Emotionales Management

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Emotionales Management ist ein Begriff, der zwei Dimensionen beinhaltet: zum einen „Management MIT Gefühl“ im Sinne von „Führung im Unternehmen “ (siehe Gonschorrek: „Emotionales Management“) und zum anderen „Management DER Gefühle“ im Sinne von „Umgang mit und Veränderung von Gefühlen“. Emotionales Management als Begriff ist im Zuge der Diskussion um „Emotionale Intelligenz“ (z.B. Goleman) und neue Managementkonzepte entstanden, die nicht mehr nur die so genannten „harten“ (betriebwirtschaftliche und technisch-organisatorische) sondern auch die „weichen“ Unternehmensfaktoren (Mitarbeiterzufriedenheit, Konfliktlösung usw.) betonen. „Härtester Faktor der Veränderung ist der weiche Faktor Unternehmenskultur“ (Prof. Dr. Peter Kruse). Zentral dabei ist der Umgang mit den Mitarbeitern, der Umgang der Mitarbeiter untereinander und der Umgang jedes einzelnen mit sich selbst. Immer deutlicher wird dabei, dass der gekonnte Umgang mit Emotionen hierfür unerlässlich ist, auch wenn diese in der Arbeitswelt lange unpopulär waren. „Emotionales Management“ berücksichtigt die entscheidende Rolle von Emotionen am Arbeitsplatz: „Die emotionale Aufgabe von Führungskräften ist von grundlegender Bedeutung: Sie ist sowohl das ursprünglichste als auch das wichtigste Element von Führung.“(Daniel Goleman in: „Emotionale Führung“, Berlin 2005)

Emotionales Management (EM) ist als Coachingkonzept von Hannelore Demel weiter entwickelt worden und umfasst beide oben genannte Dimensionen. EM setzt die Forderung, nach den „weichen Faktoren“ mit Hilfe von konkret umsetzbaren Methoden um. Diese ermöglichen es Führungskräften, aber auch Menschen allgemein, Emotionen so zu lenken, dass sie selbst zu innerer Gelassenheit finden und ein konstruktives Miteinander entwickeln. EM bezieht sich sowohl auf den Umgang mit eigenen Emotionen als auch auf den Umgang mit den Emotionen anderer Menschen oder gesamter Situationen. Dabei geht es darum, unterbewusste Prägungen und Emotionen bewusst zu machen und deren Auswirkungen auf den Alltag zu verändern.

Zentrale Erweiterung des Konzepts des Emotionalen Managements (EM) sind die grundlegende Haltung von Mitgefühl, die Fähigkeit zur Empathie und eine liebevolle und wertschätzende Haltung sich selbst und anderen gegenüber. Das Konzept des Emotionalen Managements kann in allen Bereichen verwendet werden, in denen es darum geht, erfolgreiche Beziehungen zu anderen Menschen zu gestalten und die eigene Person bewusst zu führen: in der Mitarbeiter- und Unternehmensführung, in Kundenservice und Vertrieb, in Beratung und Weiterbildung oder in privaten Beziehungen.

Grundannahmen des Emotionalen Managements[Bearbeiten]

Emotionales Management geht davon aus, dass in der Psyche eines Menschen viele verschiedene Faktoren zusammenspielen, die das Verhalten und Erleben beeinflussen und Gefühle erzeugen:

Innere Faktoren, z.B.

  • prägende familiäre und biographische Erfahrungen
  • frühere Wünsche und Bedürfnisse
  • aktuelle Wünsche und Bedürfnisse

Äußere Faktoren, z.B.

  • aktuelle Situationen und Konstellationen, in denen man sich befindet
  • Wünsche und Bedürfnisse von anderen
  • Rollenzuschreibungen

Dieses komplexe Zusammenspiel ruft in einem Menschen unterbewusste Reaktionsmuster hervor, die in einer Situation einschränkend oder behindernd wirken können. Diese Muster zeigen sich nicht immer in Form von konkret wahrnehmbaren Gefühlen, sondern zum Beispiel auch in Verhaltensweisen, die zunächst nicht erklärbar sind.

