André Pfoertner

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André Pfoertner (* 12. Januar 1972 in Basel) ist ein österreichisch-deutscher Autor.

Leben[Bearbeiten]

Von 1983 bis 1991 besuchte Pfoertner das Humanistische Gymnasium Basel (heute: Gymnasium am Münsterplatz), denselben Ort, an dem im 19. Jahrhundert der Philosoph Friedrich Nietzsche und der Historiker Jacob Burckhardt gelehrt hatten.[1] Nach der Matura 1991 absolvierte er von November 1991 bis Januar 1997 ein Studium der allgemeinen Geschichte des Mittelalters und der Neuzeit, der Volkswirtschaftslehre und Soziologie an der ältesten Universität der Schweiz, der Universität Basel, mit einem Auslandsjahr 1993/94 an der Universität Wien.[2] Der Stadt des Walzers war er bereits über seine Mutter durch verwandtschaftliche Beziehungen verbunden, welche u. a. zum Bildhauer Anton Paul Wagner, seinem Ururgroßvater, und zu Karoline Naske, der Ehefrau von Karl van Beethoven, zurückreichen. Nach der Sponsion an der Universität Basel verfasste Pfoertner von Oktober 1997 bis Juli 1999 an der Universität Wien seine Dissertation „Amerikanisierung der Betriebswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum“. Von August 2001 bis Oktober 2007 arbeitete er zunächst als Sachbearbeiter und später als Gruppenleiter in der Abteilung „Anlagefonds“ bei der Schweizer Finanzmarktaufsicht, der damaligen Eidgenössischen Bankenkommission (heute: FINMA), in Bern. Von November 2007 bis Oktober 2011 war Pfoertner als stellvertretender Geschäftsführer für die Fondsgesellschaft der damals ältesten Privatbank der Schweiz in St. Gallen tätig und lebte in Rorschach am Bodensee. 2011 zog ihn die Liebe zurück nach Wien, wo er seitdem lebt und arbeitet. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.

Lyrik[Bearbeiten]

1991 begann Pfoertner, der bereits während seiner Schulzeit seine Deutschlehrer mit seiner Phantasie und sprachlichen Ausdrucksstärke beeindruckt hatte, Gedichte zu schreiben, die anfangs stark von den Dichtern der deutschen Romantik wie Clemens Brentano, Joseph von Eichendorff u.a. beeinflusst waren und in denen die Sehnsucht eine große Rolle spielte. Pfoertners erste Lyrik-Publikationen waren Zwei Gedichte („Tanzstundenliebe“ und „Der Ofen“), erschienen 1998 im Musikverlag Jenisch, Wien, und der Gedichtband „Evolution einer Liebe“, erschienen 2000 im Rampenlicht-Verlag, Wien.

Nach der Erstorientierung an der deutschen Romantik gewann im 21. Jahrhundert die deutsche weltliche Barocklyrik, insbesondere die galante Poesie von Christian Hoffmann von Hoffmannswaldau, Johann Christian Günther, Benjamin Neukirch u.a. verstärkt Einfluss auf Pfoertners Schaffen. Inspiriert von der galanten Poesie entwickelte Pfoertner das für sein folgendes lyrisches Werk prägende Konzept der „Cogitativen Erotik“, um den Titel seines im März 2002 erschienenen Gedichtbandes zu zitieren.[3][4][5][6] Dabei geht es einerseits darum, durch die Anregung des Geistes mittels Lyrik zum Kern der Erotik, dem cogito, vorzustoßen, denn wahre Erotik findet bekanntlich im Kopf statt. Andererseits sollen Pfoertners Gedichte „plus ultra“, über die reine Erotik hinaus, gehen und zum Nachdenken über Themenkreise anregen, die außerhalb dessen liegen, was im engeren Sinn mit Erotik in Verbindung gebracht wird. Stilistisch gab Pfoertner vor allem wegen des „-o-“ in dem Adjektiv „cogitativ“ letzterem den Vorzug vor verwandten Adjektiven wie „reflexiv“, „intellektuell“, „zerebral“, „subjektiv“ o.ä. („-o-“ und „-i-“ symbolisieren in einem tiefenpsychologischen Sinn die weiblichen und männlichen Geschlechtsorgane. Die Tatsache, dass beide Vokale in derselben Reihenfolge sowohl im Adjektiv „cogitativ“ wie im Substantiv „Erotik“ vorkommen, soll in der Wortkombination „Cogitative Erotik“ einerseits die Zusammengehörigkeit der beiden Worte akzentuieren und andererseits eben die genannte tiefenpsychologische Komponente).

