Erlanger Senioren-Convent

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche
Erste Brustbänder – Senioren der Erlanger Märker, Ansbacher, Guestphalen und Franken (1801, Reproduktion)
1. Kösener Fenster (Onoldia)
2. Kösener Fenster (Onoldia)

Der Erlanger SC ist der Senioren-Convent (Hochschule) (SC) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen. Seit 1866 stellte er sechsmal den Vorort des KSCV.

Geschichte[Bearbeiten]

In der Entstehung des Erlanger Senioren-Convents haben drei Elemente zentrale Bedeutung:

Onoldia[Bearbeiten]

In allen dreien kommt dem Corps Onoldia Erlangen eine Schlüsselfunktion zu; denn als ältestes Erlanger (und Kösener) Corps hat es von den Studentenorden Weltoffenheit und demokratische Grundstruktur, einen Teil des Brauchtums und den Grundsatz der lebenslänglichen Zugehörigkeit übernommen. Es hat das landsmannschaftliche Kantonprinzip schon bei der Stiftung aufgegeben, drei späteren Waffencorps ins Leben verholfen und sich bis heute als Lebenscorps erhalten.

Das Original des Erlanger SC-Comments von April 1800 befindet sich seit 1818 beim Corps Moenania Würzburg. Die bestehenden Verbindungen anerkennen sich darin als „Gesellschaften“. Die Bezeichnung „Corps“ bürgerte sich erst um 1818 ein. Bei der Entstehung der Erlanger Urburschenschaft 1817/18 war der SC als traditioneller Machtträger der eigentliche Gegenspieler. 1818 und 1820 regte der Erlanger SC einen überregionalen Corps-Verband an, der erst 1848 mit dem Kösener Senioren-Convents-Verband verwirklicht wurde. Der SC schloss sich ihm 1861 an. Der KSCV schenkte Onoldia 1898 zum 100. Stiftungsfest ein Fenster mit den Studentenwappen aller Kösener Corps; sie habe „vor 100 Jahren in der ruhmreichen Geschichte der deutschen Corps den Weg eröffnet“.[1]

Baruthia[Bearbeiten]

PP-Suite Baruthia c/a Onoldia (1850)

Am 26. Juni 1802 traten 13 Anhänger des landsmannschaftlichen Prinzips, meist gebürtige Bayreuther, aus Onoldia aus. Unter Führung von Gottlieb Keim aus Kulmbach konstituierten sie und einige frühere „Franken“ am 14. Juli 1803 ihre Landsmannschaft, die sich bald „Gesellschaft“ und ab 1818 Corps nannte. Am 11. März 1877 wurde das bisherige Lebenscorps Baruthia Waffencorps; es öffnete sich damit für Kartellabschlüsse mit anderen Corps.[2]

Bavaria[Bearbeiten]

Bavaria I[Bearbeiten]

Am 17./18. Mai 1820 trat eine Gruppe von etwa 40 „Liberalen“ aus der Allgemeinen Burschenschaft aus, als diese über den SC den Verruf verhängte. Sie gründeten im November eine Concordia (blau-schwarz-gold) mit enger Beziehung zu den Corps. Am 25. Mai 1821 stifteten einige das Corps Bavaria I, während die übrigen zur Burschenschaft zurückkehrten. Bavaria stellte im Wintersemester 1824 wegen fehlenden Nachwuchses den Betrieb ein. Erste Versuche einer Rekonstituierung blieben erfolglos. 1835 bemühte sich eine Obskurantenvereinigung vergeblich um die Anerkennung des SC als „Bavaria“. Vier Mitglieder wurden am 26. April 1836 bei Baruthia rezipiert.[3]

Bavaria II[Bearbeiten]

Im August 1840 stifteten zwölf ehemalige Renoncen (äußere Mitglieder) Onoldias Bavaria, die am 17. November 1841 in den SC aufgenommen wurde. Vom 21. Juli 1881 bis 21. Juli 1887 behördlich suspendiert, wurde Bavaria bis zur Wiederzulassung unter Decknamen (Rhenania, Normannia) fortgesetzt. Lange galt der 11. August 1840 als Tag der Gründung. Die Rückdatierung auf 1821 wurde vom oKC 1921 genehmigt. Am 31. Januar 1936 auf Druck der NSDAP aufgelöst, konnte sie am 8. März 1949 rekonstituiert werden.[4]