Emotionales Management führt diese inneren und äußeren Faktoren zu einem Gesamtbild zusammen, ohne die ein Problem nicht verstanden und gelöst werden kann. Die Grundannahme des EM ist, dass die Psyche des Menschen einer inneren Logik folgt. Jedes Verhalten hat einen Sinn, einen Hintergrund und vor allem eine gute Absicht. Das Entdecken der inneren Logik eröffnet einen Blickwinkel, der diese gute Absicht im aktuellen Verhalten erkennen lässt. Allein durch dieses Erkennen wird ein innerer Raum geöffnet, der Veränderung und Wachstum ermöglicht.

Die grundlegende Haltung von Liebe und Mitgefühl ist dabei die wichtigste Voraussetzung, ohne die sich die Psyche nicht verstehen und sich auch nicht verändern lässt. Diese Haltung von Liebe und Mitgefühl öffnet Türen sowohl in der eigenen Psyche als auch im Kontakt mit anderen Menschen. Sie löst Negativität auf und gibt Raum und Entscheidungsfreiheit für verschiedene Handlungsmöglichkeiten.

Beispiel: Eine Führungskraft hat Schwierigkeiten mit Präsentationen vor einer größeren Gruppe. Sie hat aufgrund dessen einige Vermeidungstaktiken entwickelt, die sie jedoch schon einmal eine Beförderung gekostet haben. Was dieser Führungskraft nicht bewusst ist, ist ein in frühester Kindheit gelerntes tief sitzendes Muster, sich stark zurückzunehmen und keine Aufmerksamkeit zu beanspruchen. Dieses Muster entwickelte sie als Kind während einer langen schweren Krankheit ihrer Mutter, welche damals nicht in der Lage gewesen wäre, diese Bedürfnisse zu erfüllen. Das Kind glaubte damals, dass ein bestimmtes Maß an Aufmerksamkeit für die eigene Person der Mutter schaden und damit auch den eigenen Untergang besiegeln würde.

Das damals stimmige Verhalten verblieb im Unterbewusstsein und übernahm immer dann die Führung, wenn eine Situation mehr als ein bestimmtes Maß an Selbstdarstellung erforderte. Dieser Mechanismus wirkte so lange weiter, bis sich die Führungskraft im EM-Coaching die Zusammenhänge zwischen ihrem aktuellen Verhalten und seiner Entstehung in der Vergangenheit ("Zwiebelmodell der Persönlichkeitsstruktur") bewusst machte und mit Hilfe der Methoden des EM integrieren konnte. Erst dann war es ihr möglich, ein anderes Verhalten zu aktivieren, das der aktuellen Situation angemessener war. Wenn dennoch einmal ein ungutes Gefühl bei Präsentationen auftauchte, konnte sie es auffassen als freundliche Erinnerung an ihre Liebe zur Mutter und an ihre konstruktive Fähigkeit, sich zurücknehmen zu können, ohne dass es ihre Präsentation weiter behinderte.

Zwiebelmodell

Vorgehensweise des Emotionalen Managements[Bearbeiten]

Im ersten Schritt geht es dem Anwender von EM darum, dieses komplexe Zusammenspiel von Innen und Außen sichtbar zu machen. Dabei nutzt der EM-Anwender das Modell des inneren Teams (Schulz von Thun). Dieses beschreibt verschiedene Seiten oder Anteile in ein und derselben Person, die häufig in entgegen gesetzte Richtungen streben und unterschiedliche Gefühle hegen. Dadurch wird innerpsychischer Stress erzeugt. Die verschiedenen Anteile zeigen sich häufig nur in unterbewussten Reaktionen. Im EM werden sie bewusst gemacht, neu bewertet und so innerhalb der Psyche an neuer Stelle integriert. Durch die Neubewertung können vorher behindernde Verhaltensweisen an anderer Stelle zu neuen Ressourcen werden. Dies macht Verhaltensänderungen in kurzer Zeit möglich. Ziel ist es, eine Situation auf neue Weise zu erleben und sich danach auf eine neue Weise zu verhalten. So kann ein Mensch Blockaden auflösen, innere Gelassenheit entwickeln und Zugang zu eigenen Ressourcen finden.

Für die Bearbeitung solcher „Störfaktoren“ kombiniert EM verschiedene lösungsorientierte Methoden, die auch in der Psychotherapie eingesetzt werden. Hierfür müssen die Gefühle jedoch nicht direkt ausgedrückt werden.

