Brainspotting

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Brainspotting ist eine psychotherapeutische Methode zur Behandlung von traumatisierten Menschen. Sie dient zur Findung, Verarbeitung und Lösung der Ursachen von emotionalem und körperlichem Schmerz, von Trauma, Dissoziation und anderen Symptomen. Die Methode kann auch zum Einzelcoaching eingesetzt werden. Durch die Fokussierung der Augen auf einen Punkt, den so genannten Brainspot, wird an traumatischen Inhalten gearbeitet.

Entstehung[Bearbeiten]

Brainspotting wurde 2003 auf dem Hintergrund von Somatic Experiencing und EMDR von dem amerikanischen Psychoanalytiker David Grand, Ph.D. entwickelt. Dr. Grand arbeitete mit einer 16jährigen Eiskunstläuferin, die nicht in der Lage war, den dreifachen Rittberger zu springen, obwohl sie schwierigere Sprünge beherrschte. Grand arbeitete bereits ein Jahr mit dieser Klientin, als ihm während einer EMDR-Sitzung auffiel, dass an bestimmten Stellen ihrer Augenfolgebewegungen, Mikrosakkaden (schnelle, ruckartige Augenbewegungen) auftraten. Grand entschied sich, die Sitzung fortzusetzen, indem er die Klientin auf den jeweiligen Punkt fokussieren ließ. Mehrere Minuten lang brachen daraufhin traumatische Inhalte begleitet von starkem Affekt aus ihr heraus. Am nächsten Tag gelang es ihr, einen perfekten Rittberger auszuführen. David Grand taufte den inneren und äußeren Punkt, auf den er seine Klientinnen und Klienten fixieren ließ, Brainspot.

Hintergründe[Bearbeiten]

Sind Menschen körperlichen oder emotionalen Belastungen ausgesetzt, reagiert das sympathische Nervensystem. Es kommt zunächst zu einer starken Aktivierung, wie beispielsweise beim Flucht- oder Kampfreflex. Ist die Belastung nicht mehr zu bewältigen, kommt es zu einer Blockierung des symphathischen Nervensystems, wie etwa beim Totstellreflex (Zustand der Erstarrung und Lähmung). Das Erleben der Bedrohung wird „eingefroren“ und ist für unser Bewusstsein schwer bis gar nicht mehr zugänglich. Die Bearbeitung des Ereignisses bleibt auf der Ebene der Reflexe stecken.

Die Theorie hinter der Methode ist, dass man über die Fokussierung des Brainspots einen besonders direkten Zugang zum Erlebten und zu den Symptomen hat, die dem Bewusstsein, der Kognition und der Sprache teilweise nicht mehr zur Verfügung stehen. Der Brainspot ist die Augenposition, bei der diese emotionalen oder traumatischen Materialien im Gehirn aktiviert werden, ebenso wie der entsprechende innere Punkt. Wenn dieser Punkt stimuliert wird, wird die somatosensorische Erfahrung des Traumas aktiviert. Körperwahrnehmungen wie Schmerz, Druck o.a. kommen zu Tage. Bei der weiteren Verarbeitung werden daher besonders die körperlichen Empfindungen thematisiert, die während der Sitzung auftauchen. Das Bearbeiten traumatischer Inhalte auf diese Weise aktiviert den biologisch vorhandenen Integrations- und Heilungsprozess.

Vorgehen[Bearbeiten]

Beginn[Bearbeiten]

Der Klient thematisiert ein belastendes Ereignis. Der Therapeut fragt nach dem Grad der Belastung. Eventuell kann dem Ereignis auch eine Farbe oder ein Bild zugeordnet werden.

Brainspot finden[Bearbeiten]

Der Therapeut bewegt langsam einen Zeigestab horizontal in Augenhöhe (Tracking)und bittet den Klienten, der Spitze des Zeigestabes (Pointer) mit den Augen zu folgen.