Rhenania[Bearbeiten]

Rhenania I[Bearbeiten]

Am 1. Juni 1821 kündigten mehrere Erlanger Renoncen dem SC die Gründung eines vierten Corps Rhenania an. Dieses bestand bis zum Wintersemester 1823/24 mit den Farben Blau-Weiß-Rot.[5]

Rhenania II[Bearbeiten]

Am 15. Juli 1873 stifteten Corpsburschen Onoldias das „Waffencorps Onoldia“; Vermittlungsbemühungen führten zur Namenswahl Rhenania II. Da die Lebenscorps Onoldia, Baruthia und Bavaria im „Erlanger Sezessionsstreit“ die Anerkennung verweigerten, wurden sie von Rhenania in Verruf gesteckt. Der KSCV billigte den Verruf und gewährte Rhenania im Congress Sitz ohne Stimme. Sie suspendierte am 10. Juni 1875 und wurde am 14. Juni 1875 fortgesetzt als Franconia, die am 21. Mai 1878 suspendierte. Erst am 17. Oktober 1894 wurde Rhenania durch Mitglieder der Erlanger Pfarrerstochter unter Übernahme der Franken-Philister von 1875-1878 und Verzicht auf äußere Traditionen der Onoldia rekonstituiert.[6] Die Farben sind hellblau-weiß-blutrot. 1935 unter politischem Druck aufgelöst, wurde Rhenania am 1. Juli 1950 rekonstituiert. Die Fusion mit Brunsviga München führte 1979 zum Doppelnamen Rhenania-Brunsviga.

Guestphalia[Bearbeiten]

Guestphalias Steinwappen am Corpshaus

1873 als Akademischer Pharmazeuten-Verein gegründet und 1887 akkreditiert, war das Corps Guestphalia Erlangen von 1906 bis 1930 im Rudolstädter Senioren-Convent. Es wurde 1935 trotz der Gleichschaltung in den SC zu Erlangen und damit in den KSCV aufgenommen. Mit anderen Erlanger Verbindungen löste sie sich am 31. Januar 1936 auf. Die Mitglieder traten 1938 dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund bei und versuchten durch Gründung der Kameradschaft „Ludendorff“ die Identität und das Corpshaus zu retten. Bis 1940 wurden Mensuren gefochten. Das Corps rekonstituierte 1948 und gehört seit 1976 zum Magdeburger Kreis.[7]

Nachkriegszeit[Bearbeiten]

Zur Zeit des Nationalsozialismus im Januar 1936 zwangsweise aufgelöst, blühte der Erlanger SC ab 1947 wieder auf. Der KSCV existierte seit 1935 nicht.

Misnia und Guestphalia Würzburg[Bearbeiten]

Als erstes Corps in Erlangen eröffnete das aus Leipzig verlegte Corps Misnia IV den aktiven Betrieb am 14. Dezember 1946. Das Corps Guestphalia Würzburg – am 27. Februar 1875 im SC zu Würzburg gegründet – rekonstituierte am 20. November 1947 in Erlangen. Mit Misnia IV und dem Nürnberger Kriegscorps Franko-Bavaria entstand Ende November 1947 ein wohl „informeller SC“; durch Akten oder SC-Protokolle ist er nicht gesichert.[8] Er wurde offenbar abgelöst durch einen Waffenring, dem auch die Burschenschaft Germania angehörte.[9] Für Zusammenkünfte diente der Goldene Helm in der Helmstraße. Die Würzburger Westfalen kehrten im November 1949 nach Würzburg zurück und fusionierten am 30. Juli 1950 mit den Makaren zum Corps Makaria-Guestphalia Würzburg. Die Franko-Bavaren erhielten das Ansbacherband, nachdem sie ihren Bund aufgelöst und im April 1948 auf Onoldias Farben gefochten hatten. Misnia löste sich am 3. Dezember 1949 auf und rekonstituierte am selben Tag das Corps Lusatia Leipzig, das bis zur Verlegung nach Berlin am 20. April 1958 dem SC zu Erlangen angehörte.[10] Damals wie heute stehen Lusatia und Onoldia in engen Beziehungen.