Aus dem Gedichtband „Cogitative Erotik“ präsentierte Pfoertner kurz nach dessen Erscheinen beim Mittagessen im Berner Restaurant Verdi mit seinem Gedicht „Mittagessen“ erstmals ein eigenes Gedicht vor Publikum und begann im selben Jahr in privatem Kreis mit seinen jährlichen „Abendessen mit Gedichtlesung“ in der Brunngasse 19, Bern, an denen er zwischen den Gängen erotische Lyrik von sich selbst und anderen bekannten und weniger bekannten Autoren vortrug.

Ein Sommerurlaub 2003 in Venedig, die Lektüre des Romans „Carnevale“ von Michelle Lovric sowie der erotische Stadt-Rundgang „bern giggerig“ inspirierten Pfoertner zur lyrisch-erotischen Beschäftigung mit Casanova und Lord Byron (Gedichte „Das Ende des Ancien Régime“ und „Weltschmerz eines Don Giovanni“).

Im Mai 2005 erschien Pfoertners Gedichtband „Cogitative Erotik II“, in dem er an „Cogitative Erotik“ anknüpfte.[7][8]

Mehrere Südtirol-Aufenthalte, die Lektüre der erotischen Gedichte von Oswald von Wolkenstein (1377-1445) in der Übertragung von Hubert Witt sowie eine Anregung aus dem Freundeskreis, einmal etwas Lyrisch-Erotisches über das Mittelalter zu schreiben, inspirierten Pfoertner zum Versepos „Memento frui – Eine erotische Mittelalter-Phantasie in Reimen“, welches im Dom zu Brixen spielt. Es schildert die (fiktive) Verführung der unter ihrer Kinderlosigkeit und der damit verbundenen gesellschaftlichen Geringschätzung leidenden Bäuerin Anna durch den Ritter Oswald von Wolkenstein im Brixener Dom. Pfoertner kontrastiert dabei die unterschiedlichen Lebenswelten von Oswald (Adel, Bildung, Männlichkeit, freie Liebe) und Anna (Bauernstand, Unbildung, Weiblichkeit, Kirche) auf voyeuristisch-lustvolle Weise, indem er den Leser vor und während dem sexuellen Akt an den lasziven Gedanken Oswalds und den naiv-religiösen Gedanken Annas teilhaben lässt.

Während seiner Zeit am Bodensee (2007–2011), in der er sich von jener regionalen Atmosphäre inspirieren ließ, die schon Annette von Droste-Hülshoff und Hermann Hesse angeregt hatte, verwirklichte Pfoertner endlich seinen Traum, der erotischen Lyrik Indiens, des Heimatlandes des Kamasutra, mit einem eigenen Werk sui generis seine Reverenz zu erweisen. Dies tat er 2009 mit dem Langgedicht „Homo Erectus“, in dem es um nichts weniger als die Begründung der menschlichen Rasse geht, wie wir sie heute kennen. Es spielt im steinzeitlichen Olduvai (Ostafrika). Pfoertner verknüpft hier die moderne Evolutionstheorie über die Menschwerdung vom „Homo Erectus“ zum „Homo Sapiens“ (Nutzung des Feuers, Entwicklung von Sprache und Religion) mit der in mythischer Vorzeit spielenden, erotisch-indischen Tradition von Shiva und Shakti. Der Gott Shiva, der in Indien in Gestalt eines Linga (Phallus) verehrt wird, ist in Pfoertners Erzählung der erste Mann der Steinzeit, der das Feuer beherrscht und durch seine Paarung mit Shakti die Fortpflanzung der Menschheit zum „Homo Sapiens“ sichert.

