Berliner Arbeiterinnenverein
Der Berliner Arbeiterinnenverein war der erste Arbeiterinnenverein der in Berlin von 1869 bis 1871 bestand. Er wurde unter dem Vorsitz von Louise Otto-Peters gegründet.
Inhaltsverzeichnis
Politische Rahmenbedingungen[Bearbeiten]
Am 21. Juni 1869 wurde im Norddeutschen Bund eine neue Gewerbeordnung erlassen, worin der § 152 die seinerzeitigen Verbote von Vereinen aufhob.[A 1] Sämtliche Gesetze, welche sich auf die Bildung von Vereinen, auf gewerbliche Betätigungen, auf Lohn- oder andere Erwerbsbestrebungen beziehen, existierten weiterhin.
Von 1878 bis 1890 verbot im Deutschen Reich das Sozialistengesetz sozialistische, sozialdemokratische, kommunistische Vereine, Versammlungen und Schriften, deren Zweck der Umsturz der bestehenden monarchistische Staats- und Gesellschaftsordnung gewesen sei. Am 15. Dezember 1886, noch unter dem Sozialistengesetz, begründete der Reichstagabgeordnete Max Kayser einen von ihm und seinen Fraktionsgenossen der Sozialistichen Arbeiterpartei eingebrachten Gesetzesentwurf, der die Abänderung der Gewerbeverordnung vom 1. Juli 1883 für Vereine betraf. Als im Jahre 1869 bei Einführung der Gewerbeordnung der § 152 geschaffen wurde, bestand der Paragraph in nichts anderem als der Aufhebung alter Verbote und Strafbestimmungen; er ließ aber sämtliche Gesetze, welche sich auf die Bildung von Vereinen, auf gewerbliche Betätigung, auf Lohn- und Arbeitsverhältnisse oder andere Kooperationsbestimmungen beziehen, unverändert weiter existieren. Aus diesen einzelnen Gesetzen hat sich im Laufe der Zeit ein ganz bedeutender Notstand entwickelt. Es wird uns so oft bei anderen Gesetzen gesagt, man müsse sie ändern, wenn sich ein gesetzlicher Notstand herausstellt; und der gesetzliche Notstand besteht doch darin, daß niemand mehr weiß, was eigentlich rechtliche Geltung hat. ...
Berliner Arbeiterinnenverein[Bearbeiten]
1869 erfolgte in Berlin unter dem Vorsitz von Louise Otto-Peters die Gründung des ersten Deutschen Arbeiterinnenvereins.
Den Anstoß dazu hatte wahrscheinlich das himmelschreiende Elend der Berliner Textilarbeiterinnen gegeben, das in einer Gerichtsverhandlung enthüllt worden war.
Der Verein wollte die Lage der Arbeiterinnen durch belehrende und unterhaltende Vorträge und durch soziale Hilfen heben.
Sein Entstehen und seine Ziele lassen den inneren Zusammenhang der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung mit der Deutschen Fortschrittspartei erkennen und dem damit verbundenen Bestreben, das mit wachsendem Klassenbewusstsein sich rührende Proletariat in politischen Verhältnissen der preußischen kostitutionellen Monarchie mit großbürgerlichen Freiheiten festzuhalten.
Nicht lange bevor der Deutsche Arbeiterinnenverein in Berlin entstanden war, hatten Franz Duncker und Max Hirsch Gewerkschaftsvereine ins Leben gerufen. Das waren Arbeiterorganisationen nach dem Muster der Trade-Unions in Großbritannien, die politisch indifferent an bestimmte Berufe gebunden waren und wie die englischen Trade-Unions von der Illusion eines harmonischen Interessenausgleichs zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten ausgingen.
Der Berliner Arbeiterinnenverein bestand über ein Jahr lang. Die Polizei wußte durch Überwachung, die eingereichten Statuten und genaueste Überprüfungen, was in dem Verein vorging und wer die führenden Mitglieder und Sympathisantinnen waren. Einige Zeit lang gab es sogar Solidaritätsbekundungen und Annäherungsversuche der Konservativen Partei an den Arbeiterinnenverein, von dem man erwartete, dass er ein politisches Bündnis der vereinigten Arbeiterinnen mit den Konservativen schließen wollte.
Als sich die konservativen Erwartungen nicht erfüllten, ging mit einem Mal die Polizei aggressiv gegen den Verein vor, denunzierte ihn als umstürzlerisch und klagte ihn an. Anschließend fanden sich auch Richter, die den Verein als aufgelöst erklärten und die Vorstandsmitglieder zu Strafen verurteilten.[1]

Der Berliner Arbeiterinnenverein bestand bis 1871, ohne Nennenswertes für die Lage und den Zusammenschluss der Arbeiterinnen zu leisten, die er auch nicht zu organisieren vermochte. Die Mehrzahl seiner Mitglieder waren Kleinbürgerinnen.[2]
Anmerkungen[Bearbeiten]
- ↑ §. 152. Alle Verbote und Strafbestimmungen gegen Gewerbetreibende, gewerbliche Gehilfen, Gesellen oder Fabrikarbeiter wegen Verabredung und Vereinigungen zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels Einstellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter, wurden aufgehoben. Jedem Teilnehmer steht der Rücktritt von solchen Vereinigungen und Verabredungen frei, und es können juristisch weder Klagen noch Einreden stattfinden. Vgl.: Gewerbe-Ordnung für den Norddeutschen Bund vom 21. Juni 1869, [1]
Quellen[Bearbeiten]
- ↑ Verhandlungen des Reichstages, 1887, S. 200
- ↑ Clara Zetkin: Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands, 2023, S. 1853