Artikel 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes
Der Artikel 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes der Republik Österreich definiert Österreich als Bundesstaat der Länder, es handelt sich also um eine föderale Republik.
Inhaltsverzeichnis
Wortlaut[Bearbeiten]
(1) Österreich ist ein Bundesstaat.
(2) Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien.
(3) Änderungen im Bestand der Länder oder eine Einschränkung der in diesem Absatz und in Art. 3 vorgesehenen Mitwirkung der Länder bedürfen auch verfassungsgesetzlicher Regelungen der Länder.
Bedeutung[Bearbeiten]
Dieser Artikel verankert das föderale Prinzip in der Bundesverfassung, und definiert die Republik als Gesamtheit ihrer neun Länder. Diese Länder sind selbständige Gebietskörperschaften mit eigener Exekutive und Legislative.
Der Absatz 1 des Artikels formuliert eines der Grundprinzipien der Verfassung (Baugesetz). Eine Änderung oder Abschaffung dieses Passus würde eine Gesamtänderung der Bundesverfassung darstellen, weshalb eine Volksabstimmung über einen derartigen Beschluss verpflichtend wäre (Art. 44 Abs. 3).
Die Funktion des Absatz 3 ist, dass eine Änderung des Absatz 2, also des Bestands an Ländern – durch Zusammenlegung mehrerer Bundesländer, Aufteilung eines Bundeslandes, sowie Ausscheiden oder Neuaufnahme eines Bundeslandes – neben der Bundesebene auch alle Länder ein Mitspracherecht haben.[1] Ausserdem müssen diese Änderungen sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene in Verfassungsrang verankert sein, bedürfen also auch der entsprechenden Mehrheiten. Der Verweis darauf, dass die Änderungen auch auf Länderebene verfassungsrechtlicher Legitimation bedürften, entzieht die Mitwirkung der Länder auch dem einseitigen Zugriff der Bundesebene durch eine Änderung des B-VG.[1]
Geschichte[Bearbeiten]
Der Artikel entstammt wie die anderen grundlegenden Artikel (insbesondere Erstes Hauptstück: Allgemeine Bestimmungen, §§ 1–23) der Verfassung von 1920 (). Er wurde aber erst mit vom 30. Juli 1925 in diese Form gebracht.[2] Bis 1925 gab es nur acht Bundesländer, es wurde im Absatz 2 nur „Niederösterreich (Niederösterreich-Land und Wien)“ genannt. Seitdem ist Wien, von alters her die Hauptstadt Niederösterreichs (vor 1918 des Herzogtums Österreich respektive des Kronlands Österreich unter der Enns) ein gleichrangiges souveränes Bundesland. Das Burgenland, das historische Deutsch-Westungarn, das mit dem Vertrag von St. Germain 1919 (veröff. ) Österreich zuerkannt worden war, war in der Verfassung 1920 schon mitgenannt, es wurde deiure mit dem Gesetz vom 25. Jänner 1921 () installiert.[3]
Der Absatz 3 wurde mit der Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigung (BGBl. I Nr. 2/2008 Art. 1 Z. 1 und 2) beigefügt. Er gehört zu einer Neuordnung bezüglich Grenzveränderungen, die auch in den Absätzen 3 und 4 des Artikel 3 ausgeführt ist.[1] Letztere beziehen sich auf Grenzänderungen, dieser Absatz auf Änderungen im Bestand an neun Bundesländern und auf das grundsätzliche Mitspracherecht der Länder in diesen Fällen. Dabei wird eine abgestufte Art der Mitwirkung in den drei Fällen Bestandsänderungen, Grenzänderungen und Grenzbereinigungen, dem Gewicht der Änderung entsprechend, umgesetzt.[1] Diese Neuregelung wurde in Anlehnung an Art. 53 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend Bestand und Gebiet der Kantone geschaffen.[1]
Literatur[Bearbeiten]
- Peter Bußjäger: Grenzänderung und Bundesstaat. Eine verfassungsrechtliche Analyse der Neuregelung der Art 2 und 3 B-VG mit der Novelle BGBl I 2/2008. In: Zeitschrift für öffentliches Recht, 2009, S. 115–131.[4]
- Theo Öhlinger: Der Bundesstaat zwischen Reiner Rechtslehre und Verfassungsrealität. Wien 1976.[4]
- Karl Weber: Kriterien des Bundesstaates. Eine systematische, historische und rechtsvergleichende Untersuchung der Bundesstaatlichkeit der Schweiz, der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs. = Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung Band 18, Braumüller, Wien 1980 (Inhalt, pdf, auf der Webseite Österreich-Konvent und der Quellensammlung Verfassungsreform, konvent.gv.at).[4]
Weblinks[Bearbeiten]
- Art. 2 B-VG
- Die Grundprinzipien der Bundesverfassung auf parlament.gv.at
Einzelnachweise[Bearbeiten]
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Bundes-Verfassungsgesetz, Änderung; Erstes Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz. 314 der Beilagen XXIII. GP – Regierungsvorlage – Vorblatt und Erläuterungen. Abschnitt Zu Z 1 (Art. 2 Abs. 3) und Z 2 (Art. 3 Abs. 2 bis 4), S. 5 f (Parlamentarische Materialien XXIII. GP 314 d.B.).
- ↑ § 1 des Bundesverfassungsgesetz vom 30. Juli 1925, betreffend einige Abänderungen des Bundes-Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920, B. G. Bl. Nr. 1 (Bundes-Verfassungsnovelle).
- ↑ Bundesverfassungsgesetz über die Stellung des Burgenlandes als selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund und über seine vorläufige Einrichtung vom 25. Jänner 1921. StF. BGBl. Nr. 85/1921 (i.d.g.F. online, ris.bka) – dieses Gesetz wurde mit dem Ersten Bundesverfassungsrechtsbereinigungsgesetz BGBl. I Nr. 2/2008 aufgehoben, es war als solches nicht mehr notwendig.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Angabe nach Theo Öhlinger: Verfassungsrecht. Verlag facultas.wuv/maudrich, 2009, ISBN 9783708904054, Kapitel VII Der Bundesstaat, S. 214 ff (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).