Eine wichtige Rolle spielen neben systemischen Aufstellungsmethoden Mentaltechniken aus Kampfkunst und Sport und das Einbeziehen von Körperbewusstsein und Körpermarkern (oder auch „Somatische Marker“ nach Damasio). Körpermarker sind Reaktionen aus dem eigenen Körper, die Gefühle und innere Haltungen anzeigen. Sie werden im EM besonders genutzt, um mit sich selbst klarer umzugehen und eigene Muster auch unabhängig von einem Coach bewusst zu spüren. Das ist die Voraussetzung für Selbsterkenntnis. Hierzu schult EM vor allem das Körperbewusstsein, welches die wichtigste Grundlage für die eigene psychische Hintergrundarbeit ist. Für Veränderungsprozesse in der eigenen Psyche werden außerdem innere Bilder und Konzentration auf Stärken und Ressourcen eingesetzt.

Theoretischer Hintergrund[Bearbeiten]

Im Emotionalen Management fließen bewährte Ansätze aus Therapie und Beratung, neueste psychologische und neurobiologische Erkenntnisse und uralte Weisheit zusammen, unter anderem:

Emotionales Management in der Wirtschaft[Bearbeiten]

EM überträgt die Erkenntnisse der inneren Logik und des komplexen Zusammenwirkens von inneren und äußeren Faktoren und Bedürfnissen auch in die Welt der Wirtschaft und ins Management. Dabei werden persönliche Bedürfnisse mit unternehmerischen Zielsetzungen und mit den Bedürfnissen und Zielsetzungen von außen (z.B. die anderer Unternehmen zwecks Zusammenarbeit oder die anderer Menschen) in Einklang gebracht. So bezieht EM beispielsweise die Auswirkungen von persönlichen Entscheidungen auf das gesamte Unternehmen oder auch unterschwellige Kräfte, die von innen und außen auf ein Unternehmen wirken, in eine Beratung mit ein. Dies beinhaltet die gesamte Umweltsphäre (z.B. die Gesellschaft, Technologien, Wirtschaft, Ökologie usw.) und damit auch alle Anspruchsgruppen (Stakeholder) des Unternehmens (siehe auch St. Galler Management-Modell). Ebenso einbezogen werden müssen hintergründige Kräfte wie die innere Unternehmenskultur einschließlich aller tatsächlich gelebten Normen und Werte, Einstellungen und Haltungen. Daher benötigt der Anwender des EM eine komplexe Sichtweise auf das Thema und einen ganzheitlichen Blickwinkel.

Im Emotionalen Management liegt ein Schwerpunkt auf der Arbeit mit Führungskräften und auf ihrer Ausbildung, da auf den Führungsebenen die Weichen gestellt werden für die Prozesse und Umgangsweisen im gesamten Unternehmen und letztlich in der Gesellschaft. EM sieht die Notwendigkeit, die Haltung von Liebe und Mitgefühl, Verständnis und Kooperationsbereitschaft in der Unternehmenskultur zu verankern, um langfristige Zufriedenheit aller zu ermöglichen. Langfristiges Investieren in Menschen belohnt Unternehmen schon heute und zukünftig auch finanziell (siehe auch Kondratieff-Zyklus).

Emotionales Management als Selbstcoachingkonzept[Bearbeiten]

Das Methodenrepertoire und die Grundlagen des Emotionalen Managements werden auch als Selbstcoaching-Konzept aufbereitet und gelehrt. Denn EM geht davon aus, dass jeder Mensch einen Zugang zu innerer Klarheit und Weisheit hat und dazu in der Lage ist, auch komplexe Situationen selbst zu erfassen und Lösungen dafür zu finden. Ziel ist daher, Menschen zu befähigen, eigene Emotionen und komplexe Situationen selber klären zu können und unabhängig zu werden von externer Beratung. Dies ermöglicht den Anwendern, für sich selber persönliche Themen zu klären, Blockaden zu lösen, Anpassungen vorzunehmen und die eigene Energie gezielt auszurichten. Das Wissen hierfür erlangen sie über entsprechende Weiterbildungen oder über die zeitweise Arbeit mit einem in EM ausgebildeten Coach.

Vergleich / Einordnung[Bearbeiten]

Emotionales Management (EM) steht zum einen auf den Schultern der humanistischen und systemischen psychologischen Ansätze und Verfahren. Zum anderen nutzt es die neuen Erkenntnisse aus der Forschung zur Emotionalen Intelligenz. Darüber hinaus führt das Emotionale Management diese Ansätze und Erkenntnisse mit der zeitlosen buddhistischen Haltung von Liebe, Mitgefühl und Achtsamkeit zusammen und mit den neuesten neurobiologischen Erkenntnissen über die konkreten Auswirkungen dieser Haltung auf Gehirnstrukturen und Körperbewusstsein. EM überträgt außerdem die therapeutischen Methoden in den Unternehmensalltag und verfolgt dort das Ziel, Menschen zu befähigen, mit den Methoden des EM sich selbst oder Situationen schnell zu klären und die benötigten Ressourcen dafür zu aktivieren.

