Baumarketing

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Baumarketing ist eine junge Disziplin innerhalb des Marketings und umfasst die wissenschaftliche, theoretische und praktische Auseinandersetzung mit Marketingprozessen, -theorien und -modellen in Bezug auf die Bauwirtschaft.

Definitionsentwicklung[Bearbeiten]

Um dem Begriff „Baumarketing“[1] inhaltlich zu erschließen, ist es sinnvoll, die Begriffe Bau und Marketing getrennt unter definitorischen Aspekten zu betrachten. Als Baubranche bezeichnet man jene, die „sich mit der Planung, Erstellung, Sanierung und Erhaltung von Gebäuden und infrastrukturellen Einrichtungen jedweder Art beschäftigt“.[2] Definition Bau-Markting laut Hoepner-Marketing-Lexikon von Prof. Dr. Gert A. Hoepner: „Baumarketing bezeichnet ein Branchenmarketing. Es umfasst das Marketing aller Betriebe und Anbieter im Bereich des Baugewerbes bzw. der Bauwirtschaft. Die Abgrenzung zum Immobilienmarketing und zum Bereich des Facility-Managements sind fließend, da zunehmend Betriebe aus der Bauwirtschaft die Immobilien auch vermarkten bzw. Dienstleistungen im Rahmen des Facility-Managements erbringen. Die Baustoffindustrie sowie der Baustoffhandel werden meist vom Begriff Baumarketing ausgeschlossen.“[3] Die Betrachtung des Marketingbegriffs gestaltet sich dagegen wesentlich schwieriger, denn sowohl Definitionen als auch Betrachtungsweisen sind vielzählig, u.a. einsehbar bei Philip Kotler und Heribert Meffert. In dem für die Baubranche unter anderem relevanten warenorientierten Ansatz des Marketings wird davon ausgegangen, dass die Charakteristik einer spezifischen Güterart ein spezifisches Vermarktungskonzept benötigt. Daraus entstehenden häufig eigene, sogenannte Bindestrich-Disziplinen wie zum Beispiel Food-Marketing, deren Notwendigkeit jedoch kritisch betrachtet werden kann.[4]

Relevanz[Bearbeiten]

Der seit den 1950er-Jahren kontinuierlich fortschreitende Wandel der Funktionsauffassung von Marketing von einem rein absatzpolitischen Instrument zu einem zentralen Konzept der Unternehmensführung[5] hat die Notwendigkeit betrieblicher Integration von Marketing vorangetrieben. Bedingt durch diesen Bedeutungszuwachs wurde Marketing als anwendungsorientiertes Unternehmenskonzept auf eine Vielzahl von Sektoren und Branchen moderner Volkswirtschaften diffundiert.[2] Jedoch hat sich die Entwicklung noch nicht entsprechend auf die deutsche Bauwirtschaft, trotz Schlüsselfunktion in der deutschen Wirtschaft, übertragen.[2] Diese Denkweise wurde erst seit wenigen Jahren, bedingt durch globale Entwicklungen, Veränderungen der Informations-und Kommunikationstechnologie[5] und epochalen Nachfrageinbrüchen in den 1990er Jahren,[2] aufgebrochen. Trotzdem sind Marketingüberlegungen in der Baubranche noch nicht Teil der Branchenkultur geworden.[6] Grund dafür könnte sein, dass Bauunternehmen nur geringen Einfluss darauf haben, die Nachfrage zu stimulieren,[7] denn diese hängt von makroökonomischen Faktoren wie beispielsweise dem Zinsniveau ab. Speziell für kleine und mittlere Unternehmen gilt: Über viele Jahrzehnte hatte Marketing weniger Bedeutung, weil Aufträge über das Prinzip der Ausschreibung und Angebotsabgabe generiert wurden.[8]

Baumarketing als Forschungszweig[Bearbeiten]

Baumarketing als wissenschaftliche Disziplin „verfolgt das Ziel, die marketingrelevanten theoretischen und konzeptionellen Ansätze an die Besonderheiten der Bauindustrie anzupassen.“[9] Als erste und bisher einzige Hochschule in Deutschland hat die Beuth Hochschule für Technik in Berlin einen eigenen Lehrstuhl für Bau-Marketing. Dementsprechend existieren keine bis wenige wissenschaftliche Forschungen und Publikationen zu dieser Subdisziplin des Marketings. Fachzeitschriften beschäftigen sich eher sporadisch mit Marketing in der Baubranche, wie zum Beispiel die Fachzeitschrift „Baugewerbe – Unternehmermagazin“[10]

