ASSESS

Aus MARJORIE-WIKI
Wechseln zu: Navigation, Suche

Bei ASSESS handelt es sich um ein webbasiertes Verfahren der Berufseignungsdiagnostik. Dieser Persönlichkeitstest ermittelt angeborene und erlernte Eigenschaften und misst, wie sich diese Eigenschaften bei der Berufsausübung auf das persönliche Arbeits- und Problemlösungsverhalten auswirken können. Das Instrument wird für Kompetenzanalysen sowohl für die Bewerberbeurteilung als auch für die Personalentwicklung von Mitarbeitern in Unternehmen eingesetzt. Ziel ist, dass Lücken zwischen vorhandenen Potenzialen der Bewerber/Mitarbeiter und den für die betreffende Position erforderlichen Kompetenzen festgestellt und maßgeschneiderte Potenzialentwicklungsprogramme in Unternehmen entwickelt werden können.

Entwicklung[Bearbeiten]

Entwickelt wurde das Testverfahren Mitte der 1970er Jahre von Bigby, Havis & Associates, ein auf Persönlichkeitstests und Assessmentcenter spezialisiertes Beratungsunternehmen in den USA, und hier insbesondere von Dr. Dave Bigby. Mittlerweile heißt das Unternehmen ASSESS® Systems. Es arbeitet mit internationalen Partnerunternehmen, die dabei mitwirken, die Diagnostikinstrumente auf den Markt zu bringen und zu etablieren. Im deutschsprachigen Raum besteht seit 2003 eine Partnerschaft mit der Scheelen AG. Das Beratungs- und Trainingsunternehmen ist exklusiver Lizenznehmer von ASSESS Systems für den gesamten deutschsprachigen Bereich und treibt zudem die Weiterentwicklung und Validierung aller deutschsprachigen Module des Instruments voran.

Verfahren[Bearbeiten]

Hauptkomponente von ASSESS ist ein 350 Fragen umfassender Fragebogen, der die Ausprägung von 24 berufsrelevanten Persönlichkeitsdimensionen misst. Er basiert auf den zwei häufig eingesetzten Persönlichkeitstestverfahren Guilford Zimmerman Temperament Survey (GZTS) und DF Opinion Survey (DFOS). Hinzu kommen weitere von ASSESS Systems entwickelte Skalen. Bei den Persönlichkeitseigenschaften handelt es sich um größtenteils angeborene Charakteristika, die stabil sind und sich langfristig prägend auf die Gesamtpersönlichkeit auswirken. Sie sind entweder dem Denkstil, dem Arbeitsstil oder dem Beziehungsstil zuzuordnen. Die Persönlichkeitseigenschaften der Kategorie Denkstil geben Feedback darüber, wie sich eine Person intellektuell mit ihrer Umwelt auseinandersetzt und wie sie mit Informationen umgeht. Gemessen werden hier also Problemlösungsprozesse und Entscheidungsfindung einer Person. Die Persönlichkeitseigenschaften der Kategorie Arbeitsstil befassen sich mit der Art und Weise, wie eine Person sich organisiert, sich in eine vorhandene Organisation und ein Team einfügt, wie sie mit Aufgabenvielfalt umgeht und wie belastbar sie ist. Beim Beziehungsstil werden der interpersonelle Stil, die Kritikfähigkeit und die emotionale Ausgeglichenheit gemessen. Das heißt, Persönlichkeitseigenschaften, die dieser Kategorie zugeordnet werden, geben Auskunft über die Art und Weise, wie eine Person ihre sozialen Kontakte gestaltet, wie sie anderen begegnet, wie sie auf andere wirkt, welche Grundeinstellung sie zu Menschen und Dingen besitzt, wie sie mit Kritik an der eigenen Person umgeht.

Denkstil Arbeitsstil Beziehungsstil
Reflektierend Arbeitstempo Selbstsicherheit
Strukuriert Eigenständigkeit Umgänglichkeit
Entscheidungsfindung Arbeitsorganisation Wunsch gemocht zu werden
Faktenorientiert Multi-Tasking Menschenbild
Realistisch Bedürfnis nach Fertigstellung Empathie und Analysebereitschaft
Akzeptanz von Kontrolle Emotionale Ausgeglichenheit
Stresstoleranz Kritiktoleranz
Wunsch nach persönlichen Freiräumen Selbstkontrolle
Bedürfnis nach Anerkennung Kulturelle Angepasstheit
Detailorientierung

Analysen mit dem ASSESS System[Bearbeiten]

Das ASSESS-System bietet verschiedene Analyse-Möglichkeiten:

ASSESS Performance Analyse[Bearbeiten]

Die ASSESS Performance Analyse beurteilt die arbeitsbezogenen Persönlichkeitseigenschaften eines Bewerbers oder Mitarbeiters, evaluiert dessen leistungsrelevantes Persönlichkeitspotenzial und vergleicht es mit einer berufsgruppenspezifischen Norm. Zu diesem Zweck wird die individuelle Potenzialbeurteilung eines Kandidaten bezüglich einer Position oder einer Aufgabe in der Auswertung gegen eine berufsspezifische Vergleichsgruppe (Normgruppe) gestellt. Hierfür stehen dem Anwender ca. 70 jobspezifische Vorlagen zur Verfügung, die aus Benchmarkprozessen für bestimmte Berufe herausgezogen wurden und für die jeweils eigene Normen berechnet wurden.

