] Die Ehe wurde am 15. April 1931 in Breslau geschieden.[7] Nach der Scheidung richtete von Reibnitz eine Pelztierzucht in Hahnenvorwerk bei Silberberg in Schlesien ein und gab sie auf, als er 1933 zum (ehrenamtlichen) Gaujägermeister für Schlesien bestellt wurde.[8] Am 1. Dezember 1930 trat von Reibnitz der NSDAP (Mitgliedsnr. 412.855) bei und wurde am 15. April 1933 Mitglied der Reiter-SS (SS-Nr. 66.010).[5] Er war jedoch kein sehr loyales Parteimitglied. Schon 1937 wurde er wegen einer Verunglimpfung der Hakenkreuzfahne vor das Oberste Parteigericht zitiert, konnte sich aber noch mit einer Loyalitätserklärung aus der Affäre ziehen;[9] den Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, soll er als „Hühnerbauern“ bezeichnet haben.

Als Hauptmann der Reserve wurde von Reibnitz zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zum Dienst in der Wehrmacht eingezogen. Schon bald nach seiner Einberufung zur Wehrmacht nach Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde er wegen eines Herzleidens an die sog. Heimatfront zurückgeschickt. Er heiratete am 17. Dezember 1941 in Breslau Maria Anna Gräfin Szápáry de Muraszombath, Széchysziget et Szapár (1911–1998),[4] einer Tochter des österreichisch-ungarischen Diplomaten Graf Friedrich von Szápáry (1869–1935). Er meldete seine zweite Eheschließung zwar der SS, aber er hatte seine Absicht, die Ehe mit seiner ersten Frau durch die Kirche annullieren zu lassen – um dann die Ehe mit Gräfin Szápáry nach katholischem Ritus wieder schließen zu können und die Kinder demzufolge katholisch erzogen werden sollten – nicht gemeldet.[5] Das deutete das Regime als illoyale Haltung. Als besonders belastend galt, dass er gemeinsam mit seiner Ehefrau seinen katholischen Glauben offen und dem System gegenüber trotzig praktizierte. Da die Ehefrau zudem wegen Kontakten mit angeblichen britischen Geheimdienstagenten unter Beobachtung der Gestapo stand[5] und wegen einer Reihe von weiteren banalen „Verstößen“, wurde seine Situation zunehmend kritischer, bis er schließlich im Jahr 1944 sowohl aus der NSDAP wie auch aus der Reiter-SS ausgeschlossen und ihm der Posten des Gaujägermeisters für Schlesien entzogen wurde.[10][11][5]

Am 16. November 1942 wurde der Sohn Friedrich in Breslau geboren, die Tochter Marie Christine, Princess Michael of Kent, am 15. Januar 1945 in Karlsbad im Sudetenland, nahe dem Besitz der Großmutter mütterlicherseits, der Gräfin Hedwig Szápáry, einer Tochter von Alfred III. Fürst zu Windisch-Grätz.[12][4] In den Wirren des Kriegsendes entging er der von Himmler persönlich angeordneten Versetzung zur SS-Sondereinheit Dirlewanger, indem es ihm gelang, bei seiner alten Wehrmachtseinheit unterzutauchen. Im Mai 1945 entkam er aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft und konnte sich nach Bayern durchschlagen. Dort wurde er von den Amerikanern interniert, verhört und schließlich durch die Spruchkammer für Oberbayern am 14. Mai 1948 als "Mitläufer" und als "nicht Angehöriger der im Nürnberger Urteil für verbrecherisch erklärten Organisationen" eingestuft und entnazifiziert.[13] Die Ehe mit seiner zweiten Frau wurde 1946 geschieden.[4] Sie ging mit ihren Kindern 1950 nach Australien.[14] Reibnitz lebte zunächst in München, kam dort im Pelzhandel unter, dann im Versicherungsgeschäft und ging 1950 nach Südafrika, um dort sein eigenes Versicherungsgeschäft zu eröffnen. Am 12. Mai 1950 heiratete er in Johannesburg Esther Schütte (geb. 1909).[4] Die Ehe wurde am 12. Juli 1956 in Pretoria geschieden, als er sich entschloss, Farmer in Mozambik zu werden. In vierter Ehe heiratete er am 15. Dezember 1956 in Umtali, Süd-Rhodesien, Rosemarie verw. von Buddenbrock geb. Kramer (1907–1999),[4] deren Farm Maforga[15] er ausbaute und wirtschaftlich ertragreich machte. Sie war die Tochter von Alois Karl Kramer und die Witwe von Gustav von Buddenbrock und wird deshalb in einigen Quellen Baronin Rosemarie von Buddenbrock genannt.[16]