Der Begriff „Baumarketing“ wurde bereits im Jahr 1995 im Rahmen einer Fachpublikation des Fraunhofer IRB verwendet.[11]

Ein Grundlagenwerk, das sich im deutschsprachigen Raum auf wissenschaftlicher Ebene genuin mit dem Thema „Baumarketing“ beschäftigt, ist der Titel „Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele“ von Sammy Ziouziou,[1] Marketing-Professor an der Berliner Beuth Hochschule für Technik. Im Fokus stehen dabei Baukonzerne mit deutschlandweiter oder internationaler Ausrichtung und deren Marketingorientierung. Die Spezifika regional agierender mittelständischer Unternehmen finden darin keine explizite Berücksichtigung. Doch auch für kleine und mittlere Unternehmen im Baubereich und deren Märkten bedarf es aufgrund ihrer speziellen Eigenheiten und Rahmenbedingungen eines bauspezifischen Marketings.

Stand der Praxis[Bearbeiten]

In der Praxis unterscheiden sich die Marketing-Maßnahmen der Baubranche je nach Bauleistung (Objektbau mit erweiterter Wertschöpfungskette oder Ein- und Zweifamilienhäuser) und Zielgruppe (Öffentliche Einrichtungen, Investoren oder private Bauherren). Die Unternehmen beschäftigen zunehmend eigene Marketing- und PR-Leute oder sie beauftragen externe Agenturen mit strategischen und operativen Marketing- und PR-Maßnahmen. Allerdings sind „die in der Konsumgüterindustrie üblichen Instrumente […] in der Baubranche nur begrenzt einsetzbar.“[7] Im deutschsprachigen Raum finden sich erste Baumarketing-Agenturen, die sich auf den speziellen Markt und seine Strukturen spezialisiert haben.

Im operativen Marketing fordert die „durch Kommunikation geprägte[…] Gesellschaft“[12] auch eine zunehmende Professionalisierung des Medienauftritts der Unternehmen. Dabei nimmt die Bedeutung der Neuen Medien im Web 2.0 und damit des Online-Marketings immer stärker zu.[13] „Andere Branchen sind da […] schon deutlich weiter, aber auch in der Bauwirtschaft wird zunehmend erkannt, dass es ohne Onlinemarketing […] nicht mehr geht.“[13] Dabei gilt es, alle jeweils aktuell verfügbaren Onlinekanäle zu prüfen und falls relevant, zu nutzen – und diese intelligent und zielgruppengerecht zu verknüpfen.[14]

Weblinks[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. 1,0 1,1 Sammy Ziouziou: Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele. Oldenbourg, München 2010.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 Sammy Ziouziou: Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele. Oldenbourg, München 2010, S. 2.
  3. Hoepner, Gert A.: Bau-Marketing In: „Hoepner-Marketing-Lexikon“. Gert Hoepner (Hrsg.). [1], zuletzt abgerufen am 3.2.2015
  4. Werner Pepels: Marketing. Oldenbourg, 4. Auflage, München 2004, S. 25.
  5. 5,0 5,1 Sammy Ziouziou: Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele. Oldenbourg, München 2010, S. 1.
  6. Sammy Ziouziou: Bau-Vertrieb. Oldenbourg, München 2013, S. 58.
  7. 7,0 7,1 Sammy Ziouziou: Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele. Oldenbourg, München 2010, S. 8.
  8. Panagiotis Koukoudis: “Auf eine klare Positionierung kommt es an.“ In: Baugewerbe 7/8, 2014, S. 22.
  9. Vera Hermes: Die Baubranche entdeckt das Marketing. In: Absatzwirtschaft Ausgabe 12, 2010, S. 74.
  10. Norbert Weimper: Durchblicken im Internet In: Baugewerbe 11, 2013, S. 22-23.
  11. Elisabeth Röhner (Hrsg.): Führungsaufgabe Baumarketing. Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau, Stuttgart 1987, ISBN 3-8167-1871-X.
  12. Sammy Ziouziou: Bau-Marketing. Grundlagen, Anwendungen, Beispiele. Oldenbourg, München 2010, S.131.
  13. 13,0 13,1 Panagiotis Koukoudis: “Auf eine klare Positionierung kommt es an.“ In: Baugewerbe 7/8, 2014, S. 23.
  14. Nadine Reinold: “Bis zum Kunden durchdringen.“ In: Baugewerbe 7/8, 2014, S. 12–15.
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