Im Juli 2010 erschien Pfoertners Gedichtband „Instinktiv lasziv“, welcher aus den beiden oben erwähnten Langgedichten „Homo Erectus“ und „Memento Frui“ besteht. In sein lyrisches Gesamtwerk fügt sich „Instinktiv lasziv“ insofern logisch ein, indem der mit Gedichten wie „Die Geburt der Aphrodite“, „Das Ende des Ancien Régime“ und „Weltschmerz eines Don Giovanni“ begonnene Trend zum Langgedicht (in formaler Hinsicht) und zum Historismus (in inhaltlicher Hinsicht) konsequent weiter geführt werden. Dabei werden die Gedichte zudem frecher und voyeuristischer: Der früher z.T. nur angedeutete sexuelle Akt wird jetzt explizit geschildert, auch wenn z.T. durch Metaphern verschönt.[9][10][11]

Nach den eher „unklassischen“ Themen „Steinzeit“ (im Gedicht „Homo Erectus“) und „Mittelalter“ (im Gedicht „Memento frui“) kehrte der Absolvent des Humanistische Gymnasiums 2016 mit dem Gedichtband „Legenden zwischen Lenden. Mittelmeergedichte“ wieder zu den Orten und Geschichten der klassischen Bildung zurück; exemplarisch dafür insbesondere das in dem genannten Gedichtband erstmals veröffentlichte Langgedicht „Kαλυψώ – Die Verborgene (Gewalt der Liebe)“, zu welchem Pfoertner u.a. ein Aufenthalt auf der Mittelmeerinsel Korfu 2012 inspirierte. Es thematisiert den Zwiespalt des Odysseus zwischen dem Heimweh nach seiner Frau Penelope einerseits und seiner Lust am phantasievollen Sex mit der Nymphe Kalypso andererseits. Odysseus ist in dem Gedicht Kalypso sexuell derart verfallen, dass er sie nicht lassen kann, aber zugleich immer wieder von Gewissensbissen gegenüber Frau und Kind gepeinigt wird. Dabei ist die gefährliche Macht der sexuellen Verführung in der Phantasie des Odysseus durch die griechische Liebesgöttin Aphrodite, die sich an ihm für die Zerstörung Troias rächen will, personifiziert, während die Gewissensbisse durch die griechischen Rachegöttinnen, die Erinnyen, resp. durch von ihnen verursachte Visionen versinnbildlicht werden.[12]

Die Zeit der COVID-19-Pandemie 2020 versuchte Pfoertner mit Humor zu überstehen (Gedicht „Coronation bedeutet »Krönung«“). Nach der russischen Invasion in der Ukraine 2022 sprach er sich klar für die Verteidigung einer demokratisch-pluralistischen Gesellschaft gegen diktatorische Übergriffe aus (im Gedicht „Plädoyer für Offenheit“).

Bei der Verfassung seiner Lyrik achtet Pfoertner auf durchgängige Reime („Keine Ungereimtheiten“), phantasievolle Metaphorik und interessante Inhalte; formal besteht seit dem Gedichtband „Cogitative Erotik“ (2002) eine gewisse Nähe zur weltlichen Barocklyrik. Inhaltlich orientiert sich Pfoertner an Historie und Mythologie.

Werke[Bearbeiten]

Lyrik[Bearbeiten]

Einzeltitel[Bearbeiten]

  • Legenden zwischen Lenden. Mittelmeer-Gedichte. Druckerei & Verlag Steinmeier, Deiningen 2016, ISBN 978-3-943599-14-5
  • Instinktiv lasziv. Erotische Gedichte. Druckerei & Verlag Steinmeier, Deiningen 2010, ISBN 978-3-939777-68-7
  • Cogitative Erotik II. Gedichte. Cornelia Goethe Literaturverlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-86548-193-0
  • Cogitative Erotik. Gedichte. Fouqué Literaturverlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-8267-5076-4
  • Evolution einer Liebe. Rampenlicht-Verlag, Wien 2000, ISBN 3-901445-29-3
  • Zwei Gedichte („Tanzstundenliebe“ und „Der Ofen“). Musikverlag Jenisch, Wien 1998.

