Günter Fuchs (SS-Mitglied)

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Günter Fuchs (* 23. Juni 1902 in Breslau) war Kriminalkommissar und SS-Hauptsturmführer (SS-Nr. 459844] bei der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) von 1937 bis 1944. Als Referent für Judenangelegenheiten bei der Staatspolizeistelle Litzmannstadt war er für die Zusammenstellung und Organisation der Deportationen aus dem Ghetto Litzmannstadt[1] in die Konzentrations- und Vernichtungslager verantwortlich.

Herkunft und Ausbildung[Bearbeiten]

Als Sohn eines Polizeikommissars besuchte er in Breslau ein humanistisches Gymnasium. Zu Ostern 1930 bestand er die Reifeprüfung. Danach nahm er an der Universität Breslau ein juristisches Studium auf. In seinen Lebensläufen in der NS-Zeit gab er an, das Studium vor dem Referendarexamen abgebrochen zu haben. Danach war er zeitweise in einem kaufmännischen Betrieb tätig. Am 1. Dezember 1932 wurde er Mitglied in der NSDAP. Seine Mitgliedschaft in der SA dauerte von März 1933 bis Anfang 1937. Anschließend leistete er bei der Wehrmacht seinen Wehrdienst ab. Mit seinem Antrag vom 1. August 1937 und einer Eignungsprüfung wurde er von der Staatspolizeileitstelle Breslau bei der Gestapo als Kriminalkommisaranwärter.[2] eingestellt. Ab dem Frühjahr 1939 besuchte er einen Lehrgang an der Führerschule der Sicherheitspolizei in Berlin-Charlottenburg. Im Januar 1940 bestand er die Prüfung zum Kriminalkommissar auf Probe (KK a.P.). Zu dieser Zeit beantragte er auch seine Aufnahme in die SS.

Dienst bei der Gestapo in Litzmannstadt[Bearbeiten]

Am 30. Januar 1940 wurde er als Hilfskriminalkommissar nach Litzmannstadt in Polen abkommandiert und übernahm nominell das Referat II B 4 der Gegnererforschung und -bekämpfung bei der Stapo Litzmannstadt, welches aus 32 Angehörigen bestand[3]. Die Planstelle zum Kriminalkommissar erhielt er am 1. Oktober 1940. Mit der Übernahme in das Beamtenverhältnis am 22. Oktober 1940 wurde er zum Kriminalkommissar ernannt. Fuchs hatte in seiner Funktion auch die Aufgabe, Kontrollmaßnahmen der Gestapo im Ghetto von Litzmannstadt auszuführen.

Zu diesem Zweck wurde bei der Polizei am Baluter Ring zwei Diensträume für Untergebene seines Referats eingerichtet. In dieser Funktion waren in wechselnder Dienstfolge verschiedene Gestapoleute u. a. tätig: Alfred Stromberg, Alfred Richter, Helmut-Georg Kriszons, Erwin Russ, Franz Walden, Walter Karel und Alex Tust als Dolmetsche.[4][5]

Fuchs wurde aber auch selbst immer in Ghetto tätig, wenn es galt, Unruhen und Transporte von Verschleppten in Konzentrations- und Vernichtungslager zu bewältigen. Dabei schreckte er auch nicht zurück, mit der Pistole auf alle zu schießen, die sich nicht seinem Kommando bedingungslos fügten. 1942 "würdigte" der stellvertretende Stapo-Leiter SS-Sturmbannführer Herbert Weygandt Fuchs, dass er sich "bei der Bekämpfung des jüdischen Staatsfeindes erhebliche Verdienste erworben" hatte. Mit dieser Belobigung wurde ihm im Frühsommer 1942 das Kriegsverdienstkreuz zweiter Klass mit Schwertern verliehen.[6]

Seine Karriere in der SS verlief trotz seiner Belobigungen recht schleppend. Seine Ernennung zum SS-Staffelmann erfolgte erst am 25. Mai 1943. Und unter Befürwortung der Leitung der Stapo-Führung von Litzmannstadt und des Inspekteurs der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (IdS) in der Staatspolizeileitstelle Posen wurde er erst am 30. Januar 1944 zum SS-Hauptsturmführer befördert. Von Januar 1944 bis zum Frühjahr des Jahres wurde er zum »Wetterkommando Legath« (Auch: SK Legath)[7] abkommandiert, eine Enterdung von Massengräbern, wo reihenweise Verfolgte des NS-Regims verscharrt worden waren.[8]

