Anna Tennermann

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Anna Tennermann (* 1818 in Ostende; † 26. September 1859) war eine taubblinde Frau.

Leben[Bearbeiten]

Anna Tennermann wurde 1818 im belgischen Ostende blind geboren, kurz danach ertaubte sie.[1] Ihrer Erziehung bis etwa zum 20. Lebensjahr nahmen sich die Tante und die Großmutter an.[2] Da Abbé Carton ihr Lehrer in der von ihm gegründeten Anstalt sein sollte, kann man auch annehmen, dass sie im Jahre 1836 in dieser untergebracht werden konnte, denn die Entstehung der Taubstummenanstalt zu Brügge, die ihm ihr Dasein verdankt, ist auf 1836 datiert worden.[3] Dies wiederum könnte bedeuten, dass Anna Tennermann schon im Alter von 18 Jahren in der Einrichtung Unterbringung und Unterweisung fand. Vor dem Eintritt in die Anstalt wurde sie von ihrer Umgebung für idiotisch gehalten, und somit beschränkten sich ihre Fähigkeiten auf das Spielen mit Puppen.[2]

In der Taubstummenanstalt unter der Leitung von Carton machte sie aber große Fortschritte „...sie lernte stricken und nähen und verfertigte allmählich mit Sorgsamkeit ihre eigenen Kleider. Mit Hilfe von Relief-Buchstaben, die ihr Lehrer drucken ließ, lernte sie lesen und verband allmählich die Buchstaben zu Worten, an denen ihr Begriffsvermögen sich bildete. Ein großes Hindernis des Unterrichts war ihre Unbändigkeit. Sie vernichtete alles, was ihr nicht gefiel: ihre Verteidigungsmittel, sagt Carton, waren ihre Hände, Füße und Nägel, wovon sie reichlich Gebrauch machte. Mit fortschreitendem Unterricht lernte Anna ihre Unart bekämpfen und wurde ein gesittetes Mädchen. Auch die Braille-Schrift lernte Anna und brachte es im Schreiben und Lesen zu einer bemerkenswerten Fertigkeit“.[2] Dieser Beschreibung nach muss Anna Tennermann in die bisher bekannte Reihe von gebildeten Taubblinden einbezogen werden.

Anna Tennermann starb am 26. September 1859.[4] Ihr Lehrer veröffentlichte im gleichen Jahr die Schrift Mort de l`aveugle sourde-muette Anna über sie.[5]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Jacobi 1912, 9; Hoppe 1913, 71
  2. 2,0 2,1 2,2 Hoppe 1913, 71
  3. Grégoire 1902; 192
  4. Brandstäter/Mell 1915, 131
  5. Brandstäter/Mell 1916, 94

Quellen[Bearbeiten]

  • A. Brandstäter, A. Mell: Geschichtstafel des Blinden-Bildungs- und Fürsorgewesens. In: Der Blindenfreund 35 (1915), S. 128-132
  • A. Brandstäter, A. Mell: Geschichtstafel des Blinden-Bildungs- und Fürsorgewesens. In: Der Blindenfreund 36 (1916), S. 92-95
  • Hubert Cardimaux: Taubblindenpädagogik. In: G. Dupuis, W. Kerkhoff (Hrsg.): Enzyklopädie der Sonderpädagogik, der Heilpädagogik und ihrer Nachbargebiete. Berlin 1992
  • E. Grégoire: Belgien. In: J. Karth: Das Taubstummenbildungswesen im XIX. Jahrhundert in den wichtigsten Staaten Europas. Ein Überblick über seine Entwicklung. Breslau 1902
  • Hoppe: Die Fürsorge für die Taubstummblinden in Deutschland und das Taubstumm-Blindenheim in Nowawes. In: I. Matthies: Deutsche Blinden Anstalten in Wort und Bild. Halle a. S. 1913
  • E. Jacobi: Der Taubstummblinden-Unterricht. Westpreußische Schulzeitung. Danzig 1912

Weitere Literatur[Bearbeiten]

  • Charles Louis Carton: Anna ou l'aveugle sourde-muette de l'institut des sourds-muets de Bruges. Annoot-Braeckman, Brügge 1839, OCLC 67036735.
  • Charles Louis Carton: The history of a blind deaf-mute girl. Catholic Deaf and Dumb Institution, Dublin 1865, OCLC 3974779.
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