Äußeres Fenster:

Dabei wird darauf geachtet, ob an einer bestimmten Stelle der Bewegung unbewusste Reflexe oder unwillkürliche Reaktionen vom Klienten ausgehen. Der stärkste und sichbarste Reflex bzw. Reaktion zeigt einen Brainspot an.

Der Therapeut achtet auf folgende Reflexe: Lidschlag, Zucken der Augen, Pupillenerweiterung und –verkleinerung, Zucken des Gesichts Schlucken, Gähnen, Husten, Nicken, Bewegungen der Extremitäten, Körperbewegungen

Bei der stärksten Ausprägung eines solchen Reflexes bzw. Reaktion bleibt der Zeigestab stehen und wird vertikal bewegt, um nun die stärkste Aktivierung zu ermitteln. Ist der Punkt gefunden, beginnt der Brainspot Verarbeitungsprozeß.

Inneres Fenster:

Ist die Weiterentwicklung des äußeren Fensters in Zusammenarbeit mit dem Klienten. Während der Therapeut langsam den Pointer bewegt (erst horizontal, dann vertikal)gibt der Klient Rückmeldung, bei welchem Blickpunkt er die höchste Belastung verspürt.

Prozessieren[Bearbeiten]

Der Klient wird gebeten, den Brainspot nun dauerhaft zu fixieren und aufmerksam das sensorische Erleben der Symptome bzw. das zu bearbeitende Problem zu beobachten. Dabei kann er entscheiden, wie viel er von dem Erlebten mitteilen möchte. Es kann durchaus geschehen, dass sich hinter dem ursprünglichen Thema ein weiteres Thema verbirgt. Das Prozessieren wird idealerweise fortgeführt, bis der Belastungsgrad bei 0 liegt.

Abschluss[Bearbeiten]

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Prozess zu beenden. Zum einen kann der Klient aufgefordert werden, das Belastungsmaß noch einmal willentlich hoch zu treiben („squeeze the lemon“), um zu prüfen, ob noch eine Restbelastung der Bearbeitung bedarf. Zum anderen kann der Klient aufgefordert werden, einen positiven zusammenfassenden Satz oder ein Bild für das Ergebnis des Prozesses zu finden, das dann mittels EMDR gefestigt werden kann.

bilaterale Musik[Bearbeiten]

Zur Unterstützung kann dem Klienten via Kopfhörer über den gesamten Prozess bilaterale Musik vorgespielt werden.

Anwendungsgebiete[Bearbeiten]

Brainspotting eignet sich zur Anwendung bei:


- körperlichen, sexualisierten oder emotionalen Traumata

- der Unterstützung der Rehabilitation nach Unfalltraumata

- Monotraumen: Überfall, Umweltkatastrophe

- Traumata nach medizinischen Eingriffen

- Stress und traumabezogene somatische Krankheiten

- Funktionsstörungen, inklusive Sexualstörungen, Fibromyalgie und anderen chronischen Schmerzsyndromen

- Substanzmissbrauch und –abhängigkeit

- ADS und ADHS

- Wahrnehmungseinschränkungen

- Stottern

- umweltbedingter Krankheit

- chronischem Schlafsyndrom

- Phobien

- Asthma

- der Vorbereitung auf Rehabilitation und Operationen

- Trauma nach Kriegsgeschehen und Naturkatastrophen

- Aggressionsproblematiken

- Ängstlichkeit, Panik

- dem Umgang mit schweren Erkrankungen

Besonderheiten[Bearbeiten]

Brainspotting kann auch wirksam auf den Aufbau und die Stärkung von Ressourcen angewendet werden.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

http://www.brainspotting.pro

http://www.traumatherapie.de/service/therapies/brainspotting.html

http://www.femdra.eu/brainspotting/

PEICHL, J. (2009), Neurogene Reaktion auf Bedrohung: Liebesbindung und traumatische Opfer-Täter-Bindung. In: Trauma und Gewalt, 3. Jhrg., 1, S. 18-31.

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