ASSESS Kompetenz Analyse[Bearbeiten]

Voraussetzung für die ASSESS Kompetenz Analyse ist ein unternehmensspezifisches Kompetenzmodell, das auf Basis der ASSESS Kompetenzbibliothek (s.o.) erstellt wird. Die Entwicklung eines Kompetenzmodells erfolgt kundenspezifisch im Rahmen eines Workshops, der von einem Assess- Berater gemeinsam mit dem Unternehmen durchgeführt wird. Das Modell dient als Maßstab für die Eignung eines Kandidaten oder Mitarbeiters für eine Position oder Aufgabe. Es beinhaltet sowohl die allgemeinen Anforderungen des Unternehmens an seine Führungskräfte, als auch die spezifischen Anforderungen an einzelne Fachabteilungen. Um die spezifischen Arbeitsplatzanforderungen des Unternehmens in Verbindung mit der Kompetenzmessung der Bewerber und Mitarbeiter zu bringen, werden die Auswertungsreports der Mitarbeiter und Bewerber gegen dieses Modell gestellt.

ASSESS 360 Grad Feedbackanalyse[Bearbeiten]

Mit der ASSESS 360 Grad Feedbackanalyse bietet das ASSESS-System die Möglichkeit, ein vorab definiertes anforderungsspezifisches Management-Kompetenzmodell durch das Feedback des Teams zu überprüfen. Die 360 Grad Feedbackanalyse ist ein Multi-Beurteiler-Verfahren, bei dem in anonymisierter Form Informationen über einen Mitarbeiter gesammelt und zu einem Report verarbeitet werden. Die Feedback-Informationen stammen von Vorgesetzten, Kollegen, Mitarbeitern und der Person selbst (Selbsteinschätzung).

Auswertung[Bearbeiten]

Beim computergestützten Auswertungsprozess der Analysen werden die über den Fragebogen generierten Daten anhand einer umfangreichen normativen Datenbank gewichtet. Das System bietet in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, individuell zur Position und Aufgabe des Probanden passende Vergleichsgruppen zu nutzen. Anhand der automatisch gewichteten Resultate erstellt das System einen individuellen Report. Die Positionierung der Testperson wird in der Auswertung grafisch dargestellt und in einem 30- bis 40seitigen Report erläutert. Dabei werden die Kern-Eigenschaften für jede unternehmensspezifische Kompetenz sowie individuelle Skalen für jede persönliche Eigenschaft mit Bezug zu dieser Kompetenz identifiziert. Darüber hinaus werden Hinweise gegeben, ob die Kombination der Persönlichkeitseigenschaften der Testperson für die jeweilige Personalauswahl- und Personalentwicklungssituation eher förderlich oder hinderlich ist.

Wissenschaftliche Grundlage und Gütekriterien[Bearbeiten]

In seiner Methodik leitet sich ASSESS vom empirischen Ansatz der eigenschaftsbasierten Persönlichkeitsinstrumente ab. Durch zahlreiche Validierungsstudien abgesicherte Verfahren wie der Guilford Zimmerman Temperament Survey (GZTS), der DF Opinion Survey (DFOS) oder das Big Five Model bilden arbeitswissenschaftlich die Grundlage für die Entwicklung des ASSESS Modells.

Objektivität des Verfahrens[Bearbeiten]

Die Objektivität ist das Ausmaß, in dem ein Testergebnis in Durchführung und Interpretation vom Testleiter nicht beeinflusst werden kann. Da bei ASSESS die Durchführung ausschließlich durch eigens dafür geschulte Berater erfolgt und die Auswertung und Interpretation computerunterstützt geschieht, ist die Objektivität als hoch einzustufen.

Reliabilität (Zuverlässigkeit des Verfahrens)[Bearbeiten]

2005 hat die Scheelen AG in Zusammenarbeit mit einer Universität eine Studie zur Retest-Reliabilität durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die Teststabilität bzw. Verlässlichkeit der verschiedenen Skalen zwischen .72 und .91 liegen (n = 238). Zur Berechnung der aktuellen deutschen Normen wurden im Dezember 2011 zudem die Daten von mehr als 7.400 deutschen Kandidaten ausgewertet. Demnach liegt die interne Konsistenz-Reliabiltät (nach Cronbachs Alpha) der einzelnen Skalen zwischen .70 und .84.

Validität (Gültigkeit des Verfahrens)[Bearbeiten]

Die Konstruktvalidität von ASSESS ist durch die theoretische Fundierung der einzelnen Skalen belegt. Die Faktorenanalysen belegen, dass die Skalen das messen, was sie zu messen vorgeben. Die prädiktive Validität von ASSESS ist durch mehrere Untersuchungen geprüft. Die bei einer Studie mit Marketingmanagern (n = 100) erhobene prädiktive Validität liegt bei .56.

Anwendungsbereich[Bearbeiten]

Analysen mit ASSESS können prinzipiell für alle Berufsgruppen eingesetzt werden. Vorrangig wird das Verfahren jedoch für Personalauswahl, Personalentwicklung, Training und Coaching im Management- und Führungskräftebereich genutzt.

Literatur[Bearbeiten]

  • Walter Simon (Hrsg.): Persönlichkeitsmodell und Persönlichkeitstests, Gabal, Offenbach 2006
  • Frank M. Scheelen, David G. Bigby: Kompetenzorientierte Unternehmensentwicklung, Haufe, Freiburg 2011
  • John Erpenbeck, Lutz von Rosenstiel (Hrsg.): Handbuch Kompetenzmessung, Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2007

Weblinks[Bearbeiten]

Info Sign.svg Dieser Wikipedia-Artikel wurde, gemäß GFDL, CC-by-sa mit der kompletten History importiert.