Günther von Reibnitz 1970

Im Jahr 1976 kehrte von Reibnitz nach Deutschland zurück, während seine Frau zwischen Deutschland und Mozambik hin- und herpendelte, um die Farm weiter zu bewirtschaften. Er verlebte seinen Lebensabend in Hemmingen und starb am 2. März 1983 in Breitbrunn am Chiemsee in Bayern. Sein Grab befindet sich in Garmisch-Partenkirchen.[4] Im Jahr 1986 kehrte seine Witwe aus Gesundheitsgründen nach Deutschland zurück und hinterließ die Farm benachbarten christlichen Missionaren. Sie starb am 30. November 1999 in Marquartstein, Bayern.[4] Die Farm Maforga wird noch heute als Missionsstation weitergeführt.

Die Tochter Margarita aus von Reibnitz' erster Ehe heiratete am 14 September 1947 Charles Jacques Francisco in Sharon, Connecticut, USA.[4]

Am 30. Juni 1978 nahm von Reibnitz an der Ziviltrauung seiner Tochter Marie Christine mit Prince Michael of Kent in Wien teil. Er wurde der Großvater von Lord Frederick Windsor (* 1979)[17] and Lady Gabriella Windsor (* 1981).

Damals wurden erstmals Details in Bezug auf seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus bekannt. Es entstand unter Berufung auf Barry Everingham die Legende, dass er von Hermann Göring als Spion in die SS eingeschleust worden sei,[18] was weder Yad Vashem noch das Simon-Wiesenthal-Institut in Wien – auf die sich Everingham beruft – bestätigen können.[19][20]

Die Zeitschrift Der Spiegel vermutete 1985, dass Reibnitz offenbar unter dem Verdacht stand, mit den Tätern des Attentat vom 20. Juli 1944 zu sympathisieren und deshalb NSDAP und SS verlassen musste.[21]

Am 30. Juni 1979 heiratete von Reibnitz' einziger Sohn Friedrich in Sydney in zweiter Ehe Helen Rodda Williams, die Tochter von Professor Sir Bruce Rodda Williams, Vize-Kanzler der Universität von Sydney.[4]

Literatur[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Bundesarchiv Berlin (ehem. Berlin Document Center) NSDAP-Gaukartei
  2. SS-Stammkarte des „NS-Archivs“ des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS), ZB5983, S. 155, Günther Freiherr von Reibnitz
  3. [1]
  4. 4,00 4,01 4,02 4,03 4,04 4,05 4,06 4,07 4,08 4,09 4,10 4,11 http://www.genealogics.org/pedigree.php?personID=I00004266&tree=LEO – die Seite enthält genealogische Daten, Bilder und Dokumente zur Reibnitz-Familie
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 The Sunday Telegraph vom 28. April 1985
  6. Schlesisches Güteradreßbuch 1926
  7. L'Intermédiaire des chercheurs et curieux, vol. 29, (1979) p. 845
  8. Urteil der Berufungskammer für Oberbayern, Senat Moosburg-Dachau, Ber.Reg. Nr. 859/48, Aktenzeichen I.Instanz: 9464
  9. Bundesarchiv Berlin, Oberstes Parteigericht, I. Kammer
  10. Bundesarchiv Berlin, Akte des Rasse- und Siedlungsamtes
  11. Urteil der Berufungskammer für Oberbayern, Senat Moosburg-Dachau, Ber.Reg. Nr. 859/48, Aktenzeichen I.Instanz: 9464
  12. http://en.cyclopaedia.net/wiki/Prince-Alfred-III-of-Windisch-Graetz
  13. The Times vom 24. April 1985 „Baron nominal party member, tribunal said“, eine vollständige englische Übersetzung des Urteils
  14. The Times vom 25. April 1985
  15. http://www.maforgamission.com/
  16. Ronald Allison, Sarah Riddell, The Royal Encyclopedia (1991), p. 297
  17. L'Intermédiaire des chercheurs et curieux, vol. 29, (1979) p. 601: „Maisons souveraines GRANDE-BRETAGNE: Naissance à Londres le .05.1979 de Lord Frederick Windsor, fils du prince Michel et de la baronne Marie-Christine Reibnitz.“
  18. Barry Everingham, MC: the adventures of a maverick princess (1985) p. 22
  19. Simon-Wiesenthal-Institut Wien, Akte Günther von Reibnitz
  20. Yad Vashem, ref.no. 262278 vom 8. Oktober 2013
  21. http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13513475.html Der Spiegel: Verdammte Schande. Der Spiegel 17/1985, Abgerufen am 13. Februar 2015
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