Im Zeitraum von Juni 1944 bis September 1944 war er wieder in Litzmannstadt tätig, wo er auch an der gewaltsamen Auflösung des Ghettos mitwirkte. Im September 1944 erfolgte seine Versetzung zum 13. SS-Polizeiregiment nach Kärnten.[9]

Nachkriegszeit[Bearbeiten]

Von Juni 1945 bis April 1948 befand er sich in britischer Internierungshaft. Das Spruchgericht Bielefeld verurteilte ihn im Rahmen der Entnazifizierung am 8. Dezember 1948 zu drei Jahren und sechs Monaten Haft. Es folgen verschiedene Tätigkeiten als Arbeiter und Angestellter. Ab 1953 nahm er eine Beschäftigung im niedersächsischen Ministerium für Vertriebene in Hannover auf. Eines Tages begegnete er Touristen aus Israel auf der Straße, und unter diesen war mindestens eine Person, die ihn auf der Stelle aus seiner Rolle in Litzmannstadt wiedererkannte.

Am 5. Mai 1960 wurde er in Hannover festgenommen und kam in die Untersuchungshaftanstalt Hannover. Am 18. November 1963 urteilte das Landgericht Hannover über ihn:

„Der Angeklagte Günter Fuchs ist schuldig: des Mordes in neun Fällen, davon in drei Fällen begangen in Mittäterschaft, des versuchten Mordes in zwei Fällen sowie eines gemeinschaftlichen begangenen Verbrechens der Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord an mindestens 15.000 Menschen. Er wird deshalb zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt.“[10]

Seine Haft verbrachte er in der Strafvollzugsanstalt Celle, wo er am 2. Mai 1980 vorzeitig frei kam.

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Ghetto Litzmannstadt in der deutschsprachigen Wikipedia
  2. Irene Sagel-Grande (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Band 19. Amsterdam 1978, ISBN 978-90-6042-019-5, S. 485–557, hier: S. 490 (847 S., Verfahren Lfd.Nr.557: Andere Massenvernichtungsverbrechen).
  3. Peter Klein: Die "Gettoverwaltung Litzmannstadt" 1940 bis 1944: eine Dienststelle im Spannungsfeld von Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik. Hamburger Edition, Hamburg 2009, ISBN 978-3-86854-203-5, S. 542 (683 S.).
  4. Gerda Zorn: "Nach Ostland geht unser Ritt": Deutsche Eroberungspolitik und deren Folgen. Das Beispiel Lodz. 2. Auflage. Köln 1988, ISBN 978-3-87682-841-1, S. 207 (213 S.).
  5. Peter Klein: Die "Gettoverwaltung Litzmannstadt" 1940 bis 1944: eine Dienststelle im Spannungsfeld von Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik. Hamburger Edition, Hamburg 2009, ISBN 978-3-86854-203-5, S. 544 (683 S.).
  6. Peter Klein: Die "Gettoverwaltung Litzmannstadt" 1940 bis 1944: eine Dienststelle im Spannungsfeld von Kommunalbürokratie und staatlicher Verfolgungspolitik. Hamburger Edition, Hamburg 2009, ISBN 978-3-86854-203-5, S. 643 (683 S.).
  7. Hinweise zum "Wetterkomando Legath"
  8. Diese Enterdungen dienten der Vernichtung der Leichen der Opfer der Massenmorde von Sonderkommandos der SS, des SD, der Gestapo und verschiener Polizeieinheiten. Siehe Sonderaktion 1005 in der deutschsprachigen Wikipedia
  9. Günter Fuchs - Personendaten
  10. Irene Sagel-Grande (Hrsg.): Justiz und NS-Verbrechen. Band 19. Amsterdam 1978, ISBN 978-90-6042-019-5, S. 489 (847 S.).
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