Rekonstitution des SC[Bearbeiten]

Die autochthonen Erlanger Corps Onoldia, Bavaria und Guestphalia rekonstituierten den SC zu Erlangen am 12. November 1949. Aus einem Schreiben dieses SC geht hervor, dass Guestphalia Würzburg zu Erlangen wie die Erlanger Burschenschaft Germania einen rechtslastigen, politisch jedenfalls gefährlichen Kurs steuerte. In den SC wurde sie deshalb nicht aufgenommen. Lusatia trat dem SC wohl schon am 3. Dezember 1949 bei, Baruthia erst später. Dieser autochthone SC mit Onoldia, Bavaria, Guestphalia und Lusatia beteiligte sich Anfang 1950 an der Gründung der „Interessengemeinschaft“, die die Wiederbelebung des KSCV einleitete.

Das Corps Normannia-Halle wurde am 8. Juli 1951 durch ehemalige Würzburger Westfalen in Erlangen rekonstituiert und vom SC als 5. Corps aufgenommen. Am 25. April 1961 verlegte es nach Gießen.

Heutiger SC[Bearbeiten]

Studentische Fechtwaffe: Korb. – Chargenzeichen x, xx, xxx.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

Erlanger Corpsdiener (1890)
  1. Hans Peter Hümmer: Die Kösener Fenster im Corpshaus der Onoldia. Einst und Jetzt, Bd. 34 (1989), S. 49–52
  2. Peter Stempel, Götz Grimmeiß, Rudolf Hübner: Corps Baruthia 1803-2000. Erlangen 2000
  3. Hermann Leupold: Erlangia – Concordia – Bavaria. Einst und Jetzt, Sonderheft 1987
  4. Robert Paschke (Hg.): Annalen des Corps Bavaria zu Erlangen, 1. Bd. 1840–1860. Erlangen 1929
  5. Ernst Meyer-Camberg: Rhenania I zu Erlangen 1821–1823. Einst und Jetzt, Bd. 29 (1984), S. 17-32
  6. Erlanger Universitätskalender, Sommersemester 1926, S. 94
  7. Hans-Otto Keunecke: Guestphalia Erlangen, Corps. Erlanger Stadtlexikon, Nürnberg 2002
  8. Hans Peter Hümmer: Das freie Corps Franko-Bavaria (1941–1947). Seine Rolle für die Rekonstituierung der Onoldia und des SC zu Erlangen nach dem II. Weltkrieg. Einst und Jetzt 55 (2010), S. 383–416
  9. Die B! Germania Erlangen gehört heute zum Süddeutschen Kartell (Burschenschaft)
  10. Egbert Weiß: Wann wurde der SC zu Erlangen rekonstituiert? Einst und Jetzt 48 (2003), S. 347

Literatur[Bearbeiten]

  • Ernst Deuerlein: Beiträge zur Geschichte der alten Erlanger Frankonia. 1810–1831. Erlanger Heimatblätter, Bd. 11, 1928, S. 129-130
  • Hans Peter Hümmer: Ewigkeit geschwor’nen Eyden. 200 Jahre Corps Onoldia. Erlangen 1998 (ausführlich zur SC-Geschichte).
  • Hans Peter Hümmer: Erlangen – ein frühes Zentrum des NS-Studentenbundes. Einst und Jetzt, Bd. 45 (2000), S. 177–214.
  • Ernst Meyer-Camberg: Frankonia II zu Erlangen (1796-1803). Einst und Jetzt, Bd. 25, 1980, S. 115-127.
  • Ernst Meyer-Camberg: Frankonia III zu Erlangen 1810–1831. Einst und Jetzt, Bd. 28, 1983, S. 9-33
  • Ernst Meyer-Camberg: 21 der ältesten Constitutionen der Corps und ihrer Vorläufer bis zum Jahre 1810 [Erlangen]. Einst und Jetzt, Sonderheft 1981, S. 13–50.
  • Ernst Meyer-Camberg: Die Onoldia zu Erlangen. Das erste deutsche Corps. München 1983
  • Gerhard Neuenhoff: Die Stiftung der Franconia Erlangen 1821 (Zerwürfnisse im SC zu Erlangen und Würzburg). Einst und Jetzt, Bd. 17 (1972), S. 126–136.
  • Robert Paschke: Vorort im Kösener Senioren-Convents-Verband vor 100 Jahren (1866/67). Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Erlanger SC. Einst und Jetzt, Bd. 13 (1968), S. 20–32.
Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.