Ein weiteres Konzept, welches sich direkt auf auf die emotionale, bisher oft ignorierte Seite von Unternehmen und auf den Umgang mit Emotionen in der Wirtschaft bezieht ist das der "emotionalen Viren" von Breuer und Frot (siehe Buch "Das emotionale Unternehmen"). Die Metapher der emotionalen Viren benennt verborgene negative Emotionen (unbearbeitete Machtkonflikte, Angst- und Unsicherheitsgefühle etc.), welche nicht ausgedrückt werden und dadurch eine Zusammenarbeit zwischen Menschen oder sogar Unternehmen verhindern. So wird eine "mentale Verschmutzung" erzeugt. Das Konzept legt den Fokus auf die "kollektiven Emotionen", und zwar insbesondere im interkulturellen Kontext (z.B. bei Fusionen, Change-Management-Projekten u.a.).

Literaturauswahl[Bearbeiten]

  • Bandler, Richard, Grinder, John: „Neue Wege in der Kurzzeittherapie“, Paderborn 1981
  • Bauer, Joachim: „Das Gedächtnis des Körpers. Wie Beziehungen und Lebensstile unser Gedächtnis steuern.“ München 2004
  • Breuer,Jochen Peter, mit Frot, Pierre: "Das emotionale Unternehmen: Mental starke Organisationen entwickeln - Emotionale Viren aufspüren und behandeln" Wiesbaden 2010
  • Csikszentmihalyi, Mihaly: „Flow. Das Geheimnis des Glücks.“ 15. Auflage 2010
  • Dae Poep Sa Nim, Ji Kwang: „Daily Fragrance of the Lotus Flower Vol. 1 (1992)“ Hawai’i, 2011
  • Damásio, António R.: „Ich fühle, also bin ich - Die Entschlüsselung des Bewusstseins“, München: List, 2000
  • Ekman, Paul: „Gefühle lesen. Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren.“ Heidelberg 2010
  • Erickson, M.H.; Rossi, E.L.: „Hypnotherapie: Aufbau - Beispiele – Forschungen“ München, 1999
  • Goleman, Daniel: „EQ. Emotionale Intelligenz“ 1997, "Emotionale Führung" (zusammen mit Boyatzis und McKee),6. Auflage, Berlin 2010
  • Gonschorrek, Ulrich: „Emotionales Management. Erfolgsfaktoren sozial kompetenter Führung“ Frankfurt 2002
  • Händeler, Erik: "Kondratieffs Gedankenwelt. Die Chance im Wandel zur Wissensgesellschaft." 5. Auflage, Moers 2011
  • Hüther, Gerald: „Die Macht der inneren Bilder. Wie Visionen das Gehirn, den Menschen und die Welt verändern“ Göttingen 2006
  • Kruse, Peter: „Next Practice. Erfolgreiches Management von Instabilität“ 15. Auflage 2004
  • Rosenberg, Marshall: „Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens.“ 9. Auflage 2007
  • Seligman, Martin E.P.: „Der Glücksfaktor. Warum Optimisten länger leben.“ 8. Auflage Köln 2011
  • Shazer, de, Steve: „Mehr als ein Wunder: Lösungsfokussierte Kurztherapie heute“ 2. Aufl. 2011
  • Schmidt, Gunther: „Einführung in die hypnosystemische Therapie und Beratung“, Heidelberg 2005
  • Sparrer, Insa: „ Wunder, Lösung und System: lösungsfokussierte systemische Strukturaufstellungen für Therapie und Organisationsberatung“ Heidelberg 2009
  • Thich Nhat Hanh: „Körper und Geist in Harmonie. Die Heilkraft buddhistischer Psychologie“ München 2009
  • Tsültrim Allione: „Den Dämonen Nahrung geben“ München 2009
  • Watzlawick, Paul: „Menschliche Kommunikation: Formen, Störungen, Paradoxien“ Bern 1972

Weblinks[Bearbeiten]

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