Anthologien[Bearbeiten]

  • Plädoyer für Offenheit. Ein Bekenntnis in: Anton G. Leitner / Uwe-Michael Gutzschhahn (Hrsg.): DAS GEDICHT, Bd. 30: offen, Anton G. Leitner Verlag, Weßling, 2022, ISBN 978-3929433883
  • Coronation bedeutet »Krönung« in: Anton G. Leitner / Franz Hohler / Uwe-Michael Gutzschhahn (Hrsg.): DAS GEDICHT, Bd. 28: Die Wiederentdeckung der Liebe, Anton G. Leitner Verlag, Weßling, 2020, ISBN 978-3929433869
  • Über die Philosophie eines Volkes in: Bibliothek deutschsprachiger Gedichte (Hrsg.): Ausgewählte Werke XI, Realis Verlags-GmbH, Ulm, 2008, ISBN 978-3930048564
  • Hoffnung in: Hermann Jonas (Hrsg.): Frühlingsabenteuer - sündhaft gute Gedichte und Geschichten, HerJo-Verlag, Hamburg, 2005, ISBN 978-3938448007
  • Weihnachten 1818 in: Sandra Schneider (Hrsg.): Besinnliches zur Weihnachtszeit.Weihnachtsanthologie, August von Goethe, Frankfurt am Main, 2005, ISBN 3-86548-459-X
  • Blutiger Sand in: Wolfgang Klingler / Edelgard Moers / Erich Pfefferlen (Hrsg.): Die Literarische Venus: Dorstener Lyrikpreis 2003, HW-Verlag, Dorsten, 2003, ISBN 978-3932801457

Sachbücher[Bearbeiten]

Einzeltitel[Bearbeiten]

  • Amerikanisierung der Betriebswirtschaftslehre im deutschsprachigen Raum. Versuch der Nachzeichnung eines historischen Prozesses unter besonderer Berücksichtigung der Verhältnisse in Österreich und der Schweiz. Hänsel-Hohenhausen, Egelsbach 2001, ISBN 3-8267-1198-X

Sammelpublikationen[Bearbeiten]

  • Emil Brix, Ernst Bruckmüller, Hannes Stekl (Hrsg.), Unternehmer - Firmen - Produkte: Beiträge von Oliver Kühschelm und André Pfoertner (Memoria Austriae). Böhlau, Wien 2005, ISBN 978-3702804190

Weblinks[Bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Klassenlisten ehemalige Schüler/innen. (PDF) Gymnasium am Münsterplatz, abgerufen am 14. September 2017.
  2. André Pfoertner: Pfoertner, André. Basler Literarisches Archiv, abgerufen am 15. September 2017.
  3. Herbert Huber: André Pfoertner: Cogitative Erotik. Abgerufen am 15. September 2017.
  4. MaNic: André Pfoertner: Cogitative Erotik. Abgerufen am 15. September 2017.
  5. Buecher4um: Pfoertner, André. Cogitative Erotik. Abgerufen am 15. September 2017.
  6. Lesekreis.com: André Pfoertner. Cogitative Erotik. Abgerufen am 15. September 2017.
  7. Herbert Huber: André Pfoertner: Cogitative Erotik II. Abgerufen am 15. September 2017.
  8. Buecher4um: Pfoertner, André - Cogitative Erotik II. Abgerufen am 15. September 2017.
  9. Marcus Neuert: Instinktiv lasziv. Lyrikwelt.de, September 2010, archiviert vom Original am 26. Oktober 2017; abgerufen am 15. September 2017.
  10. Mario Lichtenheldt: Das Feuer des Lebens - Erotische Verse über die älteste aller Religionen. Literaturmarkt.info, 24. August 2010, abgerufen am 15. September 2017.
  11. Herbert Huber: André Pfoertner: Instinktiv lasziv: Erotische Verse. Abgerufen am 15. September 2017.
  12. Herbert Huber: André Pfoertner: Legenden zwischen Lenden. Mittelmeergedichte. Abgerufen am 15. September 2017.
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